Gegen die EU-Pläne:Regierung zeigt Herz für die Steinkohle

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Asche zu Asche? Von wegen! Die Koalition beendet ihren Zoff um die Subventionen und will den Bergbau nun bis 2018 fördern - aber nicht länger.

Michael Bauchmüller, Berlin

Die Bundesregierung hat ihren Dissens um die Förderung der Steinkohle beigelegt. Auch die FDP werde dafür eintreten, noch bis 2018 Subventionen für den Bergbau zu zahlen, hieß es am Dienstag in Koalitionskreisen. Dann allerdings sei endgültig Schluss mit der Förderung. Die eigentliche geplante Überprüfung im Jahr 2012 solle es nicht geben hieß es. Dies soll helfen, die EU-Kommission noch umzustimmen.

Zoff um die Kohle: Auch die FDP macht sich jetzt dafür stark, dass Kohle-Subventionen bis 2018 gezahlt werden. (Foto: dpa)

Damit hat die Bundesregierung nun auch eine einheitliche Position im Konflikt mit der Brüsseler EU-Kommission. Diese hatte im Sommer entschieden, die Steinkohlebeihilfen innerhalb der EU bereits im Jahr 2014 abzuschaffen - und damit vier Jahre früher, als in Deutschland vorgesehen. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hatte dafür Sympathien erkennen lassen, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dagegen hielt am Ausstiegsdatum 2018 fest. Auch mit Blick auf mögliche Neuwahlen im Kohleland Nordrhein-Westfalen galt das Thema als sensibel.

Die große Koalition hatte 2007 nach langem Tauziehen beschlossen, erst schrittweise bis 2018 aus dem Steinkohlebergbau auszusteigen. Dies wiederum sollte auf halber Strecke noch einmal überprüft werden. Für 2012 vereinbarten die Koalitionäre seinerzeit eine Evaluierung. Sie sollte klären, ob an Ruhr und Saar vielleicht doch noch länger Steinkohle gefördert werden kann. Diese Überprüfungsklausel soll aber dem Vernehmen nach nun fallen, als Zugeständnis an die FDP. Der Ausstieg wäre damit unwiderruflich. Eine entsprechende Gesetzesänderung solle im Dezember verabschiedet werden, hieß es. Brüderle solle sich nun im EU-Wettbewerbsrat dafür einsetzen, das Ausstiegsdatum zu verschieben, sagte Merkel nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung der Unionsfraktion. Brüderle werde dies loyal vertreten, hieß es aus der FDP - aber nicht zwangsläufig aktiv dafür werben.

Der Bergbaukonzern RAG hatte zuletzt eindringlich davor gewarnt, den Ausstieg vorzuziehen. Rund 6800 Beschäftigte der RAG müssten dann gekündigt werden, hieß es bei der RAG-Stiftung. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund hatte gewarnt, ein Ausstieg schon 2014 gefährde den sozialen Frieden an Rhein und Ruhr. Eben solche Kündigungen sollten ursprünglich mit dem gestreckten Ausstieg vermieden werden. Derzeit arbeiten bundesweit noch weit mehr als 20 000 Bergleute in fünf Steinkohle-Zechen - vier davon in Nordrhein-Westfalen, eine im Saarland. Zudem drohten nach Berechnungen der RAG Mehrkosten von 800 Millionen Euro im Falle eines früheren Endes. Allerdings kursieren auch Zahlen, die im Falle eines frühen Ausstiegs von Einsparungen ausgehen. Laut Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) ließen sich etwa 1,2 Milliarden Euro sparen, würden die Zechen schon im Jahr 2014 geschlossen.

Die Grünen kritisierten das Festhalten am späten Ausstieg. "Erst erhebt die FDP populistische, aber nicht umsetzbare Forderungen", sagte Energiepolitiker Oliver Krischer. "Wenn es aber am Ende konkret wird, macht sie alles mit, was die Kohlelobby will." Die Linkspartei dagegen begrüßte den späteren Termin für das Ende des Bergbaus.

Ob es allerdings soweit kommt, bleibt dahingestellt. Denn der Beschluss der EU-Kommission lässt sich nur mit einem einstimmigen Votum der Mitgliedsländer kippen. Merkel wolle nun versuchen, die anderen Staaten zu einem solchen Votum zu bewegen, hieß es. Das allerdings dürfte nicht einfach werden, denn nur die wenigsten EU-Länder haben eine eigene Kohleförderung. Der zuständige EU-Ministerrat wird sich am 10. Dezember mit dem Kohle- Streit befassen.

Vor allem der Verzicht auf die Überprüfungsklausel, so hofft die Bundesregierung, soll helfen, andere Staaten umzustimmen. Für diese Lösung hatte auch Energiekommissar Günther Oettinger geworben. Bei einem Verzicht auf die Klausel werde es leichter, die übrigen EU-Staaten von einem - wenn auch verzögerten - Ende der deutschen Steinkohleförderung zu überzeugen. "Deutschland kann sich im Ministerrat durchsetzen, wenn die Bundesregierung geschlossen ist und eine Mehrheit für 2018 organisiert", hatte Oettinger kürzlich in einem Interview gesagt.

© SZ vom 27.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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