Süddeutsche Zeitung

Gastronomiekette:Schnelles Restaurant statt Schnellrestaurant

Gerhard Schöps war bis 2009 der Markenchef von McDonald's. Jetzt startet er eine eigene Restaurantkette: Holyfields. Und die hat ein ganz eigenes Konzept.

Daniela Strasser

Gerhard Schöps empfängt an diesem Mittag in bester Frankfurter Lage. Sein neues Restaurant Holyfields liegt direkt gegenüber dem Steigenberger Hotel an der Kaiserstraße. Früher hatte hier Mercedes residiert. Jetzt lehnt der 53-Jährige in Jeans und Cordsakko am Empfangstresen des Holyfields und kaut Kaugummi. Das große Lokal ist gut besucht, vornehmlich von Bankern. "Sie sehen, es läuft an", sagt Schöps zur Begrüßung.

Das Holyfields ist modern und gemütlich eingerichtet. Weiße und dunkelbraune Möbel, ausgefallene Lampen, kupferfarbene Küchenfront. Zu essen gibt es europäische, asiatische und amerikanische Küche. Zum Beispiel Salate, Nudeln, Fleisch- und Wok-Gerichte. Da Schöps als Markenfachmann einiges gelernt hat, tragen die Speisen ausgefallene Namen. Rosmarinkartoffeln heißen "Holypotatoes", die Tomatensuppe "Peaceful Palermo". Zwischen sechs und zehn Euro kostet ein Hauptgericht. Dazu gibt es gratis Wasser aus einem Trinkwasserbrunnen namens "Holywater".

Lässig, aber nicht entspannt

Schöps gibt sich viel Mühe, lässig zu wirken. Entspannt ist er nicht. Stets hat er das Lokal im Blick, schiebt sich nervös die Brille auf die Nase, als ein Gast die Temperatur seines Kaffees bemängelt, und winkt einen seiner 50 Angestellten heran, als ein anderer Kunde länger als die üblichen acht Minuten auf sein Essen wartet. Es geht um mehr als dieses eine Restaurant, das er am 1. November eröffnet hat. Im April geht das zweite Lokal in Berlin in bester Lage Unter den Linden an den Start. In den kommenden drei Jahren soll aus Holyfields eine bundesweite Kette mit 25 Standorten werden, unter anderem in München, Nürnberg und Stuttgart. Später soll die europäische Expansion folgen.

Gerhard Schöps ist es gewohnt, schnell Karriere zu machen. Als Vorstand hat er bis 2009 das Marketing von McDonald's in Deutschland geleitet. Davor arbeitete er in Führungspositionen für eine ganze Reihe prominenter Marken, angefangen von Unilever und Langnese, über BMW und Lufthansa bis hin zu der Werbeagentur Euro RSCG, deren Deutschland-Chef er war. Jetzt macht sich der 53-Jährige nach Jahren bei Großkonzernen selbständig, um etwas Bleibendes zu schaffen. "Es wird sich kaum jemand erinnern, dass ich bei Langnese die Marke Magnum mit entwickelt habe", glaubt Schöps. "Bei Holyfields sehe ich da eine Chance." Er selbst hält 30 Prozent der Firmenanteile, je 15 entfallen auf zwei Privatinvestoren, 40 Prozent auf die private Stiftung des Bofrost-Gründers Josef H. Boquoi. Eine Million Euro Startkapital haben sie aufgewandt und noch einmal 1,5 Millionen Euro für das Frankfurter Restaurant. Jedes Lokal soll binnen vier Monaten profitabel sein.

Schöps will mit Holyfields ein Schnellrestaurantkonzept verfeinern, das im Fachjargon "Fast Casual" heißt. Eine Mischung aus klassischer und Fastfood-Gastronomie. Vorbild ist die Kette Vapiano, die den McDonald's-Ansatz auf die frische Küche übertragen hat. Bei Vapiano reihen sich die Gäste an Schaltern ein, an denen Köche italienisches Essen frisch zubereiten. Andere wie die Thai-Kette Cha Cha und die Nudelbar MoschMosch haben es nachgemacht.

