Games-Rückblick:Fürs Köpfen bitte hinten anstellen

Der Ansturm auf "World of Warcraft Classic" ist so groß, dass sich in der virtuellen Welt Warteschlangen bilden, erstmals wird ein Deutscher "Fifa"-Weltmeister und in "Ancestors: The Humankind Odysseys" versucht der Spieler, die Evolution nachzuerleben. Der Games-Rückblick für August.

Von Caspar von Au

World of Warcraft Classic

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(Foto: Screenshot / Twitter)

Vor der Hütte von Garrick Schleichfuß in den Weinbergen von Nordhain hat sich eine lange Schlange gebildet. Knapp dreißig Krieger, Magier und Paladine stehen säuberlich in einer Reihe. Sie alle sind gekommen, um ihm den Kopf abzuschlagen. Doch weil es nur einen Garrick Schleichfuß gibt und ihn jeder Spieler töten muss, um die Mission in "World of Warcraft" (WoW) abzuschließen, müssen die Spieler eine Minute warten, bis der computergesteuerte Schurke nach seinem temporären Tod wieder an Ort und Stelle erscheint. Es ist zurzeit sehr voll auf den Servern für WoW "Classic". In den ersten Tagen nach der Veröffentlichung mussten Spieler zum Teil mehrere Stunden warten, um überhaupt spielen zu können. Die Option, das Spiel in seiner 15 Jahre alten Ursprungsversion und ohne die sieben seitdem erschienenen Erweiterungen zu spielen, war ein langjähriger Wunsch der WoW-Community. In "Classic" können Spieler zum Beispiel maximal Level 60 erreichen (statt 120 wie in der jüngsten Erweiterung "Battle for Azeroth"), zur Charaktererstellung stehen nur die originalen acht Rassen und neun Klassen zur Verfügung. Es gibt noch eine andere Möglichkeit, in Nostalgie zu schwelgen: Am Erscheinungstag schauten auf der Streaming-Plattform Twitch rund 1,1 Millionen Menschen gleichzeitig anderen beim WoW-Spielen zu. "World of Warcraft Classic" ist am 26. August 2019 für Mac und PC erschienen.

Control

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(Foto: PR / 505 Games)

Politik könnte manchmal so einfach sein. Im Action-Adventure "Control" ist sie das, zumindest innerhalb der fiktiven und geheimen Behörde "Federal Bureau of Control" (kurz: FBC). Als Protagonistin Jesse die magische Pistole des getöteten FBC-Direktors aufhebt, wird sie dadurch zur neuen Direktorin. In ihrem neuen Job muss sie, beziehungsweise der Spieler, erst einmal an ihrem neuen Arbeitsplatz, dem Hauptquartier der Behörde aufräumen und die dunkle, unbekannte Macht besiegen, die dort die Beamten und Agenten in willenlose Sklaven verwandelt hat. Glücklicherweise stehen Jesse dafür selbst übernatürliche Kräfte zur Verfügung. Sie kann schweben und per Telekinese Topfpflanzen, Feuerlöscher und Kopierer auf ihre Gegner schleudern. Im Kampf gegen die Besessenen hilft die Waffe des FBC-Direktors, die der Spieler je nach Bedarf umbauen kann. Vor allem das Bürohaus, in dem sich Control abspielt, mit seinem brutalistischen Baustil und dazu passenden Möbeln aus den Fünfzigern ist den Entwicklern grafisch und atmosphärisch gelungen. Es kann nur passieren, dass sich der Spieler in dem Labyrinth aus Gängen und Büros verirrt. "Control" ist am 27. August 2019 für PC, Playstation 4 und Xbox One erschienen.

E-Sport

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(Foto: dpa)

Zum ersten Mal in der E-Sport-Geschichte kommt der Weltmeister in der Fußballsimulation "Fifa" aus Deutschland. Beim Finale des sogenannten Fifa eWorld Cups setzte sich der 22 Jahre alte Mohammed "MoAuba" Harkous gegen den Titelverteidiger durch, Mosaad "Msdossary" Aldossary aus Saudi-Arabien. Damit gewann er ein Preisgeld von 250 000 US-Dollar. Harkous, der in der vergangenen Saison für Werder Bremen spielte, hatte im Frühjahr gemeinsam mit seinem Teamkollegen Michael "MegaBit" Bittner die Deutsche Meisterschaft geholt. Finanziell noch besser lief es für den Berliner "Dota 2"-Profi Kuro "KuroKy" Salehi Takhasomi. Zwar verlor er mit seiner Mannschaft "Team Liquid" das Finale der Dota-WM "The International" in Shanghai. Trotzdem kassierten er und seine Teamkameraden jeder knapp 900 000 US-Dollar für den zweiten Platz. Von allen deutschen E-Sportlern hat Takhasomi in seiner Karriere bisher mit Abstand am meisten Preisgeld gewonnen, laut dem Portal esportsearnings.com insgesamt rund 5 Millionen US-Dollar.

Gamescom

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(Foto: imago images / Jürgen Schwarz)

Die Gaming-Welt steht kurz vor einer neuen Konsolen-Generation: Sowohl Sonys Playstation 5 als auch Microsofts Xbox Project Scarlett sollen zum Weihnachtsgeschäft 2020 erscheinen. Das war auch auf der diesjährigen Gamescom in Köln zu spüren. Zwar besuchten nach Angaben der Veranstalter 373 000 Menschen die Computerspiel-Messe - der dritte Besucherrekord in Folge. Aber viele Spielentwickler hoben sich die ganz großen Neuvorstellungen für nächstes Jahr auf. Die beiden interessantesten Spiele: "Death Stranding", das neueste Projekt von Entwicklerlegende Hideo Kojima, und "Cyberpunk 2077" von dem polnischen Unternehmen CD Projekt Red (bekannt durch die Rollenspiel-Reihe "The Witcher"). Link-Tipps: Das waren unsere Highlights der Gamescom 2019. Ein Porträt von Hideo Kojima, dem Tarantino der Computerspielbranche.

The Great Perhaps

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(Foto: PR / Daedalic Entertainment)

Als der russische Astronaut Kosmos zur Erde zurückkehrt, findet er einen zerstörten und verlassenen Planeten vor. Es sieht ganz so aus, als sei er das einzige noch lebende Lebewesen. In der Rolle des Kosmos sucht der Spieler in dem Rätsel-Adventure "The Great Perhaps" die Antwort auf die Frage, wie es zu dem Unglück kommen konnte und ob sich nicht doch irgendwo Überlebende finden. Dabei hilft ihm eine alte, magische Laterne, in deren Lichtschein der Spieler einen Blick zurück in die Vergangenheit werfen kann. So kann er beobachten, wie Züge über die jetzt verlassenen Gleise fuhren, wie ein Bankräuber einen Tresor aufknackte, wo heute nur eine Ruine steht. Ein Blick in die Vergangenheit liefert häufig den entscheidenden Hinweis, um die Rätsel im Spiel zu lösen. The Great Perhaps zeichnet eine düstere, melancholische Zukunft, einen Albtraum, der den Spieler fesselt. "The Great Perhaps" ist am 14. August 2019 für Mac und PC erschienen.

The Dark Pictures: Man of Medan

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(Foto: PR / Bandai Namco)

Ein Gewitter zieht auf, als plötzlich drei Männer mit Kapuzen an Bord des kleinen Boots auftauchen. Sie fesseln die fünf Freunde Alex, Brad, Conrad, Julia und Fliss, die zu einem Tauchtrip auf offener See aufgebrochen sind. Dann sperren sie sie in der Kajüte ein. So nimmt die Horrorreise der Fünf ihren Anfang. "Man of Medan" ist das erste Spiel in einer geplanten Horror-Reihe mit dem Titel "The Dark Pictures". Zentrales Element sind sogenannte Quick-Time-Events, in Zwischensequenzen muss der Spieler schnell eine bestimmte oder mehrere Tasten drücken, um zum Beispiel einen Messerangriff abzuwehren. Die Handlung beeinflusst er zusätzlich durch Entweder-oder-Entscheidungen, vor die er immer wieder gestellt wird: Soll Conrad sich zuerst von seinen Fesseln befreien oder das Schiff erkunden? Schon nach wenigen Minuten wird das jedoch langweilig. Denn häufig kann der Spieler aus dem Spielverlauf gar nicht ablesen, wie die beiden Optionen die Handlung hätten beeinflussen könnten; manchmal wirkt es sogar, als hätten sie überhaupt keinen Einfluss. Die Schockmomente sind größtenteils vorhersehbar, die Charaktere eindimensional. Es gibt den Nerd, die Blonde und den sportlichen Alleskönner. Einziger Lichtblick ist der sogenannte Kurator, der die Handlung des Spiels immer wieder aufgreift, kommentiert und so die vierte Wand durchbricht. Damit die Spielereihe aber ein Erfolg wird, muss Entwickler Bandai Namco für die kommenden Kapitel ein besseres Drehbuch schreiben. "The Dark Pictures: Man of Medan" ist am 30. August 2019 für PC, Playstation 4 und Xbox One erschienen.

Ancestors: The Humankind Odyssey

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(Foto: PR / Panache Digital Games)

Der Säbelzahntiger schleicht lautlos durchs Gebüsch, doch ein Vogel verrät ihn. Das Affenrudel ergreift die Flucht. Mit großen Sprüngen fetzt der Tiger durch den Dschungel hinterher, um nach kurzer Verfolgungsjagd ein Affen-Weibchen zu reißen. Ihr Baby überlebt. Der junge Affe, den der Spieler in "Ancestors: The Humankind Odyssey" steuert, hat seine erste Lektion gelernt und wird sie an die kommenden Generationen weitergeben: den Fluchtinstinkt vor Raubtieren. In Ancestors soll der Spieler nacherleben, wie sich über Millionen von Jahren aus einem Stamm Affen der moderne Mensch entwickelt hat. Als Affe erkundet er den Dschungel, schnuppert an Beeren, probiert Pilze und bekämpft andere Tiere mit Ästen. Im Idealfall lernt er ständig dazu und treibt die Evolution der Menschheit voran, im schlechtesten Fall stirbt nicht nur ein Affe des Stamms, sondern der gesamte Stamm aus. Dann muss der Spieler von vorne beginnen. Leitender Entwickler des Spiels ist Patrice Désilets, der bis 2010 die "Assassin's Creed"-Reihe als Creative Director geprägt hat. Der Anspruch von Ancestors an sich selbst ist hoch: Der Spieler soll in einer offenen Welt seinen Instinkten folgen. Es gibt keine Handlung oder Aufträge, nur das Überleben zählt. Doch zugleich ist das auch die größte Schwäche des Spiels. Denn das Überleben in Ancestors erfordert vom Spieler viel Geduld - und dass er dieselben Dinge wieder und wieder tut. "Ancestors: The Humankind Odyssey" ist am27. August 2019 für PC, Playstation 4 und Xbox One erschienen.

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