Fünf Jahre Firefox-Browser:Alles ist offen

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Immer mehr Nutzer gehen mit dem Firefox ins Internet: Die Entwicklung des Browsers ist ein Musterbeispiel für kollaboratives Arbeiten im Netz.

Helmut Martin-Jung

Die Idee, sagt Mike Beltzner, gab es schon länger: Software, mit der man im Internet surft, müsste sich doch so einstellen lassen, dass auf dem Computer keinerlei Spuren zurückbleiben. Keine Listen der besuchten Seiten, keine Bilder, nichts. Viele Nutzer des kostenlosen Browsers Firefox wünschten sich das, um zum Beispiel besser geschützt zu sein, wenn sie in einem Internetcafé Bankgeschäfte tätigten.

Das Firefox-Logo zeigt keinen Fuchs, sondern einen roten Panda (Foto: Foto: oH)

Dieser sogenannte Privatmodus stand auch schon auf dem Plan des Firefox-Teams, das Beltzner leitet, aber nicht für die kommende Version 3.5. Doch dann schickte ein bis dato unbekannter Programmierer per E-Mail ein Stück Softwarecode, versehen lediglich mit dem Kommentar, so würde er das machen mit dem privaten Surfen. Und da hatten die Verantwortlichen für eines der erfolgreichsten Softwareprodukte der jüngeren Zeit ihren Privatmodus.

Überraschungen wie diese erleben Beltzner und seine Mitarbeiter immer wieder, seit vor genau fünf Jahren die Version 1.0 von Firefox erschienen ist. "Das ist eben der Vorteil unserer Arbeitsweise", sagt Beltzner. Bei der Firma Mozilla arbeiten nur gut 70 Menschen Vollzeit an Firefox, sie schreiben etwa 60 bis 70 Prozent des Codes, also der Programmzeilen, die dann später zum ausführbaren Programm umgewandelt werden. Die restlichen 30 bis 40 Prozent kommen von derzeit etwa 400 Softwareexperten aus aller Welt.

Neue Techniken der Zusammenarbeit

Dieses Verhältnis sei über die Jahre etwa gleich geblieben, erzählt Beltzner. Am Anfang war der Kreis der Festangestellten kleiner, dafür lieferten aber auch weniger Programmierer aus der sogenannten Community Codes zu. Aber wie managt man ein solches Projekt? "Wir mussten Techniken entwickeln, wie man zusammenarbeitet", sagt Beltzner - eine davon sei zwar schon alt, aber immer noch überaus praktikabel.

Auf sogenannten IRC-Channels, textbasierten Chats, die es schon vor dem World Wide Web gab, stehen die Entwickler direkt in Kontakt miteinander. Während die Programmierer also über dem Code brüten, haben sie zusätzlich ein schmales IRC-Textfenster auf dem Bildschirm, über das sie mit allen kommunizieren, die gerade an diesem Stück Code mitarbeiten, sagt Beltzner, und: "Wir achten sehr darauf, dass alles dokumentiert wird."

Ein Projekt, das solche Dimensionen erreicht hat wie Firefox - der Marktanteil weltweit liegt bei etwa 23 Prozent -, ist außerdem natürlich längst in handliche Module zerlegt, für die es Verantwortliche gibt. Viele davon sind festangestellte Mozilla-Mitarbeiter.

Aber auch die regelmäßigen externen Mitarbeiter können sich die Berechtigung erarbeiten, den Code anderer zu beurteilen; sie lernen auch Neulinge an, die bei Firefox mitarbeiten wollen. Die wichtigste Voraussetzung aber: "Alles ist offen", sagt der Firefox-Chef, "und bei jeder Zeile Code steht, von wem sie ist."

"Natürlich schauen da auch die Konkurrenten rein"

Und anders als kommerzielle Firmen hat man bei Mozilla überhaupt kein Problem damit, Ideen zur zukünftigen Entwicklung des Programms zu veröffentlichen. "Natürlich schauen da auch die Konkurrenten rein", sagt Mike Beltzner, "ich bin nicht einmal böse, wenn einer unsere Ideen übernimmt." Firmenzweck ist es schließlich laut Satzung, die Benutzung des Internets für alle besser und leichter zu machen. Das ist den Firefox-Machern so gut gelungen, dass die Zahl der Menschen, die diesen Browser einsetzen, ständig steigt.

Auch Microsoft baut in die neueren Versionen seines Internet Explorers nun eine Funktion ein, die der Firefox schon lange hat, die sogenannten Tabs - Fenster innerhalb des Programms, die jeweils eine Internetseite anzeigen können. Vorteil: Der Browser muss dann nicht mehrmals gestartet werden. Auch in puncto Sicherheit war Firefox Vorreiter, bot beispielsweise bessere und leichter zu überblickende Möglichkeiten, Sicherheitseinstellungen den persönlichen Bedürfnissen anzupassen.

Auch für das sechste Jahr hat Mozilla einiges vor. Firefox 3.6, der noch in diesem Jahr erscheinen wird, soll schneller arbeiten als seine Vorgänger und besser mit dem neuen Microsoft-Betriebssystem Windows 7 zusammenarbeiten - zum Beispiel dann, wenn ein berührungsempfindlicher Bildschirm zur Verfügung steht. Mit der nächsten Version 3.7 soll dann 3-D-Grafik in Firefox Einzug halten.

Bis dahin wollen die Entwickler auch eine mobile Version des Browsers schreiben. Egal, womit man surft, mit einem Computer oder einem Handy, die Erfahrung soll überall gleich sein. Geplant ist, Informationen wie etwa Favoriten im Netz zu speichern, sodass die Nutzer immer "ihren" Browser vorfinden - gleich, wo sie ins Internet gehen.

Damit die Nutzer die Kontrolle über ihre Daten behalten, sollen diese Infos verschlüsselt werden. Die Browser der Zukunft werden es nach Beltzners Einschätzung nach weit mehr als bisher ermöglichen, Teile verschiedener Internetseiten auf einer Oberfläche anzuzeigen: "Das Web wird ein interaktiver Ort."

© SZ vom 09.11.2009/joku - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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