Führungskrise bei EADS:Airbus-Chef Streiff will hinschmeißen

In der Spitze von EADS ist es wegen der Airbus-Krise zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Da der Sanierungsplan von Airbus-Chef Christian Streiff auf Widerstände stoße, werde er den Konzern vermutlich verlassen, hieß es. Politiker in Berlin drohten EADS zudem mit dem Verlust von Rüstungsaufträgen.

Jens Flottau und Ulrich Schäfer

Es gebe Hinweise darauf, dass der Airbus-Chef das Unternehmen verlassen will, sagte ein Unternehmenskenner der Süddeutschen Zeitung. Streiff ist erst seit Juli im Amt. Er traf sich am vergangenen Wochenende offenbar mit Vertretern des Autoherstellers PSA Peugeot Citroën. Dies berichteten französische Zeitungen am Freitag.

Führungskrise bei EADS: Entmutigt: Airbus-Chef Christian Streiff.

Entmutigt: Airbus-Chef Christian Streiff.

(Foto: Foto: AFP)

Die Abgesandten von Peugeot Citroën hätten ihm die Nachfolge von Konzernchef Jean-Martin Folz angetragen. Streiff habe zunächst zugesagt. Der Airbus-Chef habe seine Zusage aber nach Gesprächen mit den beiden Vorstandschefs von EADS, Thomas Enders und Louis Gallois, zurückgezogen.

Airbus dementierte die Berichte, PSA wollte sich dazu nicht äußern.

Disput

Zuvor hatte es am Freitag voriger Woche im EADS-Aufsichtsrat einen heftigen Disput um den Sanierungsplan gegeben, den Streiff vorgelegt hatte. Streiff soll nach der Sitzung entmutigt gewesen sei, hieß es.

Das Treffen hatte zunächst kein Ergebnis gebracht und wurde am Dienstag fortgesetzt. Die Vorgänge machen deutlich, wie groß die Widerstände sind, mit denen Streiff zu kämpfen hat. Er will bis 2008 die jährlichen Kosten um zwei Milliarden Euro senken, aber auch die Strukturen und die Strategie des Unternehmens verändern.

Harte Einschnitte

Airbus musste am Dienstag einräumen, dass der A380, das größte Passagierflugzeug der Welt, zwei Jahre später als geplant auf den Markt kommt. Die Verzögerung schmälert den Gewinn des Unternehmens in den kommenden vier Jahren um 4,8 Milliarden Euro. Streiff und Enders hatten daraufhin harte Einschnitte angekündigt.

EADS-Chef Enders betonte, Streiff genieße seine volle Unterstützung. Nach einem Gespräch mit Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) am Donnerstag in Berlin versicherte Enders zudem, der Konzern werde am Standort Hamburg festhalten.

Die große Koalition in Berlin erhöhte am Freitag gleichwohl ihren Druck auf EADS. Das Unternehmen müsse bei seinem Sanierungsprogramm berücksichtigen, dass es milliardenschwere Aufträge aus Berlin bekomme. Etwa die Hälfte des jährlichen Rüstungsetats fließe an EADS, hieß es in Regierungskreisen.

Airbus-Chef Streiff will hinschmeißen

,,Die öffentliche Hand sollte gegenüber dem Unternehmen deutlich machen, dass es auch vom Geld der deutschen Steuerzahler lebt'', sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Kampeter.

So liefert EADS der Bundeswehr die Kampfflugzeuge von Typ Eurofighter, das Satellitensystem Satcom oder das Transportflugzeug A400 M. Erst vor drei Wochen erteilte die Regierung der EADS zudem einen Auftrag in Höhe von 1,3 Milliarden Euro für Masten, Antennen und Technik beim digitalen Polizeifunk.

Großes Faustpfand

In den nächsten zwölf Monaten werde der Haushaltsausschuss des Bundestags über weitere Aufträge an EADS im Umfang von drei bis vier Milliarden Euro entscheiden, erklärte Kampeter. Die Koalition dürfe ,,dieses große Faustpfand bei den Verhandlungen über die Airbus-Standorte in Deutschland nicht einfach aus der Hand geben'', forderte der CDU-Politiker.

Der haushaltspolitsche Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, sagte hierzu: ,,Jedem EADS-Manager dürfte bewusst sein, wie groß die Aufträge vom deutschen Staat sind''. Es sei deshalb gar nicht nötig, ,,hier die Keule rauszuholen''.

Noch keine endgültige Entscheidung

In einem Treffen mit dem Europäischen Betriebsrat der EADS machte Konzernchef Louis Gallois deutlich, dass über die Zukunft einzelner Werke noch keine endgültige Entscheidung getroffen sei. Nach Einschätzung der Investmentbank Goldman Sachs sollte Airbus sieben von 16 Werken verkaufen, darunter die deutschen Standorte Buxtehude, Stade, Varel und Nordenham.

,,Airbus braucht einen radikalen neuen Ansatz bei Strukturen und Kosten'', schrieb Goldman Sachs in einer Studie. ,,Das Airbus-Problem ist nicht einfach mit Kostensenkungen zu lösen. Vielmehr geht es um die Art und Weise, wie Airbus arbeitet.'' Mögliche Käufer seien der italienische Finmeccanica-Konzern oder der Finanzinvestor Carlyle.

Einjährige Ruhepause

Die Verzögerungen beim A380 haben nun auch bei wichtigen Airbus-Lieferanten zu ersten Konsequenzen geführt. Der Triebwerkshersteller Rolls-Royce kündigte an, die Produktion der Trent 900-Motoren für ein Jahr ruhen zu lassen. Entlassungen werde es deswegen aber nicht geben.

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