Fonds:Die Schweden dürfen wählen

Die Bürger des Landes können Geld in insgesamt 850 Fonds stecken - oder in den Staatsfonds.

Von Silke Bigalke, Stockholm

Wer in Schweden arbeitet, erhält jedes Jahr einen orangen Umschlag mit vier Seiten Papier darin. Es ist eine Aufstellung darüber, wie viel Rente man bisher angespart hat - im vergangenen Jahr und im bisherigen Berufsleben insgesamt. Das Rentenversicherungsamt führt für jeden Beschäftigten quasi ein Konto, das sich umso mehr füllt, je länger man arbeitet. Wie lange das ist, entscheidet jeder selbst. Ab einem Alter von 61 Jahren kann man sich die Rente auszahlen lassen oder weiterarbeiten. Bis 67 Jahre hat man ein Recht darauf, im Unternehmen zu bleiben. Wenn der Chef einverstanden ist geht es auch noch ein paar Jahre länger.

Der orange Brief ist eine Entscheidungshilfe. Die erste Seite ist eine Übersicht darüber, wie viel man voraussichtlich im Monat erhält, wenn man mit 61, 65 oder 70 Jahren in Rente geht. Die gesetzliche Rente setzt sich dabei aus zwei Teilen zusammen: Der größere Teil ist die traditionelle, umlagefinanzierte Rente, in die jeder 16 Prozent seines Bruttogehalts einzahlt. Der kleinere Teil, in den 2,5 Prozent des Einkommens fließen, ist die "Prämienrente", eine kapitalgedeckte Altersvorsorge.

Ein oranger Brief vom Amt klärt regelmäßig darüber auf, wie viel Geld man im Alter haben wird

Die Schweden dürfen selbst entscheiden, wie sie das Geld für die "Prämienrente" anlegen möchten, etwa 850 Fonds stehen derzeit zur Auswahl. Die zweite Seite im orangen Brief gibt Überblick über den Wert der eigenen Anteile und die Gebühren, die man für die einzelnen Fonds zahlt. Im Schnitt liegen diese laut Rentenversicherungsamt bei 0,25 Prozent.

Wenn man sich für keine der 850 Alternativen entscheidet, also sich nicht den privaten Anbietern anvertrauen will, dann fließen 2,5 Prozent des Gehalts automatisch in den Staatsfonds AP7. Fast die Hälfte der Versicherten wählen die Option, ihr Geld vom Staat verwalten zu lassen. AP7 legt das Geld des Versicherten bis zu dessen 55. Geburtstag in einen Aktienfonds mit höherem Risiko an, um mehr Rendite zu erzielen. Dieser besteht aus Aktien von etwa 2500 Unternehmen.

Ab einem Alter von 55 Jahren wird das Kapital schrittweise in einen Rentenfonds mit geringerem Risiko umgeschichtet. Die Mischung aus beidem heißt AP7 Såfa und hat vergangenes Jahr eine Rendite von 6,3 Prozent erzielt - 2014 waren es noch knapp 30 Prozent. Mehr Risiko bedeute größere Schwankungen, so die Erklärung des Unternehmens. Die Gebühren für diese Lösung liegen derzeit bei 0,11 Prozent. Das sind nach 40 Jahren zwischen vier und fünf Prozent des gesamten Kapitals.

Im orangen Brief vom Amt wird dem Sparer zudem vorgerechnet, wie sich die steigende Lebenserwartung auf seine Rente auswirkt, denn diese senkt die monatlichen Rentenzahlungen. Das Amt rechnet für den Versicherten aus, wie viel länger er arbeiten müsste, um dieselbe Summe zu bekommen, die er mit 65 Jahren ohne steigende Lebenserwartung erhalten hätte. Für jemanden, der 1973 geboren wurde, kommt in der Beispielrechnung ein Rentenalter von 68 Jahre und sechs Monate heraus. Geringverdiener, deren Einkommen nicht für die Rente reicht, erhalten ab dem 65 Lebensjahr zudem eine Garantierrente vom Staat.

Am schwedischen System hat es immer wieder Kritik gegeben, unter anderem an der großen und wenig effizienten Auswahl von mehr als 800 Fonds für den kapitalgedeckten Anteil. Derzeit untersucht die schwedische Regierung, wie sie das System verbessern kann.

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