Ford-Chef:Mit dem Lincoln gegen die Deutschen

Mit teuren Fahrzeugen sahnen die deutschen Autohersteller in den USA ab. Jetzt will Ford-Chef Alan Mulally Audi, BMW und Daimler mit dem Lincoln Konkurrenz machen. Mit Audio-Slideshow.

Thomas Fromm

Der US-Autobauer Ford will mit seiner angeschlagenen Konzernmarke Lincoln den Rivalen Audi, BMW und Daimler Kunden in den USA abjagen. "Wir haben lange Zeit viel Geld in andere Marken investiert, die wir heute nicht mehr haben", sagte Ford-Chef Alan Mulally der Süddeutschen Zeitung. "Jetzt können wir uns bei Premiumautos ganz auf Lincoln konzentrieren." Zuletzt verkaufte der Hersteller gerade noch 50.000 Fahrzeuge der Marke - dies soll sich nun ändern.

"Ich glaube, dass wir die Marke wieder richtig gut aufbauen können", sagte Mulally. Der Hersteller, der als einziger der drei großen amerikanischen Autobauer auf Staatshilfen verzichtete und sich mit Hilfe von Bankkrediten über die Krise rettete, hat in den vergangenen Monaten seine Marken Volvo, Jaguar, Landrover und Aston Martin verkauft; die US-Traditionsmarke Mercury wurde Ende des Jahres ganz vom Markt genommen. Geblieben sind von den Marken nur noch Ford und der Premiumwagen Lincoln.

Lincoln für alle

In den USA hatte die Marke zuletzt gegenüber den deutschen Herstellern an Marktanteilen eingebüßt - nicht nur hier will Mulally nun angreifen. "Wir sehen überall auf der Welt Potential für Lincoln und prüfen auch, ihn woanders zu produzieren, etwa in China." Mulally sieht seinen Konzern nach der Krise gestärkt. Schon im vergangenen Jahr hatte Ford wieder einen Milliardengewinn eingefahren, nachdem im Jahr zuvor ein Milliardenverlust anfiel. Ford profitiert dabei auch von seinem Image: Der angeschlagene Rivale Chrysler ist längst beim italienischen Autobauer Fiat untergekommen; General Motors musste mit 50 Milliarden Dollar Staatshilfe aufgepäppelt werden, in den USA wird der Konzern in Anspielung auf seinen Namen seitdem "Government Motors" genannt.

"Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir keine Insolvenz anmelden mussten und ohne staatliche Hilfen auskommen", so Mulally. "Das ist heute gut für unsere Modellpolitik, aber auch für unser Image beim Käufer. Der weiß, dass wir aus eigener Kraft zurückgekommen sind." Früher als seine US-Rivalen hatte Ford erkannt, dass auch mit kleineren Autos großes Geld zu verdienen ist und startete eine Kleinwagenoffensive. Die Regel, wonach nur mit großen Autos große Renditen zu verdienen seien, gelte nicht mehr, so Mulally.

Markt für kleine Fahrzeuge ist riesig

Eine Schlüsselrolle spiele dabei Ford Europa - den kleinen Ford Fiesta und den Kompaktwagen Focus will der ehemalige Boeing-Manager in den nächsten zwei Jahren auf den US-Markt bringen. Wollen US-Kunden kleinere Wagen? "Natürlich", sagt Mulally. "Sie brauchen nur die richtigen Autos im Angebot." Der Anteil von Kompaktwagen am US-Markt werde in den nächsten Jahren massiv steigen, prophezeit der Manager. Ein steigender Marktanteil Fords könnte dort auch auf Kosten von Volkswagen gehen. Ob das Ziel der Wolfsburger, bis 2018 größter Hersteller der Welt zu werden, aufgeht, dürfte sich nicht zuletzt auch in den USA entscheiden.

Mit der strategischen Bedeutung der Kleinwagen werde Ford noch internationaler. "Der Markt für kleinere Autos wächst und ist riesig, und mit dem Ford Fiesta und dem Focus wird auch der Standort Köln künftig weiter gestärkt", so Mulally. Dazu passte, was die US-Handelskammer in Deutschland am Donnerstag mitteilte: Ford ist mit Erlösen von 17 Milliarden Euro das umsatzstärkste US-Unternehmen in Deutschland.

In der Heimat dagegen setzt Mulally auf eine strenge Sparpolitik: An die 40000 Mitarbeitern bot der Hersteller in den vergangenen Monaten Abfindungen an; die Beschäftigten erhalten neben Bargeld auch einen Auto-Gutschein im Wert von 25000 Dollar. Mulally muss Kredite von weit über 20 Milliarden Euro bedienen und gleichzeitig seine Produktoffensive finanzieren - allein für die Entwicklung neuer Hybrid- und Elektroantriebe sind Milliardeninvestitionen fällig. "Ich habe mit den Schulden kein Problem, wir zahlen sie zurück und investieren den Kredit in unsere Strategie", sagt Mulally. Genau hier liegt das Problem: Die Rechnung geht nur auf, wenn es bei Ford auch künftig weiter aufwärts geht. Sollte der Absatz ins Stocken geraten, wird es zumindest nicht einfacher, die Kredite abzuzahlen und den Plan umzusetzen.

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