Galeria Kaufhof:Im Abwärtssog

Nicht einmal einen Deutschland-Chef findet das Warenhaus mühelos - es wurde unter HBC zum Problemfall.

Von Michael Kläsgen

Mehr als fünf Monate hat das Suchen nach einem neuen Deutschland-Chef gedauert. Jetzt ist Galeria Kaufhof endlich fündig geworden: Roland Neuwald, 53, darf sich des angeschlagenen Kaufhauses annehmen. Neuwald schied vor fünf Jahren eher unfreiwillig beim mäßig erfolgreichen Supermarktbetreiber Real aus. Danach arbeitete er als selbständiger Unternehmensberater, unter anderem für Sanierungsfälle. Ist es das, was ihn jetzt für Kaufhof qualifiziert? Große Erfahrung mit dem täglichen Kampf um Kunden in den Einkaufsstraßen der Innenstadt hat er jedenfalls nicht.

Bemerkenswert auch, dass Kaufhof die Personalie medial überaus defensiv begleitet und Neuwald nicht als den neuen starken Mann darzustellen versucht. Erst müsse noch der Aufsichtsrat zustimmen, heißt es lediglich. Aus Sicht der ohnehin verunsicherten Belegschaft ist das alles andere als ein Signal des Aufbruchs, sondern eher ein weiteres Alarmzeichen für den schleichenden Niedergang. Seit die kanadische Hudson's Bay Company (HBC) Kaufhof vor zwei Jahren übernahm, sinken Umsatz und Gewinn. Das Einzige, was steigt, ist das Misstrauen von Lieferanten und Kreditgebern. Modefirmen wie s.Oliver verlangen inzwischen Vorkasse oder kürzere Zahlungsziele. Konzerne wie Zurich, Swiss Re und Chubb kündigten nach SZ-Informationen die Rückversicherung auf Kaufhof-Warenkreditversicherungen.

Galeria Kaufhof: Hinter der Fassade von Kaufhof brodelt es. Personalquerelen an der Spitze sind das deutlichste Zeichen dafür.

Hinter der Fassade von Kaufhof brodelt es. Personalquerelen an der Spitze sind das deutlichste Zeichen dafür.

(Foto: Raquel Gisbert Gil/Prisma)

All das sind Rückschläge, und sie deuten nicht auf eine Trendwende. Geht es in dem Tempo weiter bergab, könnte der finanzielle Leidensdruck so groß werden, dass sich Kaufhof in die rettenden Arme eines Dritten werfen muss. Dass der österreichische Karstadt-Eigner René Benko Kaufhof am liebsten unter das Dach seiner Signa Holding holen würde, ist ein offenes Geheimnis. Er träumt weiter von der einen großen deutschen Warenhaus AG. Die Finanzierung dafür soll vorbereitet sein. Ein Angebot gibt es bisher offiziell nicht - noch nicht. Benko hat Zeit. Sie spielt für ihn, solange Kaufhof in einer Abwärtsspirale gefangen ist.

In dieser Woche schwor Wolfgang Link, bis dato Kaufhof- und HBC-Europe-Chef in Personalunion, die Beschäftigten in der jüngsten Ausgabe der Mitarbeiterzeitschrift auf schwierige Zeiten ein. Kaufhof und HBC Europe stünden vor großen Herausforderungen. "Wir alle müssen bereit für Veränderungen sein", orakelte Link im Interview. Was diese "Veränderungen" sein werden, sagte Link nicht. Die große Warenhaus AG? Wohl zunächst nicht. In einem ersten Schritt vielleicht eher der vorübergehende Ausstieg aus dem Tarifvertrag. Konkurrent Karstadt war in der Krise 2013 auch ausgestiegen, ehe das Unternehmen gesundete und 2016 zur Tarifbindung zurückkehrte. Wie damals Karstadt, würde Kaufhof heute mit dem Segen der Gewerkschaft den Mitarbeitern vorübergehend gern nur einen Haustarif zahlen. Darauf drang die Kaufhof-Geschäftsführung schon, ehe Link vom Spielwarenhändler Toys R Us zu Kaufhof wechselte.

Neuwald

Roland Neuwald. Ist er der richtige Mann für Kaufhof?

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Link selbst trat seinen Doppeljob erst vor vier Monaten an, nachdem sein Vorgänger Olivier van den Bossche frustriert über das Auftreten der neuen kanadischen Hausherren in Köln hingeworfen hatte. Maßgeblich zur Frustration beigetragen hatte Kaufhof-Aufsichtsratschef Don Watros, dem die Kanadier in Toronto schließlich nahelegten, sich doch besser zu verabschieden. Da Link als Kandidat für den Aufsichtsratsvorsitz gilt, der Ende Oktober bestimmt werden soll, musste nun dringend ein Deutschland-Chef her: Neuwald. Die Personalquerelen sind die von außen sichtbarsten Symptome für die große Malaise der Galeria Kaufhof.

Der Kaufhof in Bremen macht mehr Umsatz als Hudson's Bay in Amsterdam

Das Drama ist aber leider nicht nur auf Kaufhof beschränkt. Die fünf in diesem Sommer mit Pomp von HBC eröffneten Edelmarken-Discounter namens Saks off 5th laufen nach Informationen der SZ schlecht. Im September lagen sie zwei Millionen Euro unter Plan. Der Tagesumsatz pro Filiale betrug im Schnitt nur 18 000 Euro. Zum Vergleich: Bessere Restaurants erlösen mehr. Dabei hatte HBC nach der Übernahme vor zwei Jahren noch getönt, mit dem Konzept eine wunderbare neue Einkaufswelt in Deutschland zu schaffen. Jetzt zeigt sich: Die kommt nicht an. Weder bei den Verbrauchern noch bei den Lieferanten. Der Chef eines bekannten Modehauses, der anonym bleiben möchte, zeigt sich im Gespräch mit der SZ enttäuscht. "So wird das nicht funktionieren", prophezeit er. "In den Läden finden Sie nichts, die Sortierung ist konfus und verwirrend."

Zu allem Überfluss läuft es auch in den zehn (!) seit August eröffneten HBC-Kaufhäusern in den Niederlanden nicht. Sie sind derzeit 60 Prozent unter Plan. Allein im August soll ein Verlust von 46 Millionen Euro in den Niederlanden aufgelaufen sein. Selbst auf die herausgeputzten Läden in den Metropolen Amsterdam und Rotterdam springen die Kunden nicht an. Der Kaufhof in Bremen soll da mehr Umsatz machen.

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