Süddeutsche Zeitung

Forum:Flüchtlinge sollen Beitrag leisten

Lesezeit: 3 min

Wer Schlepperei und Armutsmigration verhindern will, muss den Weg nach Europa teurer machen.

Von David Stadelmann

Die Flüchtlingsströme in wirtschaftlich erfolgreiche Länder Europas reißen nicht ab. Da Armut und Krieg, die fundamentalen Ursachen der Flucht, in naher Zukunft nicht zu beseitigen sind, werden nach dem Winter neue Menschenmassen versuchen, die EU-Außengrenzen zu überqueren. Dabei nehmen die Flüchtlinge enorme Risiken in Kauf. Meeresüberquerungen forderten bereits Tausende Tote, und der Landweg ist ebenfalls nicht ungefährlich. Die Profiteure sind Schlepper, die den Transport organisieren und das menschliche Elend ausnutzen. Ihnen muss effektiv das Handwerk gelegt werden.

Bei den Risiken und Kosten der Flucht stellt sich die Frage, warum die Flüchtlinge nicht über den Luftweg nach Europa kommen. Während die Preise der Schlepper für eine unsichere und allzu oft tödliche Fahrt mehrere tausend Euro betragen, bewegen sich Flugpreise von den Flüchtlingsdestinationen nach Frankfurt oder München im Bereich weniger hundert Euro. Flüchtlinge nach Genfer Konvention hätten sogar das Recht, ohne Visum mit dem Flugzeug nach Europa einzureisen.

Eine europäische Direktive gegen illegale Immigration sieht allerdings vor, dass die Fluglinien sämtliche Kosten der Rückführung übernehmen müssen, sofern die von ihnen transportierten Flüchtlinge kein Asyl erhalten. Die staatliche Aufgabe der Überprüfung und der Festlegung des Flüchtlingsstatus wird dadurch der Schaltermitarbeiterin am Check-in übertragen, die diese verständlicherweise nicht übernehmen kann und nicht übernehmen soll. In der Praxis bedeutet die Umsetzung dieser Direktive, dass Menschen ohne gültige Einreisepapiere von den Fluglinien einfach nicht mitgenommen werden, egal, ob gültiges Ticket oder nicht. Ohne Angebot von sicheren Flügen organisieren Schlepper zu sehr hohen Preisen dann doch einen Transport zum Zielort, Menschen ertrinken im Meer. Die Flüchtlinge selbst fragen dabei die Leistungen der Schlepper nach, da sie ihr Leben verbessern wollen oder die Gefahren in ihren Herkunftsländern noch schlimmer sind als jene der Flucht. Wenn Menschen vor dem Leid auf Fluchtwegen verschont werden sollen, muss Schlepperei bekämpft werden.

Ein effektiver Weg ist dabei, legale und sichere Möglichkeiten der Einreise nach Europa anzubieten. Zur selben Zeit ist zu gewährleisten, dass die Empfängerländer nicht von Armutsflüchtlingen überrannt werden. Beides ist möglich und machbar: Die Kosten der Schlepperei müssen systematisch durch gezielte Polizeimaßnahmen erhöht werden. Gleichzeitig wird ein Integrationsbeitrag benötigt, der von allen Einwanderungswilligen vor der Einreise zu bezahlen ist. Im Gegenzug können Flüchtlinge gefahrlos mit dem von ihnen bevorzugten Transportmittel, zumeist wohl mit dem Flugzeug, einreisen.

Mit dem Geld könnten Integrationskurse bezahlt werden und geordnete Verfahren

Eine Kostenerhöhung der von Schleppern angebotenen Leistungen ist zentral, um reine Armutsmigration einzudämmen. Das Angebot der Schlepper wird effektiv durch Kooperationen mit Transitländern verteuert. Spanien weist dabei für gemeinsame maritime Kontrollen zusammen mit Marokko einen gangbaren Weg, und natürlich muss mit Polizeikräften der Transitländer zusammengearbeitet werden. Schlecht bezahlte Polizeieinheiten haben kein Interesse daran, die Schlepper zu stoppen.

