Süddeutsche Zeitung

G20:Ukraine-Krise belastet

Die G-20-Finanzminister sehen Risiken für die Weltwirtschaft - scheuen aber deutliche Worte Richtung Russland

Von Henrike Roßbach, Berlin

Nach dem Abschluss der G-20-Finanzministerkonferenz am Donnerstag und Freitag in Jakarta hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) vor "erheblichen Abwärtsrisiken" für die Weltwirtschaft gewarnt, die den Aufschwung nach der Pandemie gefährden könnten. Dazu gehörten auch "geopolitische Risiken", insbesondere die Situation in Osteuropa und der Ukraine.

Im Abschlusskommuniqué finden sich allerdings keine deutlichen Worte zu dem Konflikt. Festgehalten ist nur der Satz, man werde wesentliche globale Risiken weiter überwachen, einschließlich solcher durch entstehende geopolitische Spannungen. Lindner sagte, in der Gipfelrunde habe es dazu einen "sehr klaren und offenen Austausch" gegeben. Er selbst habe "ausdrücklich" auf die Situation in der Ukraine als ein geopolitisches Risiko hingewiesen, das "weit jenseits der ökonomischen Fragen" eine Bedeutung für die weitere gute Entwicklung auf internationaler Ebene haben könnte. "Andere - und Ihre Fantasie reicht sicherlich dafür aus - haben speziell diese Frage anders eingeordnet und auf einen allgemeineren Text gedrungen", so Lindner.

Zur G-20-Gruppe gehören die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer - darunter auch Russland. Die Finanzminister der G-7-Gruppe dagegen, der Russland nicht angehört, hatten Anfang der Woche noch eine "schnelle, abgestimmte und kraftvolle Antwort" angekündigt, sollte Russland die Ukraine angreifen. Man sei darauf vorbereitet, ökonomische und finanzielle Sanktionen zu verhängen, mit massiven und sofortigen Konsequenzen für die russische Wirtschaft.

Neben den geopolitischen Risiken treibt die G-20-Minister auch die Inflation um und damit einhergehend die sich abzeichnende Zinswende unter anderem in den USA. Die US-Notenbank Fed hatte zuletzt eine rasche erste Anhebung ihres Leitzinses angekündigt. Lindner sagte, dass die starken Staaten sensibel sein müssten bei der Änderung ihrer Geldpolitik. Allerdings seien auch die verwundbaren Schwellenländer gefordert, mit solider Fiskalpolitik ihre Widerstandskraft zu stärken.

Im Prinzip setzt Lindner damit im G-20-Kontext die Strategie fort, für die er auch auf EU-Ebene wirbt: Ja zu mehr Investitionen in Transformation und Digitalisierung, aber bitte verbunden mit einem verbindlichen Abbau der Staatsschulden und mit nachhaltigen Staatsfinanzen. Am Freitag sprach Lindner von einer "Doppelstrategie". Er machte deutlich, dass er die Stabilität der Finanzmärkte zum Schwerpunktthema der deutschen G-7-Präsidentschaft in diesem Jahr machen wolle.

Thema war auf dem G-20-Gipfeltreffen auch die geplanten globale Mindeststeuer, die schon 2023 umgesetzt werden soll. Das sei "fraglos ein ambitionierter Zeitplan", sagte Lindner, "aber auch ein großes und wichtiges Vorhaben der internationalen Steuergerechtigkeit". Es gebe "große Erwartungen der Bevölkerung", zudem sei es auch ein Beitrag zur Finanzmarktstabilität, wenn der internationale Steuerwettbewerb fair ausgestaltet werde.

Das Treffen der G-20-Finanzminister und Notenbankgouverneure in Jakarta war Lindners erster internationaler Gipfeltermin. Pandemiebedingt ist er aber nicht nach Indonesien geflogen, sondern war von Berlin aus zugeschaltet. Ende April wird er die nächste Gelegenheit haben, seine internationalen Kollegen persönlich zu treffen: bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington.

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