Ifa:Nostalgie ist fürs Museum

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Die Ifa in Berlin zeigt: Die einst stolzen deutschen Fernseher-Marken überleben bestenfalls in der Nische. Das ist kein Drama, lieber sollte das Land auf die Produkte der Zukunft schauen.

Kommentar von Helmut Martin-Jung

Grundig, Telefunken, Loewe - das waren Namen, einst. Auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin, die am Freitag auch fürs Publikum öffnen wird, gaben sie den Ton an. Die Pionierfirma Loewe begann schon 1929 mit der Entwicklung des Fernsehens. Ein Ingenieur bei Telefunken entwickelte das PAL-Verfahren, den Standard fürs analoge Farbfernsehen. Der schwäbische Hersteller Wega ließ seine Geräte vom Designer Hartmut Esslinger entwerfen, was so gut gelang, dass Apple ihn engagierte und Wega-Geräte nun in New York im Museum of Modern Art stehen.

Und heute? Ja, es werden noch TV-Geräte in Deutschland gebaut, bei Metz in Zirndorf, bei Loewe in Kronach und bei Technisat in der Eifel. Auf dem Markt spielen sie aber nur noch eine Nebenrolle. Loewe hätte ohne die Kooperation mit dem chinesischen Hersteller Hisense nicht überlebt, Metz gehört zum ebenfalls chinesischen Skyworth-Konzern, und auch Technisat hat sein zweites Standbein, den Automotive-Bereich, an ein Unternehmen aus China abgegeben, die Bauteile für die Fernseher kauft man auch größtenteils in China.

Dass die Fernseher aus Asien kommen, ist nicht schlimm

Aber ist das für die Volkswirtschaft schlimm? Klar, es war schwer für die Mitarbeiter der renommierten Hersteller, als die Belegschaften schrumpften und schrumpften. Viele der einst klangvollen Namen, so sie denn nicht völlig untergingen, sind heute bloß noch Hülsen. Auch hinter den Namen Grundig und Telefunken stecken ausländische Firmen, in ihrem Fall türkische. Einen Fernseher aber gibt es in fast allen Haushalten in Deutschland; genau wie die Menschen etwas zum Anziehen haben, obwohl auch die Textilindustrie größtenteils nicht mehr hier fertigt.

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Alles in allem ist es aber nicht schlimm, wenn die meisten der hier gekauften Fernseher aus dem Ausland stammen. Schon deshalb nicht, weil nicht mehr zu ändern ist, dass Anbieter aus Asien den Markt überschwemmen mit so vielen Geräten, dass die Preise mehr und mehr nach unten gehen. Kein Wunder, dass deutsche Hersteller mit ihren weit höheren Arbeitskosten keine Chance hatten mitzuhalten. Auch hierzulande dominiert längst die Konkurrenz, allen voran Samsung. Gemessen am Verkaufswert haben die Südkoreaner einen Marktanteil von etwa 35 Prozent, der Abstand zum nächsten Konkurrenten beträgt mehr als 20 Prozent.

Deutschland muss seine Chancen nutzen, statt nostalgisch zu werden

Die einzig verbliebene Nische der deutschen Hersteller ist die der hochwertigen Geräte, und zumindest bei Loewe scheint das zu funktionieren. Seit 2014, heißt es dort, habe man den Marktanteil verdreifacht. Doch um mehr als eine Nische kann es ihnen nicht gehen. Deshalb täten Deutschland sowie Europa insgesamt besser daran, nicht alten Zeiten nachzutrauern. Die Frage wäre also nicht, warum es eine Firma wie Grundig nicht geschafft hat, zu einem deutschen Apple zu werden; sozusagen nach dem Motto: designed in Bavaria, made in China.

Für die Produktion von Fernsehern ist es, von Nischen abgesehen, schlicht zu spät. Sie wird sich nie mehr zurückholen lassen. Deutschland ist aber überaus stark, wenn es um Maschinen im Allgemeinen geht. Es genügt jedoch heute nicht mehr, nur gute, zuverlässige Geräte zu bauen. Gut waren die Fernseher von Grundig und Telefunken ja auch. Es gilt dort, wo noch etwas zu holen ist, den Blick in die Weiten zu richten. Experten weltweit geben Deutschland Chancen, zum Beispiel die Vernetzung der Produktion in den Griff zu kriegen. Auch was die 3-D-Fertigung anlangt, sind deutsche Forscher und Firmen vorne dabei. Dass es so bleibt, dafür muss jetzt gesorgt werden. Wenn in zehn, zwanzig Jahren zwar deutsche Maschinen im Museum of Modern Art stünden, aber die Firmen den Weg der TV-Hersteller gegangen wären - das wäre dann richtig schlimm.

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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