Frühjahrsgutachten:Ökonomen fordern niedrigere Steuern für Normalverdiener

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Wirtschaftsforscher gehen von einem anhaltenden Wirtschaftswachstum in Deutschland aus.

(Foto: Getty Images)
  • Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen sollen weniger Steuern zahlen: Das empfehlen Ökonomen in ihrem Frühjahrsgutachen der Regierung.
  • Sie schätzen, dass die deutsche Wirtschaft 2015 stärker wächst, als sie noch im Herbst geglaubt haben. Der Konsum sei dabei die wichtigste Stütze des Aufschwungs.

Von Guido Bohsem, Berlin

Der kräftige Aufschwung gibt nach Einschätzung der führenden Wirtschaftsinstitute der Bundesregierung genügend Spielraum für eine umfangreiche Steuersenkung. Der Tarif solle insbesondere im Bereich kleiner und mittlerer Einkommen leistungsfreundlicher gestaltet werden, heißt es im Frühjahresgutachten der Ökonomen, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Mit einem solchen Schritt werde der Faktor Arbeit entlastet und das Wachstumspotenzial in der Bundesrepublik dauerhaft gesteigert.

Die Institute wollen das Gutachten mit dem Titel "Kräftiger Aufschwung dank günstigem Öl und schwachem Euro" an diesem Donnerstag in Berlin vorstellen. In der etwa 92 Seiten langen Expertise gehen die Forscher von einem anhaltenden Wirtschaftswachstum aus. In diesem Jahr werde das Bruttoinlandsprodukt voraussichtlich um 2,1 Prozent steigen, schreiben die Ökonomen. Noch im Herbst waren sie von einem Wachstum in Höhe von nur 1,2 Prozent ausgegangen. Für das Jahr 2016 rechnen sie mit einer Zunahme der Wirtschaftskraft um 1,8 Prozent.

Der Konsum sei dabei die wichtigste Stütze des Aufschwungs. "Er profitiert vom Ölpreisverfall, der die Kaufkraft der Verbraucher stärkt", heißt es. Zudem würden die steigenden Löhne die Verbraucher zu höheren Ausgaben bewegen, und ferner sei die Preissteigerung mit 0,5 Prozent im laufenden und 1,3 Prozent im kommenden Jahr weiterhin sehr gering. Die Konsumausgaben würden sich aus diesen Gründen 2015 um voraussichtlich 2,5 und 2016 um weitere 1,6 Prozent erhöhen.

Die Zahl der Beschäftigten soll weiter zunehmen

Einen wesentlichen Treiber für die gute Konsumlage sehen die Forscher auch in der hervorragenden Entwicklung am Arbeitsmarkt. Die Beschäftigungsrekorde der vergangenen Jahre werden nach ihrer Einschätzung in diesem und auch im kommenden Jahr noch einmal übertroffen. Die Zahl der Beschäftigten werde im laufenden Jahr um 355 000 und im kommenden Jahr um weitere 235 000 steigen. "Bei alledem sinkt die Arbeitslosenquote weiter auf 6,43 Prozent in diesem und auf 5,9 Prozent im kommenden Jahr", heißt es.

Dennoch werde die Effizienz der deutschen Wirtschaft durch eine im internationalen Vergleich zu hohe Abgabe der Arbeitnehmer belastet. "Die Institute plädieren daher dafür, jetzt eine große Reform der Einkommensteuer anzugehen." Die Forscher sehen einen deutlichen Reformbedarf, weil die Steuerbelastung oberhalb des Grundfreibetrags besonders kräftig steigt und der Spitzensteuersatz schon bei einem jährlichen zu versteuernden Einkommen von gut 50 000 Euro greife. Dies sei ein Unterfangen, bei dem der Staat auf 25 Milliarden Euro im Jahr verzichten müsse, weshalb Einsparungen an anderer Stelle nötig seien.

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