Peter, Paul und Mary

Und das Geschäft läuft prächtig. Während die Deutschen für Essen in klassischen Restaurants immer weniger Geld ausgeben, wächst das Geschäft der Systemgastronomen konstant. 8,1 Milliarden Euro Umsatz haben die "Top 60"-Anbieter ihrem Bundesverband zufolge 2009 gemacht. Neben dem Marktführer McDonald's boomt vor allem Fast Casual. Allein Vapiano verbuchte im vergangenen Jahr ein Umsatzplus von 20 Millionen Euro.

Schöps rechnet vor: Ein Gast habe in der Mittagspause im Schnitt 30 Minuten Zeit. Die wolle er aber nicht vornehmlich mit Anstehen und Bestellen verbringen. Wer bei Holyfields isst, soll entspannte Restaurantatmosphäre genießen. Im Eingangsbereich glänzen deshalb 15 mannshohe Computerterminals. Bestellt wird am Bildschirm. Ein kleines elektronisches Kästchen, genannt Puk, speichert die Bestellung und informiert, wann das Essen fertig ist und wo es abgeholt werden kann. Die Essensausgaben heißen Peter, Paul und Mary. Das computerbasierte Bestellsystem ist das Herzstück von Holyfields.

"Time to eat" lautet passenderweise der Werbeslogan. Schöps hat eine Schwäche fürs Englische. Es mache seine Marke "lifestyliger", findet er, internationaler. Den Namen Holyfields hat er aus den Wörtern für Ferien und Feld zusammengesetzt, seine Söhne - 12, 16 und 18 Jahre alt - hatten die Idee, und etwas umgewandelt. Er lebt mit seiner Familie in Meerbusch bei Düsseldorf. Ansonsten scharrt Schöps nur namhafte Berater um sich. Essensdesigner, Innenarchitekten, eine Werbeagentur. Wer mit den Großen mithalten wolle, "muss sich auch die besten Berater suchen". Das Franchiseprinzip lehnt er ab. "Wenn Sie eine neue Marke machen wollen, können Sie Entscheidungen darüber nicht demokratisieren."

Mangelndes Teambewusstsein, der Hang zur Egozentrik - das waren Dinge, die man Schöps in der Marketingbranche früher ankreidete. Wirklich lange blieb er selten bei einem Unternehmen. Er wollte schnell nach oben. Einmal, 2001, hat er es schon mit der Selbständigkeit probiert. "Friends of Gerhard" nannte er die Firma, mit der er Kunden zu Marketing- und Vertriebsthemen beriet. Sie bestand bis 2005, dann gab er sie auf. Daraus eine echte Marke zu machen, habe er versäumt, räumt Schöps heute ein. Ein Jahr später ging er als Vorstand zu McDonald's nach München. Auch dort stieg er rasch auf, verantwortete Marke und Werbung, sogar auf Europa-Ebene. Als Manager von außen eckte er jedoch in dem Unternehmen immer wieder an, das viele seiner Führungskräfte intern aufbaut.

Dass das Verhältnis zu seinem früheren Arbeitgeber gespalten ist, äußert sich im Holyfields auch im konsequenten Fehlen einer Friteuse. Schöps riecht, wenn irgendwo eine steht. Er mag es nicht. Eigentlich wollte er keine Burger auf der Speisekarte. Als er aber ein Rezept mit Toast- anstatt Burgerbrot fand, hat er dem "Holyburger" doch zugestimmt.

Es ist Nachmittag geworden in Frankfurt und Gerhard Schöps ein bisschen weniger angespannt. Er hat sich hingesetzt und isst ein Rindfleisch-Carpaccio mit Rucola und Parmesan namens "Neat Meat". Die 150 Plätze haben sich geleert. Abends kommen wieder neue Gäste. Vor allem die Jungen, um die 25 Jahre alt. Was sie am liebsten essen? Den Holyburger. Er kostet 8,75 Euro und ist das meistverkaufte Gericht auf der Karte.

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Quelle:
SZ vom 14.01.2011/hgn
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