Wenn Energieversorger werben, wirkt der Herbst wie eine Freudenzeit: Mit dem ersten Heizen wird es "wohlig warm" und "kuschelig", so die Werbesprache. Doch finanziell dürfte die nun beginnende Heizperiode alles andre als gemütlich werden. "Verbraucher stehen vor einem teuren Winter", warnt das Vergleichsportal Verivox. Denn Energiepreise sind gestiegen - und Privatleute dürften das in unterschiedlichen Etappen spüren.
Wen trifft die Teuerung unmittelbar?
Zum Beispiel Besitzer von Ölheizungen, deren Tankfüllung nicht für den ganzen Winter reicht. Heizöl sei im Schnitt 86 Prozent teurer als vor einem Jahr, meldet Verivox. Denn die Nachfrage nach Erdöl ist weltweit gestiegen, seitdem sich viele Industrien von der Corona-Krise erholen. Doch Exportstaaten wollten ihre Förderpläne zuletzt nicht weiter aufstocken. Zudem legte ein Hurrikan zwischenzeitlich die Produktion im Süden der USA lahm. In der Folge war Öl jüngst so teuer wie seit drei Jahren nicht.
Steigen die Gaspreise genauso schnell?
Für Privatleute bislang nicht, denn der Gaspreis besteht etwa zur Hälfte aus Netzentgelten und Steuern. Doch die Tendenz auf dem Weltmarkt ist dieselbe: Eine hohe Nachfrage trifft auf vergleichsweise schwach gefüllte Speicher - und lange hat Deutschlands wichtigster Importpartner Russland seine Liefermengen nicht erhöht. So waren Gaseinfuhren in diesem Sommer 146 Prozent teurer als im Vorjahreszeitraum, berichtet das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Zudem erhebt Deutschland seit diesem Jahr eine CO₂-Abgabe auf Brennstoffe wie Gas oder Öl.
Wann kommt das bei Privatleuten an?
Immobilienbesitzer müssen sich darauf einstellen, dass Gasanbieter die höheren Kosten früher oder später weitergeben. "Wir gehen davon aus, dass alle Anbieter in nächster Zeit die Gaspreise erhöhen werden", sagt Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Es kommt allerdings darauf an, ob Versorger eher kurzfristig Gas einkaufen oder langlaufende Lieferverträge geschlossen haben. Sieverding rät daher unbedingt, Anbieter und Tarife zu vergleichen. Mieterhaushalte indes dürften den Preisanstieg erst im kommenden Jahr spüren: mit der nächsten Heizkostenabrechnung.
Wie wirkt sich all das auf den Strompreis aus?
Erneuerbare Energien haben in diesem Jahr bislang 43 Prozent des Stromverbrauchs gedeckt, berichtet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Das bedeutet: Für die restlichen 57 Prozent war Deutschland auf Kohle-, Atomkraftwerke und das teure Gas angewiesen. "Die Strompreise auf dem Großhandelsmarkt sind derzeit auf einem Rekordniveau", sagt Claudia Kemfert, Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Zwar wird die EEG-Umlage, mit der Stromkunden den Ökostrom-Ausbau bezuschussen, im kommenden Jahr wohl sinken. "Doch die Erfahrung zeigt, dass ein Großteil der Versorger preissenkende Bestandteile nicht komplett an Privatkunden weitergeben", so Kemfert.
Ist Deutschland all dem schutzlos ausgeliefert?
Kemfert fordert einen schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien. "Sie machen uns unabhängiger von schwankenden Preisen für fossile Energie", sagt die Ökonomin. In Gebäuden wiederum können Dämmung und moderne Heiztechnik den Energiebedarf senken. Und die Kombination aus Solarenergie und strombetriebenen Wärmepumpen ersetzt in mehr und mehr Häusern Öl- oder Gasheizungen.