Formel 1:Schmutzige Wäsche bei Henkel - Streit mit Daimler

Waschmittelhersteller Henkel streitet mit Mercedes um einen Millionen-Vertrag für die Formel 1. Auslöser: Ein mutmaßlicher Betrüger.

M. König

Statt "Warten aufs Christkind" heißt es in Stuttgart-Sindelfingen dieser Tage: "Warten auf Schumacher": Angeblich soll der siebenfache Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher beim neuen Rennstall Mercedes GP ein Cockpit übernehmen. Der Vertrag sei unterschriftsreif, heißt es aus der Gerüchteküche, nur eine ärztliche Untersuchung fehle noch. Schumi-Fans träumen bereits vom achten WM-Triumph des einstigen Dominators - in einem Silberpfeil.

Formel 1, Mercedes GP, Brawn, Sponsoring Henkel; Getty

Der Formel-1-Rennstall Mercedes GP, vormals Brawn GP, pocht auf die Erfüllung eines Sponsoringvertrages mit Henkel.

(Foto: Foto: Getty)

Billig dürfte dieser Deal für Mercedes nicht werden. Schumacher war als Ferrari-Pilot stets der Topverdiener der Branche - fünf Millionen Euro Jahresgage werden nun, da der fast 41-Jährige sein Rentnerdasein zu beenden gedenkt, als realistisch erachtet. Vor diesem Hintergrund dürfte es die Stuttgarter Strategen von Mercedes im Daimler-Konzern nicht erfreut haben, dass ein millionenschwerer Sponsoringvertrag vor Saisonbeginn zu platzen droht.

Laut Informationen des Handelsblattes hatte der Henkel-Konzern quasi zugesagt, Mercedes GP mit 30 Millionen Euro zu unterstützen - bei einer Vertragslaufzeit von drei Jahren hätte der Nachfolge-Rennstall des Weltmeister-Teams Brawn GP mit 90 Millionen Euro rechnen können. Selbst in der glitzernden Welt der PS-Monster und Boxenluder ist das eine gewaltige Summe.

Doch der Konsumgüterriese Henkel ("Persil") will den Vertrag nicht erfüllen. Der Grund: Er sei von einem Mitarbeiter ohne Wissen des Vorstands geschlossen worden.

Der Fall, der nun die Staatsanwaltschaft Düsseldorf beschäftigt, liest sich wie das Drehbuch eines Wirtschaftskrimis. Danach hat hat der ehemalige Leiter der Sponsoring-Aktivitäten im Henkel-Konzern, Kai von B., die Führung des damaligen Brawn-GP-Rennstalls am 15. Juni 2009 in die Henkel-Zentrale eingeladen.

Die Gäste dürften mit einigem Selbstbewusstsein nach Düsseldorf gereist sein: Der Brawn-Pilot und spätere Weltmeister Jenson Button hatte zuvor drei Rennen in Folge gewonnen.

Am 31. Juli sollen sich die Parteien einig geworden sein. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Düsseldorf unterschrieben Brawn GP und die Firma "European Racing Events" einen Vertrag über drei Jahre und 90 Millionen Euro. Kai von B. habe eine "Garantieerklärung" unterzeichnet, wonach Henkel für diese Summe aufkommen werde, sagte Staatsanwalt Johannes Mocken zu sueddeutsche.de.

Zu diesem Zeitpunkt war der Manager allerdings schon seit eineinhalb Jahren in eine Affäre verstrickt, die ihm Millionen eingebracht haben soll - an den Bilanzbüchern des Konzerns vorbei. Gemeinsam mit einem Komplizen habe er sich auf Henkel-Briefpapier eine Vollmacht erteilt, um im Namen des Konzerns Forderungen zu verkaufen und Sponsoring-Aktivitäten zu koordinieren, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.

Der Manager soll offene Forderungen des Henkel-Konzerns im Wert von 45 Millionen Euro an Factoring-Firmen verkauft haben. Etwa elf Millionen Euro dieser Summe sollen verschwunden sein.

Als sich Monate nach dem Vertragsabschluss zwischen Henkel und Brawn GP die Anzeichen für einen Einstieg des Daimler-Konzerns beim Weltmeister-Team verdichteten, sei Kai von B. nervös geworden. Er habe Brawn berichtet, dass ein solcher Schritt bei Henkel angeblich für Unmut sorge. Der Deal sei deshalb gefährdet.

Der Manager unterschätzte offenbar, welch engen Draht die Vorstandsvorsitzenden zweier Dax-Konzerne mitunter haben: Daimler-Chef Dieter Zetsche soll, nachdem Brawn ihn über die Entwicklung informiert hatte, einfach direkt bei Henkel-Chef Kaspar Rorsted angerufen haben. Als Rorsted angab, er wisse nichts von einem Formel-1-Sponsoring, sei der Betrug aufgeflogen. Kai von B. habe am 19. Oktober Selbstanzeige erstattet und bei Henkel gekündigt, um seiner Entlassung zuvorzukommen.

Henkel will die 90 Millionen Euro nicht bezahlen, Daimler nicht auf das Geld verzichten. "Alle unsere Verträge durchlaufen einen präzisen Prüfungsprozess", heißt es bei dem Automobilhersteller. Dieser Prozess hat offenbar ergeben, dass der Vertrag gültig ist. Henkel war für sueddeutsche.de nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Vielleicht kann die Verpflichtung Michael Schumachers dazu beitragen, dass sich die Konzerne gütlich einigen: Ein siebenfacher Weltmeister stünde wohl dem Hersteller der Silberpfeile ebenso gut zu Gesicht wie den Machern des Weißen Riesen.

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