Fondsmanager-Legende Mark Mobius:"Fragen Sie mal Madonna"

Templeton-Fondsmanager Mark Mobius über die Chancen, die die Finanzkrise für Anleger bietet - und warum ihn die Lage der Banken an Madonna erinnert.

Harald Freiberger

Der Mann ist Legende. Mark Mobius, 72, war einer der ersten, der die Anlagechancen in Schwellenländern erkannt hat. 1969 gründete er ein Wirtschaftsanalyse-Institut in Hongkong. Heute lebt er in Singapur. Als Chef des Emerging-Markets-Teams der Fondsgesellschaft Templeton verwaltet er mehr als 30 Milliarden Dollar.

Mark Mobius

Mark Mobius

(Foto: Foto: Templeton)

SZ: Herr Mobius, wie schlafen Sie zur Zeit?

Mobius: Oh, ich schlafe sehr gut, wenn auch wenig. Unsere Kunden wollen mit uns reden. Wir müssen uns zeigen.

SZ: Was wollen die Kunden wissen?

Mobius: Sie fragen, wie sicher ihr Geld ist, ob die Aktien noch weiter fallen.

SZ: Und was antworten Sie?

Mobius: Dass die Aktien durchaus noch weiter fallen können, aber dass man jetzt trotzdem einsteigen soll. Das Preisniveau der Aktien ist lächerlich niedrig. Jeder rennt zur Tür und flüchtet in Cash. Der Trend geht in Richtung Panik. Aber das gibt uns als langfristigen und wertorientierten Investor die Möglichkeit, günstig einzukaufen.

SZ: Die Börsen schwanken so wild wie nie zuvor. Meinen Sie nicht, dass die Lage etwas unsicher ist, um einzusteigen?

Mobius: Man sollte vielleicht nicht gleich mit seinem ganzen Geld in Aktien gehen, aber auf Raten durchaus.

SZ: Wenn ich Ihnen 100.000 Euro hinlege, wie würden Sie die anlegen?

Mobius: 80.000 in Emerging-Market-Fonds, also vor allem die Bric-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China, dazu 20.000 Euro in einen Frontier-Market-Fonds, das sind Aktien aus aufstrebenden Ländern, die mittelfristig zu den Schwellenmärkten aufschließen. Und nicht alles auf einmal anlegen, sondern jeden Monat ein Zehntel, so dass der Einstieg über zehn Monate verteilt ist.

SZ: Man fühlt sich an 2001 erinnert, als es einen Crash auf Raten gab, der zwei Jahre anhielt. Da rieten die Experten nach Einbrüchen auch zum Einstieg, und dann ging's immer weiter bergab.

Mobius: Wenn Anleger danach fünf Jahre drin geblieben sind, sind sie heute trotzdem gut im Plus. Man darf von Aktien nicht erwarten, dass man nach einem Jahr Gewinne macht, sondern braucht einen Horizont von mindestens fünf Jahren.

SZ: Sie klingen so entspannt. Sehen Sie überhaupt eine Krise?

Mobius: Doch, es gibt eine massive Konjunkturkrise, uns steht eine Rezession bevor, möglicherweise sogar eine Depression. Aber es ist keine Aktienkrise, sondern eine Bankenkrise. Die Banken vertrauen sich nicht, deshalb stockt der Geldfluss. Die Auswirkungen sind fatal, denn wenn ich meiner Bank nicht trauen kann, wem soll ich dann noch trauen?

SZ: Vielleicht Ihrer Frau.

Mobius: Fragen Sie mal Madonna.

SZ: Sie meinen, weil Madonna Ihren Mann mit einem muskulösen Baseballspieler betrogen haben soll und die beiden sich jetzt scheiden lassen? Ja, die Welt ist schlecht. Aber wie konnte es überhaupt zu einer solchen Vertrauenskrise kommen, ich meine jetzt, was die Banken anbetrifft?

Mobius: Die amerikanische Regierung hat zu langsam gehandelt. Es war ein großer Fehler, Lehman pleitegehen zu lassen. Das hat die Unsicherheit der Menschen massiv verstärkt, weil sie sich sagten: Wenn eine so große Bank pleite gehen kann, dann kann es auch meine Bank treffen. Am besten haben Irland und kurz England reagiert, die schnell für alle Spareinlagen Garantien gaben.

SZ: Was muss geschehen, damit das Vertrauen zurückkehrt?

Mobius: Der US-Staat muss für alle Zahlungen zwischen Banken garantieren, die Zinsen um ein bis zwei Prozentpunkte senken und dafür sorgen, dass die Immobilienbesitzer ihr Haus behalten können, etwa indem er die Kredite um 20 bis 30 Prozent herabsetzt und die Zahlung streckt. Nur dann wird bei den Amerikanern die Zuversicht zurückkehren und sie werden wieder konsumieren, was für die Wirtschaft enorm wichtig ist.

SZ: Der Staat muss sich dafür extrem verschulden. Verlagert man damit das Problem nicht in die Zukunft?

Mobius: Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Man tut jetzt etwas, oder man tut nichts, dann bricht alles zusammen, es wird ein Desaster. Wenn das Vertrauen zurückgekehrt und die Wirtschaft wieder angekurbelt ist, kann man anfangen, die Schulden zu verringern. Aber nicht jetzt. Es wird wieder aufwärtsgehen, es ist noch immer aufwärtsgegangen.

SZ: Und was muss sich langfristig an den Kapitalmärkten ändern?

Mobius: Es müssen wieder Regeln gefunden werden. Was in den letzten Jahren geschah, war so, wie wenn man Fußball ohne Regeln spielt; da regiert das Gesetz des Dschungels, da gibt es am Ende Tote. Das Problem war, dass Investmentbanker an den Aktienmärkten den Ton angaben, sie setzten maximale Freiheit für sich durch.

SZ: Wie lässt sich das in den Griff kriegen?

Mobius: Wir brauchen eine klare Trennung zwischen Investment und Spekulation, also zwischen Anlegern, die langfristig denken, und solchen, die auf den schnellen Gewinn aus sind. Das heißt, dass auf dem Aktienmarkt für normale Anleger solche Übel wie Short Selling verboten werden müssen, also die Spekulation auf fallende Kurse von Aktien, die man gar nicht besitzt.

SZ: Würden Sie dann noch besser schlafen?

Mobius: Nicht besser, aber vielleicht länger. Im Übrigen bin ich zurzeit überhaupt nicht nervös. Unzufrieden bin ich immer, wenn die Kurse weit oben sind, weil ich dann weiß, dass es gefährlich ist. Und wir können dann nicht Cash halten, weil alle erwarten, dass wir die Chancen an den Aktienmärkten nutzen. Dabei sind die Chancen, die Aktien bieten, in Crashphasen viel größer als in Boomphasen. Es gibt gerade eine Menge billiger Aktien auf dem Markt, deshalb bin ich ruhig und hoffe, dass auch meine Kunden ruhig bleiben. Es geht wieder aufwärts, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

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