Süddeutsche Zeitung

Frühere West-LB:Ermittlungen wegen fragwürdiger Aktiendeals der WestLB

Die frühere Landesbank von NRW soll den Fiskus betrogen haben. Die Steuer-CD, auf der die Daten auftauchen, hat das Bundesland vor einem halben Jahr selbst gekauft.

Von Klaus Ott

Die alte WestLB, die reich an Affären war, existiert schon seit Jahren nicht mehr. Aber Altlasten, die ein Fall für Ermittler sind, die gibt es nach wie vor. Nach Informationen von SZ, NDR und WDR hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ein Strafverfahren wegen fragwürdiger Aktiendeals der WestLB eingeleitet. Die frühere Landesbank von Nordrhein-Westfalen soll zusammen mit Geschäftspartnern den Fiskus betrogen haben.

Beim Handel von Aktien mit (Cum) und ohne (Ex) Dividende haben sich die WestLB und einstige Cum-Ex-Partner eine nur einmal an die Finanzämter gezahlte Kapitalertragsteuer angeblich mehrmals erstatten lassen. Zahlreiche Banken und Fonds aus dem In- und Ausland stehen unter Verdacht, auf diese Weise insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro aus der Staatskasse gestohlen zu haben. Staatsanwälte von München bis Berlin betreiben inzwischen 20 Strafverfahren wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen. Zu den Banken, die von solchen Verfahren betroffen sind, gehört nun auch die frühere WestLB.

Keine Sonderbehandlung für landeseigene Unternehmen

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat ein vorläufiges Aktenzeichen vergeben, unter dem einstige Beschäftigte der Landesbank als Beschuldigte eingetragen sind. Das endgültige Aktenzeichen soll rasch folgen, sobald feststeht, welche Abteilung bei den Strafverfolgern den Verdachtsfall WestLB bearbeitet. Dass Staatsanwälte sich der Sache annehmen, ist ganz im Sinne von Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). "Wir in Nordrhein-Westfalen verfolgen Steuerhinterziehung mit aller Konsequenz", sagt der Minister. "Dabei gibt es keine Sonderbehandlung für landeseigene Unternehmen."

Die WestLB war nach vielen Affären und Verlusten in Milliardenhöhe vor vier Jahren abgewickelt und aufgespalten worden. Einen Teil der Geschäfte übernahm die Portigon AG, die ebenfalls dem Land NRW gehört. Die Portigon betont, man werde eng mit der Staatsanwaltschaft Düsseldorf kooperieren und zur Aufklärung beitragen. Unter den Beschuldigten bei dem Strafverfahren sind dem Vernehmen nach keine Beschäftigten der Portigon.

NRW kaufte Steuer-CD mit Daten einer eigenen Landesbank

Politisch heikel ist der Fall trotzdem. Das Land NRW hat vor einem halben Jahr von einem Informanten für fünf Millionen Euro eine CD erstanden, die Daten über dubiose Cum-Ex-Deals von mehr als 100 Banken und Kapitalanlagefonds enthält. Mit dem Kauf solcher CDs will Finanzminister Walter-Borjans Steuerbetrügern das Handwerk legen. Das gilt vor allem für klassische Schwarzgeldkonten im Ausland, nun aber auch für Cum-Ex.

Auf der Fünf-Millionen-Euro-CD fanden sich auch Daten über Cum-Ex-Geschäfte der früheren WestLB, die von der Steuerfahndung Düsseldorf ausgewertet wurden. Die Steuerfahnder kamen zu dem Ergebnis, es handle sich um höchst verdächtige Deals, die weiter aufgeklärt werden müssten. Das übernimmt nun die Staatsanwaltschaft Düsseldorf, und das ist auch ganz im Sinne des Grünen-Politikers Gerhard Schick, der im Bundestag zusammen mit den Linken einen Cum-Ex-Untersuchungsausschuss initiiert hat. Schick verdächtigt die WestLB, "einer der wichtigeren Akteure bei diesen Betrügereien" gewesen zu sein. Der Grüne findet es "pikant, dass NRW erst Daten kaufen muss, um über die eigene Landesbank informiert zu sein".

Die Cum-Ex-CD enthält aufschlussreiches Material über Aktiendeals der WestLB vor knapp zehn Jahren. Das betrifft einen Zeitraum, in dem schwere Steuerdelikte noch nicht verjährt wären. Die Daten der CD ermöglichen völlig neue Einblicke über Geschäfte der WestLB mit anderen Börsen-Akteuren.

Die neuen Vorwürfe passen gewissermaßen ins Bild

Bei Cum-Ex mussten, um den Staat mit mehrmaligen Steuererstattungen betrügen zu können, mehrere Handelspartner zusammen agieren. Sie mussten dabei aber so tun, als hätten sie nichts miteinander zu schaffen. Sonst hätte der Fiskus gleich alles bemerkt.

Die Portigon hat auf der Basis von alten WestLB-Daten bereits Cum-Ex-Deals untersuchen lassen. Das Ergebnis: Man habe nichts Anstößiges gefunden. Das hat aber nicht viel zu sagen. Die Portigon konnte offenbar nur den WestLB-Teil dieser Geschäfte nachvollziehen. Die CD hingegen enthält Daten über mutmaßliche heimliche Absprachen mehrerer Cum-Ex-Akteure inklusive der WestLB zulasten des Fiskus. Das wäre dann wohl die letzte von vielen Affären.

Die Staatsbank WestLB hatte vor Jahrzehnten fragwürdige Steuersparmodelle zulasten des Staates betrieben; sie hatte auf Kosten von Bund, Land und Sparkassen Milliardenbeträge verzockt; sie hatte Flugreisen von Politikern bezahlt, und so weiter. In einem Fall war es auch um schiefgelaufene Aktiengeschäfte mit einem Verlust von Hunderten Millionen Euro gegangen, inklusive Manipulationen und Insiderhandel. Die neuen Vorwürfe passen da irgendwie dazu.

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SZ vom 13.05.2016/vit
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