Frauenquote:"Das ist ein Meilenstein für die Frauen in Deutschland"

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Bislang gab es nur eine Frauenquote für Aufsichtsräte. Das neue Gesetz geht weiter.

(Foto: imago stock&people)

Der Bundestag entscheidet über ein Gesetz für mehr Topmanagerinnen. Nur wenige Unternehmen sind betroffen, trotzdem feiert die Justizministerin die Reform als Erfolg.

Von Kathrin Werner

Lange sah es so aus, als würde aus dieser Idee nie ein Gesetzesentwurf. Jahre vergingen. Dann entstand der Eindruck, dass aus dem Gesetzesentwurf nie ein Gesetz würde. Ein weiteres Jahr verging. Am Freitag aber soll der Bundestag trotz Blockade, Streits und Missverständnissen ein Gesetz für mehr Frauen in Führungspositionen verabschieden. Die Mehrheit gilt als sicher. Das Gesetz zwingt börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen mit mindestens drei Vorstandsmitgliedern dazu, mindestens eine Frau im Vorstand zu haben. Der nächste frei werdende Posten muss mit einer Frau besetzt werden, wenn es noch keine Vorständin gibt.

64 Unternehmen betrifft die Regelung derzeit, nicht sehr viele also, und 42 davon erfüllen sie schon. Die Mitinitiatorin des Gesetzes, Justizministerin Christine Lambrecht, feiert es trotzdem als Erfolg: "Das ist ein Meilenstein für die Frauen in Deutschland und bietet gleichzeitig eine große Chance sowohl für die Gesellschaft als auch für die Unternehmen selbst", sagt die SPD-Politikerin. Derzeit gebe es in den Vorständen immer noch häufig "reine Männerclubs, die gern unter sich bleiben".

Die Zahl der Männerclubs ist allerdings bereits deutlich geschrumpft - offenbar haben die Unternehmen im vorauseilenden Gehorsam reagiert. Vor Bekanntwerden der Einigung von Union und SPD im Herbst 2020 waren es nur 34 Unternehmen, die die Vorgabe erfüllten. Anfang Juni 2021 waren es also acht mehr, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer Studie berechnet, die der Süddeutschen Zeitung vorab vorliegt. Das DIW nennt "Antizipationseffekte" als Ursache. Für so einen Zuwachs brauchte es vorher sechs Jahre. "Allein die Diskussion um das Gesetz hat so einen Druck aufgebaut, dass die Unternehmen gehandelt haben", sagt Katharina Wrohlich vom DIW, die auch Professorin für Öffentliche Finanzen, Gender- und Familienökonomie an der Universität Potsdam ist.

Die Zahl der Unternehmen mit Vorständinnen ist deutlicher schneller gestiegen bei den Unternehmen aus den Indizes Dax, MDax, SDax und TecDax, die unter das Gesetz fallen, als bei denen, deren Vorstände zum Beispiel so klein sind, dass sie um die Frauenquote herumkommen. Viele der Unternehmen, die eine Frau in den bisherigen Männerclub-Vorstand beriefen, haben das Gremium um einen weiteren Posten erweitert, Bayer, Infineon und Südzucker zum Beispiel. Weil die Unternehmen so viele Vorständinnen beriefen, stieg auch der Frauenanteil im Vorstand unter den vom Gesetz betroffenen Firmen rasant: von knapp zwölf Prozent im Herbst auf nun 16 Prozent.

Bislang gab es nur eine Frauenquote für Aufsichtsräte, das neue Gesetz geht weiter. Weil es nur so wenige Unternehmen betrifft und es keine feste Quote gibt, sondern eine einzige Frau ausreicht, wurde es viel kritisiert. "Man sollte es aber auch nicht kleinreden", sagt Wrohlich. "Schließlich hieß es jahrelang, so ein Gesetz können wir überhaupt nicht haben, weil es einen zu großen Eingriff in die unternehmerische Freiheit bedeuten würde."

Die DIW-Forscherin erwartet, dass die Vorständinnen-Verpflichtung Auswirkungen nicht nur auf das Topmanagement, sondern auf die gesamte Unternehmenskultur hat. "Die Unternehmen sind gezwungen, sich anzustrengen, um den Pool an geeigneten qualifizierten Frauen im eigenen Haus zu vergrößern und sie zum Beispiel in die Ebene unter dem Vorstand zu befördern", sagt Wrohlich. Das wirke sich dann auf die Ebene darunter aus - und so weiter. "Man kann natürlich auch von außerhalb Frauen rekrutieren, aber auf diese wird es einen großen Run geben."

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