Foursquare und Co: Geschäft Geodaten:Wir wissen, wo du bist

Freiwillig veröffentlichen Millionen Menschen im Netz, wo sie sich gerade aufhalten. Nun will auch Facebook in das Geschäft mit Geodaten einsteigen.

Johannes Kuhn

Wenn sich Mark Zuckerberg und Dennis Crowley treffen, horcht die Branche auf: Am vergangenen Wochenende, so berichtet das US-Technologieblog Techcrunch, habe der 25-jährige Facebook-Chef Zuckerberg den neun Jahre älteren Foursquare-Gründer Crowley in New York besucht.

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Foursquare und Co: Sie alle wollen wissen, wo wir sind. Wenn der Nutzer einwilligt, ist dies per GPS-Ortung reibungslos möglich.

(Foto: Grafik: sueddeutsche.de)

Dabei dürfte es um mehr als einen netten Plausch unter Jungunternehmern gegangen sein. Crowley gilt als Aufsteiger der Stunde: Bei seinem Geodienst Foursquare offenbaren Nutzer über das Smartphone ihren Aufenthaltsort, um Freunde oder das gesamte Internet über ihr Treiben zu informieren oder virtuelle Ehrentitel wie "Bürgermeister der Stammkneipe" zu ergattern.

Die Sichtbarkeit ihrer echten Spuren auf virtuellen Landkarten stört die Nutzer offenbar kaum: Innerhalb weniger Monate haben sich nach Foursquare-Angaben eine Million Menschen angemeldet. Zuckerberg, der gerade sein Freundschaftsimperium Facebook ausbaut und es über omnipräsente "Like"-Knöpfe noch enger mit dem Web verknüpft, wird bereits länger ein Interesse an einer solchen Funktion nachgesagt.

Die Preisgabe der Daten ist freiwillig

Vor dem Treffen der beiden war dann auch durchgesickert, dass Facebook in den kommenden Wochen die Integration von Geodaten plane - ein Gerücht, dass das Unternehmen bestätigte, nachdem wiederum Techcrunch im Code der Facebook-Mobilversion ein Feld für die Angabe des aktuellen Aufenthaltsortes gefunden hatte.

Ortsbasierte Dienste gelten als die Zauberformel, um im mobilen Internet Geld zu verdienen. Die Ortung von Handys per GPS bietet die technischen Voraussetzungen; wer einen Nutzer dazu bringt, per Tastendruck seinen aktuellen Standort zu verraten, erhält nicht nur Informationen über dessen Vorlieben, sondern kann diesem auch direkt Werbung von Geschäften oder Restaurants in der Gegend anbieten.

Werbung, die am richtigen Ort auf den Kunden trifft, ist ein langgehegter Traum aller Marketing-Manager. "Wir haben immer nach dem nächsten großen Ding Ausschau gehalten, das nicht plötzlich verschwunden ist, sondern das Kundenverhalten neu belebt," jubilierte jüngst Chris Fuller, der bei der Restaurantkette Pizza Hut für den Einsatz neuer Medien verantwortlich ist, "ortsbasierte Dienste scheinen genau das zu sein."

Ein Feld mit Milliardenpotential

Das Analysehaus Juniper Research rechnet damit, dass bis 2014 der Umsatz solcher Dienste weltweit auf 12,7 Milliarden Dollar steigen wird. Entsprechend umkämpft ist der Markt: Neben Foursquare buhlen noch Unternehmen wie Gowalla, Booyah (MyTown.com), Loopt oder Plancast um die Ortsmarken der Nutzer. Google hat mit Latitude und der Mobilversion des Kontaktnetzwerks Buzz Geodaten längst auf der Rechnung, auch Twitter-Nutzer können längst sogenannte Geotags an ihre Botschaften heften.

Facebook und Google haben allerdings deutliche Vorteile gegenüber den kleineren Firmen, da sie die Geodaten mit weiteren Informationen verknüpfen können. Bei Google können Handynutzer bei einer Suche nach einer Turnschuhmarke die Anzeige eines Sportladens um die Ecke sehen, der das passende Modell vorrätig hat. Sobald derselbe Nutzer auf Facebook seinen Standort freigibt, könnte ihm der entsprechende Sportladen jedoch eine ganze Reihe von Produkten empfehlen - aufgrund der im Profil sichtbaren Vorlieben.

Vision vom gläsernen Bürger

Bereits vor einigen Monaten hatte Facebook in den Datenschutzrichtlinien die Grundlage für den Einstieg in die Welt des Raumes gelegt: Standortinformationen, heißt es dort, würden "wie alle anderen von dir geposteten Inhalte" behandelt, die Privatsphären-Einstellungen werden also übernommen.

Ob Facebook allerdings nun mit einem eigenen Geodienst an den Start geht, Foursquare per Kooperation integriert oder das Unternehmen sogar aufkauft, ist unklar - aus dem Gespräch der beiden Unternehmer drang nichts nach außen. Jüngst hatte auch Yahoo Interesse an Crowleys Firma bekundet, dessen Wert auf 80 Millionen Dollar geschätzt wird.

So oder so: Sollte Facebook nur einen Bruchteil seiner mehr als 400 Millionen Nutzer dazu bringen, dem Unternehmen neben ihren Vorlieben auch noch ihre Standortinformationen mitzuteilen, dürfte es der perfekt individualisierten Werbung einen weiteren Schritt näher kommen. Doch ganz nebenbei, so merken Kritiker an, wird damit auch die Vision vom gläsernen Bürger Realität. Ohne Zwang, sondern völlig freiwillig.

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