Frauenförderung:Streit um die Lücke

Schlappe für Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD): Die deutschen Unternehmerinnen lehnen in einer Umfrage das von Schwesig geplante Lohngerechtigkeitsgesetz mehrheitlich ab.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Mehr Frauen in hoch bezahlte Führungspositionen? Ja, bitte. Aber das Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit? Nein, danke. Das ist ein Ergebnis der "Unternehmerinnenumfrage 2016", die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. An der Umfrage, die der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) jedes Jahr mit der Deutschen Bank vorlegt, haben sich rund 300 Arbeitgeberinnen beteiligt, also gut jedes fünfte Mitglied des Verbands. Die Umfrage ist nicht repräsentativ, gibt aber Einblicke in Interessenskonflikte weiblicher Führungskräfte, die sich mehr Frauen im Management wünschen, staatliche Eingriffe in Unternehmen aber ablehnen.

Neben der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die in der Umfrage überwiegend positiv bewertet wird, wurden die Unternehmerinnen nach dem geplanten Lohngerechtigkeitsgesetz gefragt. Mit ihm will Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern verkleinern. Sie liegt unbereinigt bei 21 Prozent, je nach Rechenmethode auch bei sieben bis zwei Prozent. Schwesigs Gesetzesentwurf sieht vor, dass Arbeitnehmerinnen auf Wunsch mitgeteilt werden muss, ob sie weniger verdienen als männliche Kollegen in gleichwertiger Position. Ist das der Fall und nicht begründbar, steht der Frau mehr Gehalt zu. Weigert sich der Arbeitgeber, drohen keine Sanktionen. Die Arbeitnehmerin kann aber klagen, mit deutlich besseren Chancen als bisher.

Das geplante Gesetz sei marktfern und mittelstandsfeindlich

Laut Umfrage des VdU akzeptierten nur wenige Unternehmerinnen die Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern, sagte VdU-Präsidentin Stephanie Bschorr. "80 Prozent von uns sehen hier Handlungsbedarf." Wer die Lohnlücke analysiere, stelle aber fest, dass eine wesentliche Ursache die Berufswahl von Frauen sei, die sich oft für "Niedriglohnbranchen" wie Altenpflege entscheiden und selten für Natur- oder Ingenieurwissenschaften. Wichtig sei auch ein "ganz schneller Wiedereinstieg nach dem Kinderkriegen". Babypausen von mehr als einem Jahr senkten die Chance auf Führungspositionen erheblich. Ziehe man diese Faktoren ab, bleibe eine Lohnlücke von zwei bis vier Prozent. Mit einem gesetzlichen Auskunftsanspruch aber sei sie nicht zu schließen. "Wir gehen massiv auf Distanz", sagte Bschorr. Das geplante Gesetz sei "marktfern und mittelstandsfeindlich". Statt saatlicher Intervention sei mehr "unternehmensinterne Kommunikation" nötig. Wie die Lohnlücke restlos zu schließen sei, wisse sie allerdings auch nicht, räumte Bschorr ein.

53 Prozent der befragten Unternehmerinnen sehen im geplanten Gesetz eine Chance, versteckte Ungleichbewertung der Leistungen von Männern und Frauen aufzudecken. 52 Prozent aber befürchten negative Folgen für den Betriebsfrieden, ebenso viele eine Einschränkung unternehmerischer Freiheit. 46 Prozent erwarten mehr bürokratischen Aufwand und 41 Prozent geringe Effekte auf die Entgeltdifferenz. Mit der Familienpolitik der Bundesregierung sind nur 32 Prozent zufrieden. 38 Prozent finden, Unternehmertum und Elternschaft seien "besonders gut vereinbar".

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