Süddeutsche Zeitung

GDBA verklagt Beamtenbund:Bahngewerkschaften keilen sich

Der Beamtenbund soll die Daten der Bahngewerkschaft GDBA gekapert haben - jetzt zieht die GDBA vor den Kadi.

Die Bahngewerkschaft GDBA will wegen des Verdachts des Missbrauchs von Mitgliederdaten Strafanzeige gegen den Deutschen Beamtenbund stellen.

"In dem Versuch, uns zu schaden, weil wir eigenständige Entscheidungen treffen, scheint der Vorsitzende des dbb, Peter Heesen, vor nichts mehr zurückzuschrecken", begründete der Bundesvorsitzende der Verkehrsgewerkschaft GDBA, Klaus-Dieter Hommel, in Frankfurt die geplante Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Berlin.

Der dbb hatte die GDBA in der vergangenen Woche ausgeschlossen, nachdem diese auf einem Gewerkschaftstag in Fulda beschlossen hatte, eine Fusion mit der weitaus größeren Bahngewerkschaft Transnet unter dem Dach des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) anzustreben. Der Deutsche Beamtenbund wolle nun eine eigene Eisenbahnergewerkschaft gründen.

"Datenskandal"

Am Wochenende seien die Mitglieder der GDBA vom dbb angeschrieben und aufgefordert worden, in diese neue Gewerkschaft einzutreten, berichtet der GBDA. Nun stelle sich Hommel die Frage, woher der dbb die Privatanschriften der GBDA-Mitglieder hat.

Der Beamtenbund könne sie nur widerrechtlich der Mitgliederdatenbank der GDBA entnommen haben, sagte Hommel: "Wenn dem so ist, und daran habe ich eigentlich keine Zweifel, wiegt dieser neue Datenskandal nach meiner Einschätzung schwerer als die Datenaffäre bei der Deutschen Bahn."

Bei der Auseinandersetzung geht es um einen Konflikt, wie es ihn im deutschen Gewerkschaftslager bisher nicht gegeben hat, dabei will die GDBA eigentlich nur den Dachverband wechseln.

Natürlicher Gegner Arbeitgeber

Doch mit der Streitkultur zwischen rivalisierenden Gewerkschaftern war es noch nie weit her - wer darauf geeicht ist, den natürlichen Gegner im Arbeitgeber zu sehen, der hält Rivalen in den eigenen Reihen leicht für Verräter an der gemeinsamen Sache.

Diese Auseinandersetzung aber wird deshalb so erbittert geführt, weil die aus nur 40.000 Mitgliedern bestehende GDBA einen Beschluss gefasst hat, durch den sich der 1,3 Millionen Mitglieder starke Beamtenbund bedroht sieht.

Die GDBA will mit der Gewerkschaft Transnet, der größten Bahngewerkschaft in Deutschland, verschmelzen. Transnet gehört zum DGB und hat 230.000 Mitglieder. Daraus ergibt sich, dass auch die künftige Gewerkschaft zum DGB gehören wird.

Für den Beamtenbund ist das deshalb heikel, weil er längst nicht mehr bloß eine Interessenvertretung von Beamten ist. Er bündelt eine Reihe von Minigewerkschaften - die bei Tarifverhandlungen freilich alle nichts zu melden haben: Komba, Mediengewerkschaft VRFF, Bundesbankgewerkschaft und eben die GDBA.

Anschluss an die Linie des Großen

Die hat in den vergangenen Jahren versucht, ihre Bedeutungslosigkeit zu beenden, indem sie eine Tarifgemeinschaft mit Transnet gebildet hat. In solchen Bündnissen hat der kleine Partner normalerweise nur die Wahl, sich der Linie des großen anzuschließen.

In diesem Fall aber haben sich die Funktionäre so gut verstanden, dass sie nun den finalen Schritt gehen wollen. "Es kann natürlich passieren", sagt GDBA-Chef Hommel, "dass jetzt auch andere Gewerkschaften im Beamtenbund fragen: Könnte so etwas nicht auch unsere Zukunft sein?"

Der Beamtenbund allerdings wäre damit womöglich zurückgeworfen auf seinen ursprünglichen Zweck.

Das erklärt die ungewöhliche Vorgehensweise des GDBA. Der Vorsitzende Heesen beruft sich auf seine Satzung. Danach erlischt die Mitgliedschaft einer Gewerkschaft im Beamtenbund automatisch, sobald sie sich mit einer Organisation aus einem anderen Dachverband zusammenschließt.

Kein Rechtsschutz mehr

Allerdings hat die GDBA bislang eben nicht dies, sondern nur die Vorbereitung dazu beschlossen - um auch während der einjährigen Übergangszeit im Beamtenbund zu sein und dessen Infrastruktur zu nutzen.

Heesen hat nicht nur die Leitungen kappen lassen. Als Herr über die Datenbank soll er die Adressen der GDBA-Mitglieder gekapert und am Samstag einen Brief geschrieben haben.

Botschaft eins: Weil die GDBA dem Beamtenbund nicht mehr angehöre, könne der den GDBA-Mitgliedern auch keinen Rechtsschutz mehr bezahlen. Das heißt: Wer zum Beispiel eine Kündigung abwehren muss, steht nun ohne Anwalt da.

Botschaft zwei: Der Beamtenbund werde eine neue Bahngewerkschaft gründen - Austrittserklärung aus der GDBA, Aufnahmeantrag und Freiumschlag anbei.

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