G-7-Treffen:"Grexit ist möglich"

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Christine Lagarde sieht die EU in der Pflicht. (Foto: Jason Lee/Reuters)
  • Nachdem Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras von einer kurz bevorstehenden Einigung im Schuldenstreit gesprochen hat, zeigen sich Verhandlungspartner und Gläubiger über diese Äußerung verschnupft.
  • Beim Treffen der Finanzminister nannte ein Teilnehmer Tsipras' Aussage sogar "Bullshit".
  • IWF-Chefin Lagarde findet ebenfalls deutliche Worte. Der Austritt der Griechen aus der Euro-Zone sei möglich. Wenn die Europäer eine Staatspleite vermeiden wollten, müssten sie selbst Vorkehrungen treffen.

Von Guido Bohsem, Dresden

Vielleicht hat Alexis Tsipras einfach überzogen. Vielleicht war es für die Verhandlungspartner und Gläubiger wirklich zu viel, vom griechischen Regierungschef zu hören, dass eine Einigung kurz bevorstehe. Selten jedenfalls hat eine Bemerkung auf einem Treffen der Finanzminister der sieben führenden Industrienationen der Welt so viel Empörung und Kopfschütteln ausgelöst. Und bekanntlich nehmen an dem Treffen nicht nur die Minister, sondern auch die Notenbank-Chefs, Vertreter der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds (IWF) teil.

"Bullshit", antwortete ein Vertreter der Organisationen, die mit den Griechen über die notwendigen Reformen verhandeln, kurz und bündig auf die Frage, ob es bereits am Sonntag eine Vereinbarung geben könnte, wie von Tsipras verkündet worden war. Etwas eleganter drückte es IWF-Chefin Christine Lagarde aus, die meinte, es gebe zwar Fortschritte. Doch sei noch sehr viel Arbeit zu erledigen, bevor man von einem Kompromiss sprechen könnte. "Der Austritt Griechenlands ist eine Möglichkeit", sagte sie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Aufgrund der internationalen Reaktion auf diese Äußerung sah sich der IWF später gezwungen, Lagardes Aussage dahin gehend zu ergänzen, dass man sich einen Austritt aber nicht wünsche. Ein Grexit wäre nach Lagardes Worten "kein Spaziergang", würde aber "wohl nicht das Ende des Euro" bedeuten. Es hätten sich zwar einige Dinge bewegt, etwa bei der Pensions- und Rentenreform sowie der Mehrwertsteuer, aber insgesamt sei das zu wenig. Lagarde machte der Zeitung zufolge deutlich, dass sie die Verantwortung für den Verbleib Griechenlands in der Währungsunion nicht beim IWF sehe. Wenn die Europäer eine drohende Staatspleite vermeiden wollten, müssten sie selbst Vorkehrungen treffen. "Der Ball liegt im Feld der Griechen", fasste ein Teilnehmer der G-7-Beratungen zusammen. Insbesondere erwarte man eine Reform des Rentensystems. So zahlten die Griechen deutlich weniger ein als die Deutschen, doch liege die durchschnittliche Rentenzahlung in Griechenland nur geringfügig unter dem deutschen Wert.

Es müsse zu Kürzungen bei den Zahlungen kommen, hieß es weiter. Diese sollten nicht bei den Beziehern niedriger Renten ansetzen, sondern bei denen, die es sich leisten könnten und deren Bezüge in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren gestiegen sei. "Die Griechen werden sich deutlich bewegen müssen." Intern ließen sie immer wieder durchblicken, dass sie in der Euro-Zone bleiben wollten. Und auch die europäischen Länder wollten, dass das Land drin bleibe. Auch die USA hätten der griechischen Regierung inzwischen mehr als deutlich gemacht, dass sie von den Griechen Taten erwarteten.

Es sei inzwischen klar, dass die mit Griechenland vereinbarten Ziele nicht mehr erreicht werden könnten. Womöglich habe das Land schon 2014 keinen Primärüberschuss im Haushalt erzielt, das ist ein Überschuss ohne Berücksichtigung der Zinszahlungen. Im laufenden Jahr drohe sogar ein Defizit. Angesichts dieser Zahlen würden auch die Geberländer ihre Zusagen überdenken müssen. "Doch derzeit sind wir wirklich noch meilenweit von einer Vereinbarung entfernt."

© SZ vom 29.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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