Frauen im Mittelstand:Sie sind lieber angestellt, als Chefin zu sein

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  • Nur noch 15,4 Prozent der mittelständischen Betriebe werden von einer Frau geleitet. Im Rekordjahr 2013 waren das noch 19,4 Prozent.
  • Vielen Frauen erscheint es bei der guten Konjunktur attraktiver, als Angestellte zu arbeiten statt als Selbständige zusätzliche Risiken einzugehen.

Von Felicitas Wilke

Die Ingenieurin Larissa Zeichhardt macht beim Berliner Unternehmen LAT in Bahn- und Sicherheitstechnik, im Südharz backt Marie-Theres Mund in ihren "Ländlichen Kaffeestuben" jeden Tag bis zu 25 Torten. Was beide eint: Sie gehören zu den Frauen, die in Deutschland ein kleines oder mittleres Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 500 Millionen Euro führen. Davon gibt es immer weniger. Eine Studie der Förderbank KfW zeigt, dass im Jahr 2017 nur 15,4 Prozent der mittelständischen Betriebe einer Frau gehörte oder von ihr als Geschäftsführerin geleitet wurde. Im Jahr zuvor waren es noch 16,4 Prozent gewesen, im Rekordjahr 2013 sogar 19,4 Prozent.

Das liegt auch daran, dass die Menschen in Deutschland in den vergangenen Jahren generell weniger Unternehmen gegründet haben. Im Januar waren in Deutschland nur 2,4 Millionen Menschen arbeitslos. Vielen Männern und Frauen erscheint es bei der guten Konjunktur attraktiver, als Angestellte zu arbeiten statt sich als Selbständige aufzureiben und zusätzliche Risiken einzugehen. Allerdings sank der Anteil der Gründerinnen sowohl absolut als auch relativ. Warum also gründen immer weniger Frauen - und warum stehen sie auch als Nachfolgerinnen oder Geschäftsführerinnen vergleichsweise selten an der Spitze?

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Die Aufgabenteilung in Familien ist ein Grund, glaubt Claudia Große-Leege, Geschäftsführerin beim Verband deutscher Unternehmerinnen. Wenn eine junge Frau mit Familie die Wahl hat, entweder die familieneigene Firma zu übernehmen oder eine gut bezahlte und zeitlich überschaubare Position als Angestellte anzutreten, "dann wird sie sich derzeit vermutlich eher für zweites entscheiden", sagt sie. Elternzeit, schrittweiser Wiedereinstieg, Teilzeit: Als Chefin eines mittelständischen Unternehmens kann man von all diesen Regelungen nicht wirklich profitieren, eine Pause ist kaum drin. Wenn die Wirtschaft brummt und der Arbeitsmarkt qualifizierten Frauen attraktive Alternativen bietet, dann nutzen sie diese.

Doch das sei nicht alles. Gerade im Westen Deutschlands mangele es Frauen bis heute an Vorbildern an der Spitze von Unternehmen. "Alte Rollenbilder sind noch immer tief verankert", sagt Große-Leege. So falle es Frauen oft schwerer, ihre Geschäftsidee zu finanzieren, weil auf Seite der Kapitalgeber nur Männer die Entscheidungen treffen - und zwar seltener zugunsten der Gründerinnen. Studien zeigen, dass Männer bei Risikokapitalgebern als "jung und vielversprechend" gelten, Frauen hingegen als "jung, aber unerfahren".

Wenn Frauen, warum auch immer, jetzt nicht gründen, dann fehlten sie auch künftig als wagniserprobte Chefinnen, befürchtet die KfW. "Auf das Potenzial von Frauen in Führung werden wir zukünftig nicht verzichten können", sagt Jörg Zeuner, der Chefvolkswirt der Förderbank. Geht es nach ihm, dann gebe es noch "Luft nach oben", um Beruf und Familie in Deutschland besser zu vereinbaren.

Claudia Große-Leege findet, dass es mit Kinderbetreuung allein nicht getan ist. Sie will, dass öffentliche Institutionen ihre Aufträge vermehrt in die Hände von weiblich geführten Beratungen, Agenturen oder Cateringfirmen geben. "Außerdem sollte es Gründerinnen erleichtert werden, an Kapital zu kommen - zum Beispiel über Quotenregelungen." Ein Wunsch, den sie auch an die Adresse der finanzierenden Banken richtet.

© SZ vom 01.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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