Fußball:Eine winzige Firma produziert den neuen Bundesliga-Spielball

Elf Hingucker in dieser Bundesligasaison - Derbystar

"Brillant APS" heißt das neue Arbeitsgerät der Bundesliga-Kicker.

(Foto: Roland Weihrauch/dpa)
  • Derbystar, der Hersteller des neuen Bundesliga-Spielballs, ist im Vergleich zu Konzernen wie Adidas ein Winzling.
  • Durch den neuen Auftrag rechnet das Unternehmen nun mit deutlich mehr Umsatz.
  • Bislang kam der Spielball von Adidas. Das Unternehmen beteiligte sich aber nicht mehr an der Ausschreibung.

Von Uwe Ritzer

32 Flicken aus Kunststoff, die Oberfläche gerippt wie bei einem Golfball, von Hand zusammengenäht und anschließend mit Spezialklebstoff versiegelt, damit kein Wasser eindringt. Unter der Haut eine dünne Schaumstoffschicht und im Innern eine Blase aus Naturlatex. "Brillant APS" heißt der Fußball, gegen den in der neuen Bundesliga-Saison auf jedem Platz getreten wird. In den vergangenen Jahren hieß der Spielball "Torfabrik" und kam vom Sportartikel-Konzern Adidas. Nun meldet sich mit dem "Brillant APS" ein winziges Unternehmen im deutschen Spitzenfußball zurück, das zwar nie wirklich weg, aber doch unsichtbar war: Derbystar.

Zwischen beiden Firmen liegen Welten. Adidas residiert in spektakulärer Architektur auf einem weitläufigen Campus in Herzogenaurach und beschäftigt weltweit knapp 60 000 Mitarbeiter. Derbystar hat im Inland 49 Mitarbeiter und eine unscheinbare Zentrale im Gewerbegebiet von Goch, einer Kleinstadt am Niederrhein an der Grenze zu den Niederlanden. Und während der Sportartikelkonzern aus dem Dax auf 25 Milliarden Euro Umsatz zusteuert, erwartet Derbystar 18 Millionen Euro, viereinhalb Millionen mehr als 2017.

Ein Sprung "hauptsächlich wegen des Bundesliga-Balles", sagt Joachim Böhmer. Er verantwortet in der Derbystar-Geschäftsleitung Produktion und Marketing, während sein Kollege Andreas Filipovic für Sponsoring und Verkauf zuständig ist. Von einem kleinen Textilsortiment - Schienbeinschoner, Torwarthandschuhe und anderes Zubehör - abgesehen ist Derbystar ein Spezialist für Bälle. Die Firma gehört zum dänischen Sportartikelhersteller Select, der im globalen Branchenvergleich ebenfalls ein Zwerg ist.

Gegründet wurde Derbystar 1968 in Goch; die Firma ging aus einer kleinen Lederfabrik hervor, die viel für den Pferdesport arbeitete. Auch Fußbälle waren lange aus Leder, ehe sie sukzessive aus Synthetikmaterialien gefertigt wurden. Jahrzehntelang stellte in der ersten und zweiten Bundesliga das Heim-Team auch den Spielball. Derbystar war gut vertreten, etwa bei Borussia Dortmund, Hannover 96, beim VfL Bochum oder Fortuna Düsseldorf. Das änderte sich, als die Deutsche Fußballliga (DFL) 2010 den Einheitsball einführte. Der kam seither immer von Adidas.

Als aber die DFL den stets auf vier Jahre befristeten Vertrag ab 2018 neu ausschrieb, zeigte die Drei-Streifen-Marke kein ernsthaftes Interesse mehr. Man wolle sich strategisch auf "Kooperationen mit den international führenden Vereinen und jungen, aufstrebenden Spielern konzentrieren", hieß es aus Herzogenaurach. Umso verwunderlicher, dass Adidas im Gegensatz dazu den Spielball für die Dritte Liga und die Frauen-Bundesliga stellt.

Derbystar blieb zwar all die Jahre weiter im Fußball präsent, wenn auch fast ausschließlich im Amateurbereich, wo man gut verwurzelt ist. Auch die Amateur- und Jugendmannschaften einiger deutscher Profiklubs kicken mit Derbystar-Bällen. Ebenso die erste niederländische Fußballliga. Als sich die Lücke auftat, um auch in den deutschen Profifußball zurückzukehren, nutzte Derbystar die Chance. Branchenkenner spekulieren, das Unternehmen lasse sich das Engagement einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag pro Saison kosten. In Form von Geld, aber auch von 300 Bällen für jeden der 36 Vereine, plus weitere 50 in orangener Farbe für Training und Spiele auf Schnee.

Gefertigt werden die Bälle in Pakistan

Für Derbystar sei der bis 2022 laufende Vertrag eine große Chance, sagt Geschäftsführer Böhmer. "Wir waren in den letzten Jahren in der Bundesliga und der zweiten Liga nicht mehr vertreten und deshalb als Ballspezialist und als Marke nicht mehr genügend sichtbar", sagt er. Nun erwarte man sich durch den Spielball "eine wesentlich größere Aufmerksamkeit". Und natürlich mehr Geschäft: "Wir gehen von einer deutlichen Steigerung von circa 500 000 Bällen pro Jahr aus", sagt Böhmer. Zuletzt verkaufte Derbystar etwa 1,1 Millionen und "unsere Vision ist es, zwei Millionen Bälle im Jahr zu verkaufen."

Gefertigt werden sie allesamt in Sialkot, einer Stadt im Nordosten von Pakistan. 90 Prozent aller weltweit verkauften Fußbälle stammen von dort, bis zu 50 Millionen pro Jahr. Alle nennenswerten Markenhersteller lassen dort fertigen. Bei Derbystar aber geht die Zusammenarbeit darüber hinaus. Anwar Khawaja, einer der größten Ballhersteller in Sialkot, ist mit 49 Prozent an der Firma Derbystar beteiligt. "Uns verbinden sehr familiäre und enge Beziehungen", sagt Böhmer.

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