Gaslieferungen:Merkel nimmt Russland in Schutz

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Mit seiner Ankündigung, künftig mehr Gas nach Europa zu liefern, hat Wladimir Putin die Lage auf dem Markt nur kurzzeitig stabilisiert. (Foto: Gleb Garanich/Reuters)

Die Kanzlerin verweist darauf, dass der Preisanstieg beim Gas durchaus verschiedene Gründe haben kann.

Die EU-Staats- und Regierungschefs werden sich auf ihrem Gipfel Ende Oktober mit den hohen Gaspreisen beschäftigen. Das kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rande des EU-Westbalkan-Gipfels im slowenischen Brdo an. Zugleich nahm sie Russland gegen den Vorwurf in Schutz, dass die Preissteigerungen mit mangelnden Lieferungen zu tun haben könnten. Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte an, die Gaslieferungen nach Europa zu erhöhen. Die Lage auf den Öl- und Gasmärkten entspannte sich daraufhin am Mittwoch. Am Donnerstag aber setzte der Terminkontrakt auf europäisches Erdgas seine Talfahrt fort.

Der Anstieg der Gaspreise sorgt in vielen EU-Staaten für Probleme, teilweise wurden nationale Maßnahmen verhängt, um soziale Härten abzumildern. Merkel verwies darauf, dass Deutschland wegen seiner langfristigen Lieferverträge weniger betroffen sei als Staaten, die beim Gaseinkauf von kurzfristigen Marktentwicklungen abhängig seien. Italien und Spanien sprachen sich dafür aus, dass die EU für die EU-Staaten gemeinsam Gas einkaufen sollte - eine alte Forderung der EU-Kommission. Die belgische Regierung äußerte sich skeptisch. Auch die Bundesregierung hat dies stets abgelehnt. EU-Ratspräsident Charles Michel sagte, dass es Spielraum für einen europäischen Ansatz gebe.

Merkel verwies auf die gute Konjunktur in Ostasien als einen Faktor der Preissteigerungen. Mit Blick auf Vorwürfe einer Verknappung der Gaslieferungen aus Russland sagte sie: "Russland kann ja nur Gas liefern auf der Grundlage von vertraglichen Bindungen und nicht einfach so." Vielmehr stelle sich die Frage, ob genug Gas bestellt oder ob gerade wegen des hohen Preises derzeit nicht so viel Gas geordert werde. "Das alles soll bis zum Oktober-Rat in Brüssel analysiert werden, und dann werden wir auf dieses Thema zurückkommen." Die Bundeskanzlerin sagte, sie habe mit Putin über die Befüllung der Gasspeicher "und ähnliches" in Deutschland und in der EU sowie über die Gasleitung durch die Ukraine gesprochen. Merkel verwies darauf, dass die Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee für den kommerziellen Betrieb noch nicht genehmigt sei.

Putin erklärte, die russischen Gaslieferungen nach Europa könnten in diesem Jahr auf einen Rekordwert steigen. Russland sei bereit, zur Stabilisierung der Lage der weltweiten Gasmärkte beizutragen. Russland sei für Europa und Asien ein zuverlässiger Lieferant. Kunden in Europa hätten mit der Hinwendung zu den Spotmärkten Fehler gemacht.

Die Gaspreise sind in den vergangenen Monaten explodiert. Der Brennstoff ist knapp und die Speicher sind nicht so stark gefüllt wie im vergangenen Jahr. Zudem gehen viele Lieferungen von Flüssiggas nach Asien, wo die Gaslieferanten höhere Preise als in Europa erzielen können.

© SZ vom 08.10.2021 / Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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