Bei Galeria liegt offenbar immer noch einiges im Argen. Anders kann man kaum erklären, warum sich die Warenhauskette ziemlich überraschend von ihrem Chef Olivier van den Bossche trennt – und das offenbar nicht auf dessen eigenen Wunsch. Vielmehr verschickte das Unternehmen auf Anfrage eine Pressemitteilung mit dem Titel: „Galeria strukturiert Führungsteam um – Fokus auf kontinuierliches Wachstum und Stabilität.“ Als ob es bei dem seit Jahren krisengeschüttelten Unternehmen, das innerhalb von vier Jahren dreimal pleiteging, zuvor nicht darum gegangen wäre, endlich wieder kontinuierlich zu wachsen und eine gewisse Stabilität zu finden.
Auf Meinungsverschiedenheiten und das Machtgefälle zwischen van den Bossche und den neuen Eigentümern deutet dieser Satz in dem dürren Pressetext hin: „Die Galeria-Shareholder haben die strategische Entscheidung getroffen, den bisherigen CSO Tilo Hellenbock zum COO zu berufen.“ Mal von den Management-Kürzeln abgesehen, bedeutet der Satz, dass die neuen Eigentümer nun weitestgehend ohne Einflussnahme Dritter entscheiden. Da sind der SV Waldhof-Mannheim-Präsident Bernd Beetz und der US-Investor Richard Baker. Sie haben vergangenes Jahr mit ihren Beteiligungsfirmen Galeria übernommen und den ehemaligen Konzern in einen Mittelständler mit Sitz in Luxemburg verwandelt, ohne Aufsichtsrat. Der versprochene Beirat fehlt ebenfalls noch. Van den Bossche passte jetzt offensichtlich nicht mehr ins Konzept. Dabei ist der Belgier ein ausgewiesener, manche sagen, der letzte verbliebene Warenhaus-Profi in der Führungsriege. Er hat in Belgien eine Warenhauskette geleitet und war bis 2017 Kaufhof-Chef.
Doch Beetz hatte schon im April vergangenen Jahres auf einer Pressekonferenz in Essen klargemacht, wie er die neue Hackordnung bei Galeria sieht. Er wolle sich auch ins operative Geschäft intensiv einbringen, kündigte er an, und an der Seite von Olivier van den Bossche die großen Linien vorgeben. „Ich sehe mich als Taktgeber“, erklärte er und in dem Satz konnte man schon eine gewisse Drohung wahrnehmen in Richtung van den Bossche. Jetzt ist er mit sofortiger Wirkung raus aus dem Laden.
Es gibt heute nur noch 83 Filialen
Baker wiederum kämpft selbst mit Problemen. Er ist Eigentümer der kanadischen Warenhauskette Hudson’s Bay, die vor einem Monat Insolvenz beantragte. Trumps Zölle und die Übernahmephantasien des US-Präsidenten heben zudem nicht gerade die Stimmung in Kanada, was nicht gut fürs Geschäft sein kann. Dabei hatte der US-Amerikaner Baker lange von offenen Märkten profitiert. Er kaufte 2015 dem Düsseldorfer Großhändler Metro Galeria Kaufhof ab und reichte ihn 2018 an den österreichischen Unternehmer René Benko weiter. Dass die Probleme von HBC etwas mit den Problemen von Galeria zu tun haben, bestreitet das Unternehmen allerdings.
Nach Galerias eigener Darstellung ist das Geschäftsergebnis positiv und seit Jahresbeginn um mehr als 100 Millionen Euro besser als im Vorjahr. Doch was heißt das? Zuvor lag das Ergebnis Berichten zufolge bei minus 100 Millionen Euro. Peilt man nun eine schwarze Null an? Gegenüber dem Focus räumte Beetz im April ein, „ein wenig hinter unseren eigenen Erwartungen“ zu liegen. Für 2025 erwarte er dennoch, „übers ganze Jahr gesehen mit allen Häusern in den schwarzen Zahlen“ zu sein. Es gebe allerdings mehrere Probleme, die auf die Geschäfte des Unternehmens drücken, sagte er, ohne konkret zu werden.
83 Filialen gibt es inzwischen nur noch von einstmals mehreren Hundert. Beetz korrigierte zudem seine erst Anfang des Jahres gegebenen Prognosen. Da hieß es noch, die Kette werde 2025 einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro erzielen. Wenige Wochen später erklärte Beetz, diese Umsatzgröße sei nur eine „mittelfristige Vision“, erreichbar „so in zwei, drei Jahren“. Der Grund: Das Einkaufsverhalten besonders von Frauen, die maßgeblich zum Umsatz von Galeria beitragen, habe sich geändert. Und Deutschland sei in einer Art Shopping-Depression.
Abgesehen davon klappt es auch mit den geplanten Kooperationen mit Ikea und Mediamarkt nicht so wie erhofft. Galeria will unter den neuen Eigentümern im Grunde kein eigenes Warenhaus mehr sein, sondern Flächen untervermieten. Doch Mieter lassen sich nicht so leicht finden, wie erhofft. Van den Bossche konnte sozusagen noch als letzte Amtshandlung Kooperationen mit dem Sportartikelhändler Decathlon und dem Lebensmitteldiscounter Lidl verkünden, allerdings in wesentlich kleinerem Ausmaß als geplant.
Jetzt dürfen der Vertriebschef Hellenbock und Finanzchef Christian Sailer ihr Glück versuchen. Sailer war bis zum Herbst vergangenen Jahres noch Chef der dann insolventen Weltbild-Gruppe, einem katholischen Versandhaus in Augsburg. Das wiederum gehörte zur Düsseldorfer Droege-Gruppe, die bei der vorerst letzten Insolvenz von Galeria Anfang 2024 mitmischte. Ihr Plan soll es gewesen sein, das Filialnetz auf 30 zurechtzustutzen. Sailer soll es gewesen sein, der die Finanzzahlen von Galeria unter die Lupe nahm. Man darf gespannt sein, ob Galeria jemals zur Ruhe kommen wird.