Forderungen an Russland:Das 50-Milliarden-Dollar-Problem

Den Haag Schiedsgericht ISDS TTIP Yukos

Von den 50 Milliarden Dollar Schadenersatz, die Russland nach einem Urteil des Ständigen Schiedsgerichts in Den Haag enteigneten Aktionären des ehemaligen Ölkonzerns Yukos zahlen sollte, ist bei den Aktionären bis heute nichts angekommen.

(Foto: Guus Shoonewille/dpa)

Es war der teuerste Schiedsspruch der Wirtschaftsgeschichte, doch von den 50 Milliarden Dollar, die dem Ölkonzern Yukos zugesprochen wurden, haben die Aktionäre noch nichts gesehen.

Von Florian Hassel

Es war der teuerste Schiedsspruch der Wirtschaftsgeschichte: Nach neun Jahren Verfahrensdauer verurteilte ein Tribunal des Ständigen Schiedsgerichts in Den Haag (PCA) Russland am 18. Juli 2014, enteigneten Aktionären des ehemaligen Ölkonzerns Yukos gut 50 Milliarden Dollar Schadenersatz zu zahlen. Knapp vier Jahre später haben sie freilich noch keinen Cent bekommen: Ein anderes Gericht - ein Bezirksgericht in Den Haag - hob den Schiedsspruch mit der Begründung auf, das Ständige Schiedsgericht sei überhaupt nicht zuständig gewesen.

Anders als ukrainische Firmen, die nun wegen Enteignungen auf der Krim klagen, genießen die ehemaligen Yukos-Aktionäre nicht den Schutz eines zwischenstaatlichen Abkommens. Stattdessen berufen sie sich auf die Energiecharta - ein internationales Abkommen zum Schutz milliardenschwerer Investitionen von Öl- und anderen Energiefirmen in anderen Ländern. Doch am 20. April 2016 folgte ein Den Haager Bezirksgericht der Moskauer Argumentation: Russland habe die Energiecharta zwar unterschrieben, aber das russische Parlament den Vertrag nie ratifiziert. Die Charta binde Russland so nicht, folglich sei auch die Berufung der Yukos-Aktionäre auf die Charta hinfällig.

Die ehemaligen Yukos-Aktionäre haben gegen dieses Urteil ihrerseits am 13. März 2017 beim Berufungsgericht in Den Haag geklagt. Ihr Hauptargument: In allen anderen Fällen habe Russland trotz der fehlenden Ratifizierung durch sein Parlament sehr wohl zugestimmt, die Energiecharta zur Lösung strittiger Fragen anzuwenden und weder tatsächlich noch potenzielle Investoren je gewarnt, dass die Energiecharta nicht zur Lösung von Streitfragen akzeptiert werde.

Wann die Haager Berufungsrichter entscheiden, ist offen. "Wir haben auch ein Jahr nach unserer Berufung noch kein Datum für eine Verhandlung", sagt Jonathan Hill, der Sprecher der früheren Yukos-Aktionäre. "Russland hat im November 2017 auf unsere Berufung geantwortet, doch vor der eigentlichen Verhandlung ist noch ein Hearing zu inzwischen aufgetauchten prozessualen Fragen notwendig. Dieses findet möglicherweise Mitte Juni statt. Doch wenn wir vom bisherigen Verlauf ausgehen, dürfte in der Sache selbst nicht vor dem ersten Halbjahr 2019 entschieden werden."

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