Gleichzeitig wird allen Einreisewilligen erlaubt, auf legalem Weg nach Europa zu kommen und hier Asyl zu beantragen, sofern vorab ein Integrationsbeitrag geleistet wird. Dieser sollte dabei etwas unter den nun erhöhten Schlepperkosten liegen, die für eine risikoreiche Überfahrt verlangt werden, und er sollte den Vorteilen einer sicheren Einreise einen Preis geben. Dadurch würde die Nachfrage nach Schlepperei zusammenbrechen, aber die Empfängerländer würden nicht überrannt.

Der Integrationsbeitrag erlaubt nicht nur die sichere, menschenwürdige Einreise und beendet das von Schleppern verursachte Leid. Das eingenommene Geld kann für Berufsausbildung, Sprachkurse und Integrationsmaßnahmen verwendet werden. Es kommt zu keiner Überforderung der einheimischen Bevölkerung, da die Flüchtlinge selbst einen Beitrag zahlen.

Außerdem fördert der Integrationsbeitrag auch die Integrationswilligkeit der Flüchtlinge und stellt einen Leistungsanspruch an die Empfängerländer dar, Flüchtlinge mit echten Asylchancen ordentlich zu versorgen und Verfahren schnell abzuschließen. Wenn Immigranten kein Asyl erhalten, deckt der Integrationsbeitrag Teile der Rückführungskosten. Der Integrationsbeitrag hat auch eine positive Selektionswirkung, da vor allem jene Flüchtlinge kommen, die wirklich Chancen auf Asyl haben. Reine Armutsmigration aus Drittstaaten wird eingedämmt, sodass die Gesamtzahl an Flüchtlingen reduziert werden kann. Dies ist besonders wichtig, da in Zukunft immer schwieriger zwischen echten Asylsuchenden und Armutsflüchtlingen zu unterscheiden sein wird, aufgrund klimabedingter Wanderungen oder regional beschränkten Konflikten und Terrorismus.

Der Integrationsbeitrag stellt alle Akteure im Flüchtlingsdrama besser, mit Ausnahme der Schlepper. Die Flüchtlinge erhalten eine sichere Einreisemöglichkeit und ein geordnetes Verfahren. Niemand stirbt mehr auf dem Fluchtweg, und niemand muss sich skrupellosen Schleppern anvertrauen. Die Integrationsbehörden bekommen monetäre Unterstützung, Integrationsmaßnahmen können einfacher bereitgestellt werden, ohne die einheimische Bevölkerung an die Grenzen ihrer Hilfsbereitschaft zu bringen. Es ist weithin bekannt, dass die Ärmsten bereits heute ohne finanzielle Unterstützung nicht fliehen. Sie können sich die Kosten der Schlepper bereits jetzt nicht leisten und wenn doch, dann sind genau die Schwächsten unter ihnen, nämlich Frauen und Kinder, zu oft im Unterdeck der maroden Boote.

Der Integrationsbeitrag ist eine faire und realistische Lösung eines bedeutenden Teils der Flüchtlingsproblematik. Er kann flexibel angepasst werden, womit er ein Steuerungsinstrument für die Migration darstellt. Im Gegensatz zu Quotenregelungen ist er administrativ einfach und bringt gewisse Einnahmen. Starre Quoten sind bürokratisch, teuer, schließen echte Asylsuchende bei Erfüllung der Quote aus und lösen die Probleme der Integration nicht.

Wenn Menschen aus den Gefahren der Schlepperei gerettet werden sollen und die einheimische Bevölkerung durch Massenimmigration nicht überlastet werden soll, ist ein Integrationsbeitrag, der von den Flüchtlingen selbst getragen wird, der richtige Weg nach vorne.

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Quelle:
SZ vom 11.01.2016
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