"Freikaufaktion":Politiker empört über Einstellung des Mannesmann-Verfahrens

Politiker und Juristen haben die Einstellung des Mannesmann-Verfahrens als "Freikaufaktion" für Deutsche-Bank-Chef Ackermann und seine Mitangeklagten kritisiert. Der Richter dagegen verteidigt seine Entscheidung und die Höhe der Geldauflagen.

Mit scharfer Kritik haben Politiker am Mittwoch auf die Einstellung des Mannesmann-Prozesses reagiert. Der rechtspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Jerzy Montag, sagte, jeder Otto Normalbürger bekomme bei Straftaten mit einigen tausend Euro Schaden die volle Härte des Gesetzes zu spüren, ,,nicht so aber Ackermann & Co.''

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer kritisierte: ,,So wie solche Freikaufaktionen auf das Rechtsgefühl der Bürger wirken, wirken sie auch auf mich.''

Nach Auffassung des Vorsitzenden der bayerischen SPD-Landtagsfraktion, Franz Maget, könnte die Einstellung des Verfahrens dem Ansehen der Demokratie in Deutschland schaden. ,,Die von dem Düsseldorfer Landgericht festgesetzte Geldbuße stellt für einen Menschen in der Einkommensklasse des Herrn Ackermann in der Tat nichts anderes dar als die berühmt-berüchtigten Peanuts'', sagte Maget.

Anträge von Verteidigung und Staatsanwaltschaft

Zuvor hatte das Landgericht Düsseldorf den Anträgen von Verteidigung und Staatsanwaltschaft auf Einstellung des Strafverfahrens zugestimmt.

Der angeklagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann soll eine Geldauflage von 3,2 Millionen Euro zahlen, Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser kommt mit 1,5 Millionen Euro davon, der einstige Aufsichtsratsvorsitzende Joachim Funk mit einer Million und Ex-Gewerkschafter Klaus Zwickel mit 60.000 Euro.

Insgesamt müssen die sechs Angeklagten 5,8 Millionen Euro zahlen. 60 Prozent davon gehen an die Staatskasse, der Rest an gemeinnützige Einrichtungen, ordnete der Vorsitzende Richter Stefan Drees an.

Freisprüche aufgehoben

Damit ist der Prozess um die Millionenprämien nach fast drei Jahren endgültig zu Ende. Im Kern ging es um Abfindungen und Boni in Höhe von 60 Millionen Euro, die das Aufsichtsratspräsidium von Mannesmann im Frühjahr 2000 nach der Übernahme durch Vodafone an Führungskräfte des Konzerns verteilt hatte. Die Freisprüche aus dem ersten Strafprozess hatte der Bundesgerichtshof im vergangenen Dezember aufgehoben.

Den Vorwurf, die Angeklagten hätten sich ,,freigekauft'', wies Drees am Mittwoch zurück. Der Paragraph in der Strafprozessordnung, der die Einstellung regelt, sei ,,keine Vorschrift, die Reiche begünstigt''.

Politiker empört über Einstellung des Mannesmann-Verfahrens

Im Jahr 2003 seien von deutschen Gerichten 126.174 Verfahren gegen Auflagen eingestellt worden. ,,Es bedarf keiner näheren Darlegung, dass die in diesen Fällen Angeklagten ganz überwiegend nicht über besonders hohe Einkünfte oder Vermögen verfügten'', stellte Drees klar.

Mit Blick auf das Gleichheitsgebot im Grundgesetz müsse diese Chance aber auch ,,begüterten Angeklagten'' zur Verfügung stehen.

"Überdurchschnittliche Belastung"

Drees wies darauf hin, dass die Angeklagten durch den Prozess ,,und das überragende öffentliche Interesse'' über eine lange Zeit hinweg ,,einer überdurchschnittlichen Belastung ausgesetzt'' waren. Der Ausgang des Verfahrens sei zudem offen gewesen.

Bislang stand weder fest, ob die Angeklagten rein vom äußeren Ablauf her eine Untreue begangen noch ob sie vorsätzlich gehandelt haben. Da es aber einige Punkte gab, die in jedem Fall zugunsten der Angeklagten sprachen, hätte ihnen ohnehin wohl nur eine Geldstrafe gedroht. Diese aber, stellte Drees klar, wäre auf höchstens 3,6 Millionen Euro begrenzt gewesen. Denn das Strafgesetzbuch lasse maximal eine Geldstrafe von 720 Tagessätzen zu 5.000 Euro zu.

"Geltendes Recht"

Ackermann liegt mit seinen 3,2 Millionen Euro also nur knapp darunter. Die gesetzliche Begrenzung des Tagessatzes auf 5000 Euro ,,mag angesichts der heute erzielten Spitzenverdienste unverständlich erscheinen; sie ist aber geltendes Recht'', sagte Drees.

Die Deutsche Bank sah sich durch die Entscheidung des Gerichts in ihrer Auffassung bestätigt, dass Ackermann bei der Gewährung der Prämien korrekt gehandelt habe. Durch die Einstellung werde die Bank von einem Verfahren entlastet, dessen Dauer andernfalls nicht abzusehen war.

Der Aufsichtsrat bedankte sich demonstrativ bei Ackermann, der ,,die Einstellung durch die Annahme einer Geldauflage ermöglicht'' habe. Analysten sehen Ackermanns Position in der Bank gestärkt.

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