Autonomes Fahren:Wenn sich das Auto selbst abschleppt

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Der Pick-up F-150, hier in der elektrisch angetriebenen Version: Wer die Raten nicht bezahlen kann, dem könnte der Wagen wieder abhandenkommen, wenn es nach den Plänen des Autobauers Ford geht. (Foto: Mark Phelan/imago/ZUMA Wire)

Der Käufer zahlt seine Raten nicht? Kein Problem, dann fährt das Auto eben autonom zum Abschleppdienst - oder zum Schrottplatz. Klingt komisch? Will sich Ford aber wirklich patentieren lassen.

Von Helmut Martin-Jung

Zum Beispiel der F-150. Der Pick-up-Truck von Ford ist in den USA sehr beliebt. Die wenigsten Amerikaner müssen zwar in ihrem Leben eine tote Kuh transportieren, aber man könnte. Neu gibt es das riesige Auto schon für unter 40 000 Dollar. Wer die nicht hat, schließt einen Kredit ab. Aber was, wenn es irgendwann schwerfällt, die Raten zu bezahlen? Dann kommt es im schlimmsten Fall zur Repossession, zu Deutsch: Wiederinbesitznahme. Will heißen: Der Kreditgeber holt sich die Karre.

Dass dies öfter zu unschönen Szenen führt, liegt auf der Hand. Der Autohersteller Ford hat deshalb mit einem Patentantrag schon mal für eine Zukunft vorgebaut, in der moderne Technik die Streitereien mit der Abschleppfirma elegant umgehen könnte. Die Bordcomputer der Autos sollen dem Patentantrag zufolge dergestalt erweitert werden, dass sich der Wagen darüber aus der Ferne übernehmen lässt.

Zunächst aber kann die Bank die säumigen Zahler darauf hinweisen, dass sie doch bitte ihre Raten zahlen möchten. Langandauernde, nervende Warntöne plus entsprechender Meldung auf dem Display können dazugehören. Aber auch Maßnahmen wie das Abschalten der Klimaanlage, des Unterhaltungssystems oder dass sich der Wagen nicht mehr per Funkfernbedienung auf- und zusperren lässt und die Besitzer wie früher mit dem Schlüssel im Schloss herumfummeln müssen.

All das schränkt zunächst nur die Bequemlichkeit ein. Fruchtet auch das nichts, hält sich der Autohersteller die Möglichkeit offen, das Auto gleich ganz abzuschließen - außer es handelt sich um einen medizinischen Notfall. Dazu soll über eine Verbindung zu einer medizinischen Notfalleinrichtung abgeklärt werden, ob das Auto dafür - und nur dafür - freigegeben werden kann.

Bereit machen für den Abschleppwagen

Die höchste Eskalationsstufe ist erreicht, wenn die Autobesitzer überhaupt nicht auf mehrere Warnungen reagieren. Dann könnte das Auto abgeschleppt werden. Und weil Ford weiß, dass das nicht immer so einfach ist, etwa wenn das Auto auf einem privaten Grundstück steht, haben sie auch dafür eine Lösung parat. In einem solchen Fall könnten die Funktionen zum automatischen Fahren aus der Ferne genutzt werden. Ferngesteuert würde das Auto dann vom Grundstück fahren, damit es vom Abschleppwagen zur Verwahrstation transportiert werden kann. Oder es könnte an eine Stelle fahren, an der sich das Personal des Abschleppautos leichter tut.

Wer jetzt schon mal nervös auf den Kontostand guckt, darf sich beruhigt zurücklehnen. So schnell wird es nichts werden mit der Selbstabschleppung von Autos. Ford hatte das Patent schon 2021 beantragt, veröffentlicht wurde dieser Antrag nun Ende Februar 2023. In der Zwischenzeit hat sich immer deutlicher gezeigt, dass es noch ein Weilchen dauern könnte mit der autonomen Fahrerei. Ein Start-up, das Technik für selbstfahrende Autos entwickelte und in das Ford und VW viel Geld gesteckt hatten, hat im Oktober 2022 angekündigt, den Betrieb einzustellen.

Völlig illusorisch ist die Sache dennoch nicht. In Berlin beispielsweise arbeitet das Start-up Vay daran, Mietwagen von professionellen Fahrern zum Kunden bringen zu lassen - per Fernsteuerung. Die ersten fahren bereits in Hamburg.

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