Süddeutsche Zeitung

Galeria Karstadt Kaufhof:Gläubiger machen Weg für Übernahme frei

Lesezeit: 2 Min.

Der Sanierungsplan von Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus findet die erwartete Zustimmung. Arbeitnehmervertreter sind dennoch in Sorge.

Von Uwe Ritzer, München

Der Weg für einen Neustart von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) ist frei. Bei einer nicht öffentlichen Versammlung in Essen billigten die Gläubiger der angeschlagenen Warenhauskette am Dienstagnachmittag einstimmig den von Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus vorgelegten Insolvenzplan. Das Votum ermöglicht die Übernahme von 76 der noch bestehenden 92 Warenhäuser durch ein Konsortium des Mannheimer Unternehmers Bernd Beetz und des US-Investors Richard Baker. Voraussichtlich zum 1. August soll der Besitzerwechsel vollzogen werden.

Insolvenzverwalter Denkhaus zeigte sich nach der Gläubigerversammlung erleichtert. Er freue sich für die Belegschaft, sagte er. Es sei auch "gut für die Innenstädte, dass Galeria wieder eine Zukunft hat". Der potenzielle Übernehmer Beetz versprach größtmöglichen Einsatz, forderte aber auch von der Belegschaft indirekt mehr Engagement. "Wir müssen die Schlagzahl erhöhen und besser werden", sagte er.

Für die Gläubiger war die vorangegangene Entscheidung eine zwischen der sprichwörtlichen Alternative Pest oder Cholera. Hätten sie Denkhaus' Insolvenzplan nicht zugestimmt, hätte dies unweigerlich die Zerschlagung von Galeria bedeutet. Ihre Zustimmung zum Insolvenzplan bedeutet für die Gläubiger, dass sie eine Menge Geld abschreiben. Dem vertraulichen Insolvenzplan zufolge, aus dem das Magazin Capital als Erstes zitierte, steht den Forderungen von insgesamt 886 Millionen Euro ein Kassenbestand bei der Warenhauskette von 165,6 Millionen Euro gegenüber. Doch davon gehen unter anderem fast 87 Millionen Euro Betriebsausgaben und mehr als 40 Millionen Euro Verfahrenskosten und Honorare für den Insolvenzverwalter weg. Acht Millionen Euro fließen in eine Transfergesellschaft für die 1400 Beschäftigten, die durch die 16 Filialschließungen ihre Jobs verlieren werden. Unterm Strich bleiben ganze 22,5 Millionen Euro Ausschüttungsbetrag für die Gläubiger übrig. Hinzu kämen etwaige Zahlungen, die der Insolvenzverwalter von Muttergesellschaften von Galeria aus der österreichischen Signa-Gruppe einklagen will.

Die neuen Eigentümer zahlen an Signa keinen Cent

Denkhaus geht davon aus, dass die Gläubiger am Ende mit einer Insolvenzquote von 2,5 bis drei Prozent rechnen können. Besser als gar nichts, argumentierte Denkhaus. Auf der Gläubigerliste stehen die Bundesagentur für Arbeit (BA), aber auch der Fiskus und Vermieter der Warenhausimmobilien. Die Ansprüche vieler Lieferanten sind über Warenkreditversicherungen abgesichert.

Es ist das dritte Insolvenzverfahren binnen nicht einmal vier Jahren bei Galeria. Und es sind Milliarden, die Gläubiger im Zuge dieser drei Verfahren verloren haben. Ausgelöst wurde die jetzige Insolvenz durch den Einsturz weiter Teile des Signa-Imperiums des österreichischen Investors René Benko. Als klar war, dass die insolventen Signa-Muttergesellschaften die zugesicherte finanzielle Unterstützung nicht mehr würden erbringen können, blieb auch den Galeria-Verantwortlichen Ende Januar 2024 nichts anderes übrig als der Gang zum Insolvenzgericht. Was insofern besonders bitter war, weil sich das operative Geschäft der Warenhauskette zuletzt ganz ordentlich entwickelt hatte.

Nach der Gläubigerentscheidung vom Dienstag dürfte die Zustimmung des Essener Insolvenzgerichtes zur Übernahme durch die Investoren Beetz und Baker, respektive ihrer Beteiligungsfirmen BB Kapital und NRDC Equity Partners, nur eine Formsache sein. Dem Capital-Bericht zufolge zahlen sie für Galeria Karstadt Kaufhof an den bisherigen Eigentümer Signa keinen Cent. Nach der Übernahme wollen sie margenschwache Sortimente aussortieren und das Konzessionsgeschäft ausweiten, bei dem Hersteller und Lieferanten selbst steuern, welche ihrer Produkte sie in welchen Mengen in den Galeria-Filialen anbieten. Dafür tragen sie dann aber auch das geschäftliche Risiko.

Baker und Beetz wollen Galeria in eine neue, in Luxemburg angesiedelte Rechtsform überführen. Für Ärger bei Arbeitnehmervertretern sorgt ihr Plan, den Aufsichtsrat von Galeria abzuschaffen. Die Gewerkschaft Verdi sorgt sich um die Mitbestimmung und verlangt ein tragfähiges Zukunftskonzept. "Es bedarf vor allem ausreichender Investitionen, um das Warenhauskonzept, Standorte und Arbeitsplätze langfristig zu sichern", sagte Verdi-Verhandlungsführer Marcel Schäuble der Nachrichtenagentur dpa. Handelsexperten sagen zudem, dass sehr viel Geld in die Instandhaltung und Modernisierung vor allem kleiner und mittlerer Filialen investiert werden müsse. Unter Benko sei Geld allenfalls in die großen Flaggschiffe in den Metropolen geflossen, andernorts herrsche Investitionsstau. Als Anschub haben Beetz und Baker 100 Millionen Euro zugesagt. Ein Galeria-Kenner beziffert den einschlägigen Bedarf jedoch "auf mehr als eine Milliarde Euro".

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