Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, in welch unterschiedlichen Welten die Bundesligavereine und der gemeine Fan gut 100 Jahre nach Gründung des Deutschen Fußballbundes leben, dann hat ihn Uli Hoeneß mit seiner Brandrede von vergangener Woche geliefert. Von teuren Stadien war da die Rede, von teuren Spielern und teuren VIP-Logen.

Und von Fans, die gerade einmal sieben Euro für ihren Stehplatz bezahlen und dennoch die Dreistigkeit besitzen, sich über die lahme Stimmung in der hypermodernen Allianz-Arena zu beklagen. Selbst die deutschen Finanzämter haben jetzt bei Betriebsprüfungen von Erst- und Zweitligaclubs festgestellt, dass der Fußball von einer "zunehmenden Kommerzialisierung" geprägt sei - wobei das eigentlich Erstaunliche ist, dass sie die Welt mit dieser Feststellung bis zum Jahr 2007 warten ließen.
Was klingt wie ein Allgemeinplatz, birgt für die Vereine Sprengstoff, denn es geht nicht nur darum, ob sie ihr Image eines Horts des Sports, der Geselligkeit und der Traditionspflege endgültig ad acta legen müssen. Es geht vor allem um eine Menge Geld. Denn die beklagte Kommerzialisierung steht im Widerspruch dazu, dass die Clubs als gemeinnützig gelten.
Nachforderungen in Millionenhöhe
In der Praxis bedeutet das, dass zwar die Profiabteilungen, die häufig in Kapitalgesellschaften ausgelagert sind, Körperschaft- und Gewerbesteuer zahlen, nicht aber die Vereine selbst. Ohne dieses Privileg kämen auf viele Clubs jedoch nicht nur jährliche Beträge im sechsstelligen Bereich, sondern womöglich sogar Nachforderungen in Millionenhöhe zu.
Nach Ansicht des Bundeszentralamts für Steuern, das die Debatte losgetreten hat, ist bei vielen Clubs der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb "zum Selbstzweck geworden". Der "ideelle Bereich", also die Förderung des Sports und der Jugendhilfe, sei dagegen in vielen Fällen "völlig in den Hintergrund gerückt", heißt es in einem Schreiben der Behörde an das Bundesfinanzministerium, aus dem das Hamburger Nachrichtenmagazin Der Spiegel zitiert.
Das Thema soll nun bei einem Treffen der zuständigen Referatsleiter von Bund und Ländern Anfang kommenden Jahres erörtert werden.
Wie die Debatte ausgeht, ist offen - wobei die unwahrscheinlichste Variante die ist, dass sich gar nichts ändert. Zwar ist es gemeinnützigen Vereinen nicht verboten, sich wirtschaftlich zu betätigen. Bei den Steuerprivilegien bleibt es nach Darstellung der Oberfinanzdirektion Hannover aber nur, wenn diese wirtschaftliche Betätigung "in ihrer Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins zu verwirklichen". Daran kann man bei Bundesligaclubs durchaus Zweifel haben.
Laut Finanzministerium ist es sowohl denkbar, dass die Vereine ihren Status der Gemeinnützigkeit vollständig verlieren, als auch, dass einzelne Sparten privilegiert bleiben. "Tatsache ist, dass viele Bundesligaclubs längst wie Konzerne agieren", sagt ein Ministeriumssprecher.
Die Zahlen geben ihm recht: Die FC Bayern München AG etwa, an der der Verein FC Bayern 90 Prozent und der Sportartikelhersteller Adidas zehn Prozent der Anteile halten, verbuchte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 226 Millionen und einen Gewinn nach Steuern von fast 19 Millionen Euro.
Tatsache ist allerdings auch, dass am Ende nicht Referatsleiter über die Frage entscheiden werden, sondern Politiker. Und ob die Lust haben, sich mit den ebenso mächtigen wie populären Bundesligagrößen anzulegen, muss sich erst noch zeigen.