Gebühren und Kündigungen:Bausparkassen zetteln Streit an

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Eine Neubausiedlung bei München. In der Stadt selbst sind Immobilien für Normalverdiener unerschwinglich geworden. Etwa 70 Prozent der Kosten entfallen auf den Preis für den immer knapperen Boden. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Eine Branche in der Krise: Debeka und Signal-Iduna führen Servicepauschalen ein. Die Aachener kündigt Verträge mit hohen Zinsen.

Von Herbert Fromme, Felicitas Wilke, München/Köln

Wer einen Bausparvertrag bei der Debeka, der Bausparkasse der Signal-Iduna oder der Aachener Bausparkasse besitzt, könnte in diesen Tagen Post bekommen. Debeka und Signal Iduna ändern gerade ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und verlangen von ihren Kunden in Zukunft eine Servicepauschale. Und die Aachener kündigt Tausenden Kunden, die ihre hoch verzinsten Bausparverträge nicht aufgeben wollen.

Verbraucher sind es von ihren Banken derzeit schon gewohnt, dass immer neue Gebühren für Dienstleistungen wie Überweisungen per Papierformular oder die Girokarte anfallen. Die Unternehmen begründen dies damit, dass sie in Zeiten niedriger Zinsen weniger am Kreditgeschäft verdienen und Strafzinsen zahlen müssen, wenn sie Geld bei der Europäischen Zentralbankanlegen. Ähnlich begründen jetzt die Bausparkassen ihre Servicegebühren.

Man habe bereits vor 1996 einmal eine Kontogebühr erhoben, heißt es bei der Debeka. "Steigende regulatorische Anforderungen sowie die Auswirkungen der anhaltenden Niedrigzinsphase" führten nun dazu, dass das Unternehmen dazu zurückkehren müsse, erklärt ein Sprecher. Das jährliche Entgelt, das Bausparer bei der Debeka künftig während der Sparphase zahlen sollen, gilt nicht für alle Bausparverträge und fällt je nach Tarif unterschiedlich aus. So sollen Kunden, die einen alten Vertrag mit vergleichsweise hoher Guthabenverzinsung von drei Prozent besitzen, künftig 24 Euro pro Jahr zahlen. Wer einen Vertrag mit nur 1,25 Prozent Guthabenzins abgeschlossen hat, ist noch mit einer Jahresgebühr von zwölf Euro dabei. Die Unterschiede begründet das Unternehmen mit "der unterschiedlichen Tarifstruktur". Ein Argument, das für Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nicht gilt: "Ich glaube kaum, dass man für Tarife mit höheren Zinsen mehr Mitarbeiter benötigt", sagt er. Vielmehr geht er davon aus, dass die Bausparkasse versucht, "die Kosten für hohe Guthabenzinsen durch neue Einnahmen zu kompensieren".

Die Debeka steht mit ihren neuen Geschäftsbedingungen nicht alleine da. Auch die Signal Iduna weist ihre Kunden zurzeit in einem Schreiben darauf hin, dass im Tarif "Freiraum" künftig eine Pauschale in Höhe von 15 Euro pro Jahr fällig wird.

"Wenn ein Unternehmen die Geschäftsbedingungen ändert, können Kunden widersprechen."

Bausparer müssen sich nicht auf Servicegebühren einlassen. "Wenn ein Unternehmen während eines laufenden Vertragsverhältnisses die Geschäftsbedingungen ändert, können Kunden widersprechen", sagt der Nürnberger Rechtsanwalt Christian Fiehl. Manchmal sei eine Vertragsänderung gar nicht erst wirksam, sagt der Jurist. Etwa dann, wenn ein Unternehmen seinen Kunden keine oder nur eine kurze Frist gewährt, um zu widersprechen. Signal Iduna wie auch Debeka gestehen den Verbrauchern in ihren jeweiligen Schreiben jedoch zwei Monate Zeit ein.

Verbraucherschützer Nauhauser empfiehlt Kunden der Debeka, schnell zu handeln. In einigen Verträgen sei nämlich anders als im Schreiben nur eine sechswöchige Frist zum Widerruf vermerkt. "Im Zweifel sollten sich Verbraucher an der Frist orientieren, die im Vertrag steht."

Schlechte Nachrichten gibt es auch für viele Kunden der Aachener Bausparkasse, die noch Verträge mit Zinsen über dem heuigen Marktniveau haben. Dabei handelt es sich meistens um etwa drei Prozent, manchmal auch um mehr als vier Prozent. Die Gesellschaft gehört neun Versicherern, größter Aktionär ist die HUK-Coburg.

Die Aachener hat Kunden im November angeboten, ihre Bausparverträge auf einen neuen Tarif mit niedrigeren Zinsen umzustellen. Wer sich darauf nicht einließ, bekommt jetzt die Kündigung. Der Bausparvertrag sei kein bankübliches Sparkonto und dürfe nicht zur Geldanlage genutzt werden. "Da Sie dieses Vertragsanpassungsangebot nicht angenommen haben, sehen wir uns gezwungen, ihren Bausparvertrag nach Paragraf 314 Absatz 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) aus wichtigem Grund beziehungsweise nach Paragraf 313 Absatz 1 (...) wegen Störung der Geschäftsgrundlage zu kündigen."

Es handelt sich um Verträge, die noch nicht zur vollen Bausparsumme angespart sind. In den meisten Fällen zahlen die Sparer auch nicht mehr die Regelsparrate ein. Das hat die Bausparkasse jahrelang nicht gestört - als die Marktzinsen höher waren, handelte es sich um billiges Geld für sie.

Heute könnte die Aachener eigentlich die Zahlung der Regelsparrate einfordern, bis der Vertrag sein Sparziel erreicht hat, und dann kündigen. Doch das tut der Anbieter nicht, denn dann wäre er die Verträge nicht los. Stattdessen kündigt die Aachener mit der Begründung der Paragrafen 314 und 313 des BGB, also aus "wichtigem Grund" oder "wegen Störung der Geschäftsgrundlage" - beides eher schwammige Gründe. "Damit bewegt sich die Aachener auf rechtlich dünnem Eis", sagt Nauhauser. "Nur weil sich der Marktzins ändert, fällt nicht die Geschäftsgrundlage weg." Das sei unternehmerisches Risiko. Auch das Argument der Aachener, diese Kunden schädigten "die gesamte Bausparergemeinschaft", will der Verbraucherschützer nicht gelten lassen. "Kunde A hat einen Vertrag mit einer AG, nicht mit Kunden B und nicht mit einem Kollektiv."

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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