Frankreich:Hollande entgleitet Kontrolle über Staatsschulden

Lesezeit: 2 min

Steht wegen seinem Regierungsstil in der Kritik: Frankreichs Präsident François Hollande. (Foto: AFP)

Viel Mühe mit wenig Effekt: Die französische Regierung will bei Staat, Gemeinden und Sozialkassen Milliarden einsparen, die Bürger müssen noch mehr Steuern zahlen. Trotzdem steuert das Land auf eine Rekordverschuldung zu. Den Sozialisten von Präsident Hollande droht ein Debakel.

Von Stefan Ulrich

Mit einem Mix aus Sparmaßnahmen und Steuermehreinnahmen möchte Frankreichs Regierung unter Präsident François Hollande die öffentlichen Finanzen sanieren. Dennoch werden die Gesamtschulden Frankreichs im kommenden Jahr weiter steigen und Ende 2014 einen Rekordstand von 95,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Das geht aus dem Haushaltsentwurf 2014 hervor, der am Mittwoch in Paris vorgestellt wurde.

Die Regierung plant Einsparungen bei Staat, Gemeinden und Sozialkassen in Höhe von 15 Milliarden Euro. Außerdem will sie drei Milliarden Euro mehr einnehmen, indem sie Steuervergünstigungen abbaut und Abgaben erhöht. Während Unternehmen insgesamt entlastet werden, müssen die Bürger noch mehr Steuern zahlen. All diese Maßnahmen bremsen die Neuverschuldung jedoch lediglich leicht ab.

Hollande sagte im Ministerrat, dieses Budget werde für die Rückkehr von Wachstum und Beschäftigung sorgen. Zugleich werde das Haushaltsdefizit reduziert. Hauptziel seiner Präsidentschaft bleibe der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Daran wolle er gemessen werden. Finanzminister Pierre Moscovici sagte, die Sparanstrengungen seien "historisch". Außerdem kritisierte er in der Zeitung Le Monde, die Rechte habe den Sozialisten "dramatische Staatsfinanzen" hinterlassen.

Schlechte Zahlen, mieses Image

Wegen der schlechten Wirtschaftslage hat die EU-Kommission Frankreich bis 2015 Zeit gegeben, um die Neuverschuldung unter die EU-Obergrenze von 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken. Dieses Jahr wird die Neuverschuldung nach Berechnungen der Regierung 4,1 Prozent betragen. 2014 soll sie dank der Sparmaßnahmen auf 3,6 Prozent sinken. Die Regierung geht dabei von einem Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent im kommenden Jahr aus. Viele Wirtschaftsexperten halten das für optimistisch.

Hollande hatte bei seinem Amtsantritt mit einem deutlich stärkeren Wachstum in Frankreich gerechnet und darauf seine Politik aufgebaut. Er hoffte, dank einer besseren Konjunktur weniger Schulden aufnehmen und mehr Jobs schaffen zu können. Doch die unter hohen Abgaben und geringer internationaler Konkurrenzfähigkeit leidende Wirtschaft stagniert. Die Arbeitslosenzahlen stiegen lange Zeit Monat für Monat. Erst im August ging die Zahl nach mehr als zwei Jahren wieder zurück. Sie sank im Vergleich zum Vormonat um 50 000 auf 3,23 Millionen, wie das Arbeitsministerium am Mittwochabend mitteilte. Das sei aber noch keine Trendwende, sagte Arbeitsminister Michel Sapin.

Die Zahlen tragen ebenso zu Hollandes miesem Image bei wie sein Regierungsstil. Auch Anhänger klagen, er lasse keine klare Linie erkennen. Die Sozialisten werden nervös, weil 2014 Kommunal- und Europawahlen anstehen. Den Sozialisten droht ein Debakel. Davon könnte nicht nur die bürgerliche UMP profitieren, sondern auch der extreme Front National. Premierminister Jean-Marc Ayrault warnt seine Sozialisten vor einer "konservativen Revolution" und der "Rückkehr der reaktionären Rechten".

© SZ vom 26.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: