Fusion von Plus und Netto:Kopfnuss vom Kartellamt

Für die Fusion der beiden Discounter Plus und Netto hat das Kartellamt Edeka und Tengelmann strenge Auflagen gemacht. Sie dürfen - anders als geplant - nicht gemeinsam einkaufen und müssen 370 Filialen abgeben.

Stefan Weber

Im Poker um den geplanten Zusammenschluss der beiden Discounter Plus und Netto macht das Bundeskartellamt den beteiligten Unternehmen strenge Auflagen.

Fusion von Plus und Netto: Das Kartellamt verbietet Edeka und Tengelmann den gemeinsamen Einkauf - es befürchtet Preisdrückerei.

Das Kartellamt verbietet Edeka und Tengelmann den gemeinsamen Einkauf - es befürchtet Preisdrückerei.

(Foto: Foto: AP)

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung muss Plus 370 der bundesweit 2900 Läden verkaufen. Zudem dürfen die Muttergesellschaften der Discounter, Edeka und Tengelmann, anders als von ihnen geplant, nicht gemeinsam einkaufen.

Kartellamt befürchtet Preisdrückerei

Edeka, der größte deutsche Lebensmittelhändler, hatte sich im November vergangenen Jahres mit dem Familienunternehmen Tengelmann als Eigentümer der Plus-Gruppe darauf verständigt, die eigene Discount-Kette Netto mit Plus in eine Gemeinschaftsfirma einzubringen. Das fusionierte Unternehmen würde mit mehr als 4000 Läden in Deutschland über ein ähnlich dichtes Filialnetz wie Marktführer Aldi verfügen.

Nach intensiver Prüfung war das Kartellamt Anfang April zu dem Schluss gekommen, dass ein solches Bündnis den Wettbewerb an zahlreichen Standorten einschränkt. Auch die Absicht der beiden Lebensmittelhändler, künftig gemeinsam einzukaufen, sah die Behörde sehr kritisch. Sie befürchtete, dass die Firmen ihre Einkaufsmacht einsetzen würden, um Lieferanten zu Preiszugeständnissen zu bewegen.

Vor diesem Hintergrund untersagt das Amt Edeka und Tengelmann nicht nur einen gemeinsamen Einkauf. Auch fordert es nach Informationen aus dem Umfeld der Firmen, dass sich Tengelmann an der gemeinsamen Plus/Netto-Gesellschaft mit höchstens 20 Prozent beteiligen darf. Andernfalls sei zu erwarten, dass sich die Unternehmen über Einkaufskonditionen austauschten und so den Wettbewerb behinderten. Dagegen hatten Edeka und Tengelmann vereinbart, dass das Mülheimer Familienunternehmen 30 Prozent an der gemeinsamen Gesellschaft hält.

"Chancen für ein Bündnis bei 60 bis 70 Prozent"

Noch haben sich die beiden Lebensmittelhändler keine Meinung gebildet, ob sie auch unter diesen Bedingungen einen Zusammenschluss ihrer Discount-Töchter anstreben. "Die Chancen, dass das Bündnis zustande kommt, stehen bei 60 bis 70 Prozent", heißt es in informierten Kreisen. Die Unternehmen müssen sich in den nächsten Tagen gegenüber dem Kartellamt erklären; die Behörde will ihre Entscheidung spätestens am 20. Juni verkünden.

Auf der nächsten Seite: Ohne die Fusion kann Plus wohl kaum weitergeführt werden.

Kopfnuss vom Kartellamt

Die Forderung des Kartellamtes, 370 der bundesweit 2900 Plus-Märkte zu verkaufen, ist für Tengelmann auf den ersten Blick leicht zu erfüllen. Interessenten für diese Standorte gibt es genug. Rewe-Chef Alain Caparros hatte erst in der vergangenen Woche gesagt: "Wir sind gesprächsbereit." Rewe hätte die gesamte Plus-Kette gerne selbst übernommen, um zusammen mit den hauseigenen knapp 2000 Penny-Läden einen starken Wettbewerber zu Aldi und Lidl zu formen.

Nach Informationen aus der Branche ist auch die mit der Edeka-Tochter namensgleiche Netto-Gruppe, ein Ableger des dänischen Unternehmens Dansk Supermarked, an der Übernahme von Plus-Märkten interessiert. Die seit 1990 in Deutschland tätige Discount-Kette, an der Edeka mit 25 Prozent beteiligt ist, verfügt bundesweit über ein Netz von 259 Märkten, vornehmlich in Ostdeutschland. Somit dürfte ein Zukauf aus kartellrechtlichen Gründen unproblematisch sein. Auch der mit ihren Läden vornehmlich im Süden Deutschlands vertretenen Norma-Gruppe, die in Fürth zu Hause ist, wird Interesse an Standorten von Plus nachgesagt.

Tengelmann als Verkäufer der Märkte befindet sich in einer schlechten Verhandlungsposition: Alle Bieter wissen um die Nöte des Familienunternehmens, sich von den Läden trennen zu müssen, und hoffen, zu einem günstigen Preis den Zuschlag zu bekommen. Für denkbar halten es Beobachter auch, dass Edeka und Tengelmann nach Möglichkeiten suchen, die vom Kartellamt als kritisch eingestuften Filialen intern zu verwerten. Etwa indem Plus-Märkte in Filialen der ebenfalls zu Tengelmann gehörenden Textilkette Kik umgebaut werden.

Plus kann kaum weitergeführt werden

Von einschneidender Bedeutung für Tengelmann ist die Auflage des Kartellamtes, auf einen gemeinsamen Einkauf mit Edeka verzichten zu müssen. Denn auf diese Weise wollte das Mülheimer Unternehmen die im Konkurrenzvergleich hohen Beschaffungskosten für seine Supermärkte (Kaiser's, Tengelmann) senken. Wenn es dazu nicht kommt, ist die Wettbewerbsfähigkeit dieser Geschäfte eingeschränkt.

Eine Alternative zu dem Verkauf der Plus-Kette an Edeka hat Tengelmann dagegen nach Einschätzung von Branchenkennern nicht. Im Falle einer Untersagung der Fusion mit Netto sei der Discounter kaum in der Lage, das Geschäft eigenständig weiterzuführen, heißt es.

Weil der Verlust der Selbständigkeit absehbar war, hat die gesamte oberste Führungsriege das Unternehmen verlassen. Und auch unterhalb der Top-Ebene gibt es zahlreiche Abgänge. Die ungewisse Zukunft hat zudem Auswirkungen auf das Geschäft. Im Wettstreit mit den anderen Discountern verliert Plus seit Monaten Marktanteile.

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