Süddeutsche Zeitung

USA:Freie Bahn für Obamas Freihandel

  • US-Präsident Barack Obama erhält vom Kongress ein weitgehendes Mandat für Verhandlungen über Freihandelsabkommen.
  • Obama erhielt dabei Unterstützung aus dem republikanischen Lager. Der linke Flügel der Demokraten steht dem Freihandel dagegen skeptisch gegenüber.
  • Damit kann das transpazifische Freihandelsabkommen TPP noch in Obamas Amtszeit in Kraft treten. Für TTIP wird das wohl nicht mehr gelingen.
  • Ein Abschluss von TPP könnte den Druck auf Europa erhöhen, mit TTIP ebenfalls zu einem Ergebnis zu kommen.

Von Nikolaus Piper und Claus Hulverscheidt, Washington

Durchbruch für Barack Obama: Nach langem Tauziehen hat der US-Kongress den Präsidenten mit dem Mandat ausgestattet, ohne parlamentarische Querschüsse umfassende Freihandelsverträge mit einer Reihe asiatischer Staaten sowie der Europäischen Union (EU) auszuhandeln.

Nach dem Repräsentantenhaus stimmte am späten Mittwochabend auch der Senat der sogenannten Trade Promotion Authority (TPA) zu. Der Kongress verzichtet damit auf sein Recht, bereits ausgehandelte Verträge am Ende wieder zerpflücken zu dürfen. Stattdessen können die Abgeordneten die Vereinbarungen am Ende nur vollständig annehmen oder ablehnen.

Republikaner ebnen Obama den Weg

Wie schon im Repräsentantenhaus waren es auch im Senat die Republikaner, die dem demokratischen Präsidenten am Ende den Weg ebneten. 60 Senatoren stimmten für die TPA, 38 dagegen. Damit wurde einmal mehr offensichtlich, dass Obamas Demokraten in der Frage gespalten sind.

Die Abstimmung im Senat hat mit den Inhalten der einzelnen Handelsabkommen direkt noch nichts zu tun. Weder die Trans-Pacific Partnership (TPP) mit zehn Nationen auf beiden Seiten des Pazifik, noch die Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) mit der Europäischen Union standen selbst zur Debatte.

Trotzdem ist die TPA, die auch fast track (Überholspur) genannt wird, unabdingbare Voraussetzung für den Abschluss beider Abkommen. Hätten nämlich die Abgeordneten auf ihrem Recht bestanden, Handelsverträge Stück für Stück auseinanderzunehmen, einzelne Paragrafen zu billigen und andere zu verwerfen, hätte Obama seine Partner in Asien und Europa kaum für solche Abkommen gewinnen können.

Einwände vom linken Flügel der Demokraten

Die Bedeutung der Entscheidung vom Mittwoch ist daher kaum zu überschätzen, nicht nur ökonomisch, sondern auch politisch. Schließlich sind Fälle, in denen über die Parteigrenzen hinweg entschieden wird, in Washington höchst selten geworden. Allerdings dürfte es den Republikanern ganz recht gewesen sein, dass sie in diesem Fall nicht nur ausnahmsweise in der Sache mit Obama einig sind, sondern auch die Gespaltenheit der Demokraten offenlegen konnten. Widerstand gegen Freihandelsverträge gibt es allerdings auf dem rechten Flügel der Republikaner.

Die schärfsten Einwände aber kommen vom linken Flügel der Demokraten. Die gewerkschaftsnahen Senatoren fürchten, dass Freihandel amerikanische Arbeitsplätze kosten wird. Zeitweise sah es so aus, als würde Obamas Handelsprogramm am Widerstand der eigenen Leute scheitern. Besonders der Führer der Demokraten im Senat, Harry Reid, gilt als entschiedener Freihandelsgegner. Der Wind drehte sich erst, als das republikanisch dominierte Repräsentantenhaus Obama stützte.

Folgen hat die Entscheidung zunächst für das TPP-Abkommen

Die Republikaner im Senat bedienten sich bei ihrer Hilfe für den Präsidenten eines Tricks: Sie trennten die Abstimmung über TPA von einem Votum über Hilfen für Arbeiter, die wegen der ausländischen Konkurrenz ihren Job verlieren. Das erleichterte ihnen selbst die Zustimmung.

Darum geht es im Transpazifischen Abkommen (TPP)

Zwölf Pazifik-Anrainerstaaten verhandeln derzeit über einen Freihandelsvertrag (USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Mexiko, Chile, Peru, Brunei, Malaysia, Singapur, Vietnam und Japan). Umstrittene Themen sind dabei Arbeitnehmerrechte (Verbot von Gewerkschaften in Vietnam), Zölle, Patentregeln, aber auch die Investitionsschutzklauseln und die fehlende Transparenz bei Verhandlungen. Zahlreiche US-Prominente haben Washington aufgerufen, den Wal- und Delfinfang Japans zu thematisieren. Washington und Tokio streiten derzeit tatsächlich - allerdings über Zölle in verschiedenen Industrien.

Folgen hat das Ja des Senats zunächst für das TPP-Abkommen, an dem sich neben den USA und Kanada Länder wie Chile, Australien, Indonesien, Japan und Korea beteiligen sollen. Obama betrachtet die wirtschaftliche Verflechtung der USA mit dem pazifischen Raum als Teil des Erbes seiner Präsidentschaft. TPP könnte noch in diesem Jahr unterzeichnet werden.

Die Europäer könnten unter Druck geraten

Das in Deutschland besonders umstrittene Abkommen TTIP wird während Obamas Amtszeit so gut wie sicher nicht mehr in Kraft treten, es ist einfach noch nicht weit genug verhandelt. Trotzdem ist der Beschluss des Senats auch für TTIP relevant. Das vom Senat erteilte Mandat gilt für sechs Jahre, es könnte also nach 2016 auch von Obamas Nachfolger oder Nachfolgerin genutzt werden.

Sollte TPP abgeschlossen werden, gerieten die Europäer unter Druck. Sie müssen fürchten, ohne TTIP an den Rand gedrängt zu werden, wenn die Standards für die Weltwirtschaft zunehmend zwischen den Pazifik-Anrainerstaaten ausgemacht würden.

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SZ vom 25.06.2015/hgn/cmy
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