Folgen der Epidemie:Firmen flüchten vor Ebola

Folgen der Epidemie: Bilder wie diese, von maskierten Helfern und versiegelten Leichensäcken, erschrecken die Menschen weltweit - und vertreiben Firmen und damit Wohlstand aus Afrika.

Bilder wie diese, von maskierten Helfern und versiegelten Leichensäcken, erschrecken die Menschen weltweit - und vertreiben Firmen und damit Wohlstand aus Afrika.

(Foto: AP)

Die Wirtschaft in den Ebola-Gebieten steht praktisch still. Langfristig könnte die Angst vor der Seuche ganz Afrika lähmen - und den Aufschwung der vergangenen Jahre zunichtemachen.

Von Silvia Liebrich

Ebola tötet derzeit jeden Tag Menschen und verursacht in den Ländern Westafrikas unvorstellbares Leid. Darüber hinaus könnte die Seuche langfristig aber den ganzen Kontinent treffen - indirekt, aber nicht weniger verheerend: Denn die Angst vor dem Virus könnte die Wirtschaft in ganz Afrika belasten, warnt Stefan Liebing, Vorstand des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Dabei seien nur drei von 54 afrikanischen Ländern von der Seuche betroffen.

Trotzdem haben sich ausländische Investoren aus der Region, die zu den ärmsten in Afrika zählt, bereits fast komplett zurückgezogen. Internationale Rohstoffkonzerne wie Vale und Rio Tinto haben ihre Eisenerzprojekte gestoppt, die Ölsuche vor der Küste ist eingestellt und chinesische Unternehmen, die zu den wichtigsten Investoren zählen, haben ihre Mitarbeiter nach Hause geschickt. Zudem sind die Häfen geschlossen und der Flugverkehr weitgehend unterbrochen.

In den betroffenen Ländern steht die Wirtschaft still

In den betroffenen Ländern Sierra Leone, Liberia und Guinea ist die Wirtschaft dadurch praktisch zum Erliegen gekommen: Märkte sind geschlossen, Unternehmen haben ihre Mitarbeiter nach Hause geschickt, Felder werden nicht mehr bestellt, der Handel ist zusammengebrochen. "Auch die deutschen Firmen vor Ort haben sich komplett zurückgezogen", sagt Liebing. Betroffen seien bis zu 15 Unternehmen, die an Infrastruktur-, Energie- und Wasserversorgungsprojekten beteiligt seien. Bislang halte sich der wirtschaftliche Schaden für sie jedoch in engen Grenzen. "Die Firmen haben signalisiert, dass sie dort weitermachen wollen, sobald die Krise überstanden ist", ergänzt er.

Dennoch befürchtet Liebing, dass überzogene Ängste in der Wirtschaft einen weitaus größeren Schaden anrichten könnten als die Krankheit selbst. Überreaktionen könnten afrikanische Nachbarländer wie die Elfenbeinküste, Senegal oder Nigeria nach einer Phase des Aufschwungs in eine neue Krise stürzen - und das obwohl die Länder derzeit nicht betroffen sind. "Es gibt sogar Leute, die nicht mehr nach Johannesburg fliegen, weil es Ebola in Monrovia gibt", sagt Liebing. Dabei lägen zwischen der Seuchenregion in Westafrika und der Stadt in Südafrika mehr als 5000 Kilometer. "Das ist, als ob man nicht nach Moskau fahren würde, weil gerade in Paris eine Epidemie grassiert."

Das Beispiel Nigeria macht Hoffnung

Insgesamt sind laut Liebing mehr als tausend deutsche Unternehmen auf dem Kontinent tätig, andere seien auf dem Sprung. "Die könnten nun aus Angst vor Ebola langsamer und vorsichtiger vorgehen", warnt er. Das sei aber nicht gerechtfertigt: Gerade das Beispiel Nigeria zeige, dass die Behörden durchaus in der Lage sind, die Krankheit schnell und effizient unter Kontrollen zu bringen. Nach einigen Fällen gilt das Land wieder als komplett Ebola-frei. "Das ist ein wichtiges Signal" - auch für die gut 70 deutschen Firmen, die in Nigeria investieren und viele Mitarbeiter beschäftigen.

Aufgabe der deutschen Wirtschaft sei es nun zu zeigen, dass man auf dem afrikanischen Kontinent nicht nur Geld verdienen wolle, sondern auch bereit sei, in Zeiten der Not zu helfen. Bei einem Spendenaufruf des Afrika-Vereins kamen laut Liebing innerhalb weniger Tage Sachspenden im Wert von etwa fünf Millionen Euro von Mitgliedsunternehmen aus dem Gesundheitsbereich zusammen. "Der Hauptengpass sind derzeit allerdings nicht die Hilfsgüter sondern die freiwilligen Helfer vor Ort", ergänzt er. Über Personalengpässe klagte zuletzt auch das Deutsch Rote Kreuz: Von knapp 500 freiwilligen Bewerbern waren demnach nicht einmal 200 für einen Einsatz vor Ort geeignet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: