Forstwirtschaft - Gera:Giftdusche für den Wald: Kampf gegen Schwammspinnerraupen

Deutschland
Eine Raupe des Schwammspinners ist auf einem Blatt der Roteiche zu sehen. Foto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/ZB/Symbolbild (Foto: dpa)

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Gera (dpa/th) - Die Raupen des Schwammspinners krabbeln wieder, auch in Geraer Vorgärten. "Seit Ostern sind sie unterwegs und in Gärten und an Häusern zu finden", berichtete der Bürgermeister des Ortsteils Liebschwitz, Christian Hollandmoritz, am Mittwoch. Das weckt Erinnerungen an Bilder aus dem vergangenen Jahr, als eine massenhafte Raupeninvasion viele Anwohner verzweifeln ließ. Abhilfe soll nun eine Giftdusche für den angrenzenden Eichenwald bringen. Begeistert sei er davon nicht, betonte Hollandmoritz. Aber es sei "eine notwendige Aktion", da eine neuerliche Massenvermehrung mit anderen Mitteln offensichtlich nicht verhindert werden konnte.

"Das ist das letzte Mittel, um den Wald zu retten", erklärte der Leiter des Forstamtes Weida, Karsten Schröder. In seiner Region seien etwa 80 Hektar Wald stark von den gefräßigen Schwammspinnerraupen (Lymantria dispar ) betroffen. Auf knapp der Hälfte davon wurde am Mittwoch per Hubschrauber das Insektizid Mimic versprüht. Die anderen Wälder hätten wegen vorgeschriebener Abstände zu anderen Flächen nicht einbezogen werden können.

Schröder räumte ein, dass das Mittel auch Nebenwirkungen für andere Raupen habe. Den Bäumen setzten die Raupen des Schwammspinners aber zusätzlich zum Trockenstress der vergangenen Jahre erheblich zu. Bei einem erneuten Kahlfraß könnten sie deswegen absterben, mahnte der Förster. Damit würden neben den Bäumen an sich auch andere Funktionen des Waldes als Erosionsschutz und als Wasserspeicher verloren gehen. Zudem seien solch steinige Südhanglagen wie in Gera-Liebschwitz sehr schwierig wieder aufzuforsten, wenn der Wald einmal abgestorben sei.

Um den umstrittenen Einsatz von Insektengift im Wald zu vermeiden, waren Anfang Februar Hunderte Freiwillige rund um Liebschwitz ausgeschwärmt und hatten Gelege per Hand aufgesammelt. "Das hat sehr viel gebracht - vor allem am Waldrand", betonte Schröder. "Aber nicht für den gesamten Wald." So dürfte die Aktion für die Anwohner dennoch etwas Linderung gebracht haben, zumal das Gift nur mit deutlichem Abstand zu den Wohngrundstücken ausgebracht werden darf und damit ein 25 Meter breiter unbehandelter Waldstreifen bleibt. Voriges Jahr waren die Raupen in Liebschwitz zuhauf bis an Hausfassaden und gar durch offene Fenster und Türen gekrabbelt.

Schon am Dienstag war der Hubschrauber in anderen Regionen Thüringens unterwegs, um das Insektizid zu versprühen - in den Gegenden um Heldburg, Sondershausen und Gotha. Insgesamt spricht Thüringenforst von einer Fläche von 190 Hektar. Die Kosten dafür werden größtenteils vom Land getragen, 5 Prozent wird auf die Waldbesitzer umgelegt. Das seien etwa 10 bis 20 Euro pro Hektar, erläuterte Schröder.

Umweltschützer haben den Chemieeinsatz im Wald kritisiert. Geras Umweltamtsleiter Konrad Nickschick betonte, dass es in der Stadt nicht um Flächen gehe, die unter Schutz stünden. Und ohne Pflanzenschutz sei der Wald in Liebschwitz nicht überlebensfähig, warnte er. Erhebungen hätte gezeigt, dass es derzeit sogar noch mehr Raupen gebe als vor einem Jahr. Nickschick: "Die Raupen sind unterwegs und breiten sich aus." Entsprechende Meldungen gebe es inzwischen auch aus anderen Ortsteilen.

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