Wirtschaftspolitik:Merz könnte der Richtige sein

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Wirtschaftsnah und angebotsorientiert: Friedrich Merz. (Foto: dpa)

Wer die CDU künftig anführt, bestimmt die Richtung. Die Sympathien der Wirtschaft liegen bei Friedrich Merz. Gut so, aber er muss umdenken.

Kommentar von Marc Beise

Politik interessiert die Menschen nicht mehr, Politiker schon gar nicht? Heißt es häufig, stimmt aber nicht. Es muss nur das Angebot stimmen, dann wächst auch wieder Nachfrage. So wie jetzt in der Kanzlerin-Partei CDU, die der Agonie verfallen zu sein schien, interessant nur noch für die eigenen Funktionäre. Kaum aber ist dort ein ernsthafter Streit um die künftige Führung der Partei und vielleicht des Landes entbrannt, ist die CDU auch wieder allgemein Thema. Anerkannt wird, dass es einmal nicht nur um persönliche Eitelkeiten geht, sondern auch um die Sache, um Kompetenz und Richtung. Bei der Frage, welcher Kandidat oder welche Kandidatin zu bevorzugen ist, diskutiert das Land mit - wie schön das endlich wieder ist!

Dabei wird in Wirtschaftskreisen besonders der Wettkampf zwischen dem früheren Spitzenmann Friedrich Merz und der Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer beobachtet. Es ist nicht überraschend, dass viele Sympathien bei Merz liegen. Sie gilt als wirtschaftspolitisch eher "links", er ist wirtschaftsnah und angebotsorientiert: Merz will, dass Unternehmen prosperieren, und dass allgemeines Wachstum Möglichkeiten zum sozialen Ausgleich schafft. Bei Angela Merkel lief es unter dem Einfluss des Koalitionspartners SPD zunehmend umgekehrt: erst der Ausbau des Sozialstaates, der dann hoffentlich die Wirtschaftskraft des Landes nicht schädigt - das war der Grundton des Regierungshandelns. Eine hervorragende Konjunktur sorgte dafür, dass dieses Konzept im Großen und Ganzen funktionierte.

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Es ist aber kaum zu erwarten, dass das so bleibt angesichts der drei kommenden Megatrends: Deutschlands Demografie verändert sich gerade dramatisch, immer mehr alte Menschen müssen von immer weniger jungen Menschen versorgt werden. Der internationale Wettbewerb wird härter, die Vormachtstellung der deutschen Unternehmen im Ausland bröckelt. Und die wirklich rasant fortschreitende Digitalisierung verändert die Spielregeln der Wirtschaft grundlegend. Wer da nicht überlegt, wie er Wirtschaft stärkt statt schwächt, wie er Innovationskraft fördert und neue Unternehmen und Unternehmer pusht, wie er die weltweiten Finanzströme nach Deutschland lenken kann statt daran vorbei, der hat schon verloren.

Friedrich Merz darf man das zutrauen, er war zuletzt in dieser Welt zuhause und kennt die Umstände, allerdings konzentrieren sich viele seiner Anhänger darauf, dass er doch bitte dort weitermachen möge, wo er als CDU/CSU-Fraktionsvorsitzender 2002 nach dem Sturz durch Angela Merkel aufhören musste: mit dem Fokus auf der Stärkung der Unternehmen, der Förderung der Leistungsbereitschaft der Menschen, mit der Forderung nach weniger Steuern und Abgaben und mehr Freiraum für den Einzelnen. Das wird heute von vielen als neoliberal verunglimpft, es ist aber erst recht im Zeitalter von Start-ups und neuer Technik gefragter denn je.

Allerdings: Nur ein "Weiter so" wie 2002 wäre dramatisch falsch. Das würde übersehen, dass sich die Welt im vergangenen Jahrzehnt gewaltig verändert hat, mehr als in den gleichen Zeiträumen zuvor. Die Wandel in Produktion und Arbeit, mangelnde Produktivität, aber Höhenflüge an den Börsen, der Siegeszug der Internetfirmen, dies und anderes spaltet die Gesellschaft: in jene Menschen, die eher in der "alten" Welt tätig sind und bestenfalls ordentlich verdienen, und jene, die als Akteure und Aktionäre ihr Geld in der Finanzwelt mehren - von jenen, die das Tempo nicht mehr mithalten können oder wollen, ganz zu schweigen. Das schafft sozialen Sprengstoff, den auch ein Wirtschaftsliberaler nicht ignorieren darf.

© SZ vom 13.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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