Süddeutsche Zeitung

Folgen der Wirtschaftskrise:IG Metall fürchtet Job-Kahlschlag

Mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze werden nach Auffassung der IG Metall allein in ihren Branchen wegbrechen. Die Gewerkschaft kämpft für eine Ausdehnung der Kurzarbeit.

Die IG Metall rechnet mit verheerenden Folgen der Wirtschaftskrise und sieht allein in ihrer Branche weit mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze gefährdet. "Wir gehen von bis zu 700.000 bedrohten Arbeitsplätzen in unseren Branchen bis Ende 2012 aus", sagte IG-Metall-Chef Berthold Huber in Frankfurt.

Für die Gewerkschaft bleibe daher auch 2010 die Sicherung der Beschäftigung und der Erhalt von Betrieben oberste Priorität. Derzeit führt die Gewerkschaft auf Bezirksebene im Vorfeld der anstehenden Tarifrunde mit den Arbeitgeberverbänden Sondierungsgespräche über die Fortsetzung der Kurzarbeit. Die Gespräche könnten aber nicht unbegrenzt fortgeführt werden, sagte Huber.

Die IG Metall hatte vorgeschlagen, dass kriselnde Unternehmen die Arbeitszeit weiter kürzen können. Die Arbeitnehmer sollen aber für einen Teil der weggefallenen Stunden einen finanziellen Ausgleich erhalten. Bei dem so genannten kleinen Kurzarbeitergeld soll die wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 26 Stunden gesenkt werden. Bislang sind 29 Stunden möglich.

"Wir brauchen bald Klarheit"

Die Gewerkschaft verlangt für die Absenkung die vorherige Ausschöpfung der konjunkturellen Kurzarbeit und einen Teillohnausgleich, der zudem von Steuern und Sozialabgaben freigestellt werden sollte. Er rechne allerdings nicht mit einer Entscheidung seitens der Politik bis zum 9. Februar, sagte der Gewerkschaftschef. Zu diesem Zeitpunkt will der IG-Metall-Vorstand die Sondierungen in den unterschiedlichen Tarifregionen zusammenfassen und bewerten.

Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser hatte allerdings unlängst einen Teillohnausgleich für die Firmen als schwierig bezeichnet. Eine solche Maßnahme treibe die Kosten in die Höhe. "Wir brauchen bald Klarheit, ob die Arbeitgeber bereit sind, mit uns ein solches Paket zu vereinbaren", sagte Huber.

Die Gewerkschaft will ferner Regelungen für die Übernahme von Beschäftigten nach Abschluss ihrer Ausbildung und Regelungen für die Leiharbeit erreichen.

Nullrunde abgelehnt

Die Beschäftigungssicherung hat für die IG Metall wegen des erwarteten Aderlasses bei den Jobs auch einen hohen Stellenwert in den bevorstehenden Tarifverhandlungen. Die Gewerkschaft lehnt zwar weiterhin eine Nullrunde ab. Er rechne allerdings damit, dass auf Druck der Arbeitgeber die Bereiche Entgelt und Arbeitsplatzsicherung zusammen verhandelt werden müssten, erklärte Huber.

Der Entgelttarifvertrag für die größte deutsche Industriebranche läuft bis Ende April. Huber schloss erneut vorgezogene Tarifverhandlungen nicht aus.

Die größte deutsche Gewerkschaft hat die Wirtschaftskrise nach eigener Einschätzung bislang "relativ stabil" überstanden. Die Zahl der Mitglieder sank 2009 nach Angaben Hubers um 1,6 Prozent auf 2,26 Millionen. Mit gut 84.400 neuen Mitgliedern kamen rund 36.000 weniger Menschen als im Vorjahr neu in die Organisation. Die Zahl der Austritte sank hingegen leicht auf knapp 100.000.

Die Mitgliederentwicklung sei angesichts der massiven Auftragseinbrüche und dem Verlust von 195.000 Arbeitsplätzen im Jahr 2009 relativ stabil. Schatzmeister Bertin Eichler rechnet für 2010 mit sinkenden Einnahmen nach nahezu konstanten Beitragseinnahmen im Jahr 2009 von 441 Millionen Euro.

Die Gewerkschaft habe ihr Vermögen sichern können und eine mehr als fünfprozentige Verzinsung der Finanzanlagen erreicht. Die Streikkasse sei nach wie vor gut gefüllt, sagte Eichler.

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