Folgen des Terrors:Gelassen im Angesicht der Anschläge

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Unternehmen erwarten keine Probleme durch die Sicherheitslage

Von Jan Willmroth

Nicht nur beim Sicherheitscheck am Flughafen zeugen Polizisten mit Maschinenpistolen davon, dass diesmal etwas anders ist. Nicht einmal eine Woche ist seit den Terroranschlägen von Paris vergangen, zwischenzeitlich wurde das Nationalspiel zwischen Deutschland und Holland in Hannover kurzfristig abgesagt, täglich werden neue Details bekannt - und so ist die Gefährdungslage in Europa und Deutschland auch am Donnerstag eines der beherrschenden Themen.

Bis auf eine Überprüfung ihrer Sicherheitsmaßnahmen sehen die anwesenden Unternehmensvertreter aber wenig Anlass, direkt auf die Gefahr durch Anschläge zu reagieren. Auch das eigene Geschäft sehen nur wenige direkt beeinträchtigt. Elmar Degenhart, Chef des Automobilzulieferers Continental, sieht Folgen für das Geschäft vor allem auf Privatkundenseite. "Es besteht Grund zur Besorgnis, dass die Ereignisse zu Verunsicherung bei den Konsumenten führen", sagte er. "Jetzt wollen wir aber an die Opfer denken. Wir haben in Paris eine französische Mitarbeiterin verloren." Man werde die Sicherheitsstandards noch einmal in Augenschein nehmen, um Mitarbeiter und deren Angehörige noch besser zu schützen.

Michael Hüther, 54, ist Ökonom und Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln. Er ist überzeugt, dass die Globalisierung einen Punkt erreicht hat, an dem die Aufwärtsbewegung ins Stocken gerät. (Foto: Johannes Simon)

Die meisten Konzerne dürften in ähnlicher Weise reagieren. Roland Berger, Gründer der gleichnamigen Unternehmensberatung, erwartet erhöhte Sicherheitsvorkehrungen sowohl bei Massenveranstaltungen, als auch in Unternehmen. "Wie immer kostet so etwas Geld - aber es bringt natürlich auch jenen Geld, die Sicherheitsleistungen bereitstellen", sagte er. Folglich seien die Auswirkungen auf die meisten Wirtschaftssektoren begrenzt. Einzig die Reiseindustrie könnte besonders sensibel auf die jüngsten Anschläge reagieren.

"Ich glaube nicht, dass sich die Deutschen so schnell beeindrucken lassen."

Die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen dürften mithin überschaubar bleiben, erwarten auch Ökonomen. So bitter es sei, sagte Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, terroristische Anschläge hätten nicht mehr das Schock-Moment wie nach dem 11. September 2001, als das World Trade Center zum Ziel eines Attentats wurde. Damals sei die Konstellation auch anders gewesen: Die New-Economy-Blase war gerade dabei zu platzen, der Ölpreis hoch, die Wirtschaft somit in einer viel schwierigeren Situation.

"Mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen", sagte Hüther, "ist es jetzt vielmehr entscheidend, eine Situation zu vermeiden, in der die vier europäischen Grundfreiheiten zunehmend eingeschränkt werden." Damit spielt er vor allem auf die auch infolge der Flüchtlingskrise verschärften Grenzkontrollen innerhalb Europas an, die den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr und die Arbeitnehmerfreizügigkeit einschränken. Hier müsse die Politik unbedingt besonnen reagieren. Hüther regte an, die Bedrohung durch Terrorismus sei auch ein Anlass, wieder mehr gemeinsam zu denken. "Für Europa ist es eine große Chance, durch eine intensivere gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wieder zu mehr Einheit zu finden."

Zahlreiche Teilnehmer äußersten sich ähnlich optimistisch. Roland Berger blieb unbeeindruckt angesichts verschärfter Grenzkontrollen. "Den Außenhandel mit unseren europäischen Nachbarn wird das nicht beeinträchtigen", sagt er. "Es sind feste Strukturen, die sich da gebildet haben, diese Wertschöpfungsketten können Sie nicht so einfach infrage stellen." Im Zweifel müsse ein Unternehmen einen LKW früher losschicken oder seinen Lagebestand teilweise erhöhen. "Ich glaube nicht, dass sich die Deutschen so schnell beeindrucken lassen", sagte er.

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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