Förderung für Solarstrom:Warum die Kürzung gestrichen wird

Eigentlich sollten im Juli die Subventionen für Solarstrom sinken - doch das fällt nun aus. So richtig freuen können sich die Solarzellen-Hersteller darüber aber nicht: Denn die Branche hat zuletzt relativ wenig verkauft. Gegner der Subventionen vermuten dahinter allerdings Tricks der Hersteller.

Claus Hulverscheidt und Karl-Heinz Büschemann

Es gibt gute Nachrichten, die sich bei näherem Hinsehen als wahre Hiobsbotschaften erweisen. Eine solche Nachricht erreichte Carsten Körnig, den Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft, an diesem Mittwoch. Die für Juli geplante Senkung der Solarstrom-Subventionen, so hieß es in Medienberichten, falle aus, die Installation neuer Photovoltaik-Anlagen werde vorerst weiter so gefördert wie bisher.

Klingt gut - ist es aber nicht, und das aus gleich zwei Gründen. Zum einen steht hinter der Ankündigung des Bundesumweltministeriums eine für die Solarindustrie unschöne Entwicklung, nämlich ein drastischer Rückgang der installierten Neuanlagen. Rechnet man die Zahlen der Monate März bis Mai auf das Gesamtjahr hoch, dann werden 2011 nur 2800 Megawatt an Solarleistung hinzukommen. 2010 waren es noch 7000 Megawatt gewesen - die Leistung von sieben mittleren Kernkraftwerken. Das war der Bundesregierung zu viel gewesen, weil mit jedem Watt Leistung auch die Subventionszahlungen steigen, die wiederum den Strompreis verteuern. Deshalb sollten die Hilfen zum 1. Juli um 3 bis 15 Prozent gekürzt werden, wenn sich im Frühling 2011 ein Gesamtjahresvolumen von 3500 Megawatt oder mehr abzeichnet. Das ist nun nicht der Fall.

Dennoch - und das ist die zweite schlechte Nachricht für Körnig - ruft die Ankündigung des Ministeriums erneut all diejenigen Kritiker auf den Plan, die die Photovoltaik-Hilfen noch viel drastischer kürzen oder sogar vollständig streichen möchten. Die CDU-Wirtschaftsexperten Michael Fuchs und Joachim Pfeiffer etwa wollen den Zubau von Solarstrom grundsätzlich auf 1000 Megawatt pro Jahr beschränken, um einen aus ihrer Sicht zu starken Anstieg der Preise zu verhindern. Sie halten die Bauzurückhaltung zwischen März bis Mai ohnehin für einen Trick, mit dem die Branche Subventionskürzungen verhindern wollte: "Die Flaute ausgerechnet in den Referenzmonaten kommt nicht zufällig", sagte Fuchs der Financial Times Deutschland. "Danach wird es wieder einen Ansturm geben." Fuchs und seine Mitstreiter hatten bereits vor Monaten vor einem "Sommerschlussverkauf" im Juni gewarnt.

Derzeit erhalten Hausbesitzer bei der Installation einer kleinen Dachanlage eine garantierte Einspeisevergütung von 28,74 Cent pro Kilowattstunde. An der Leipziger Strombörse kostet die konventionelle Kilowattstunde Strom dagegen gerade einmal etwa sechs Cent. Generell wird Ökostrom durch staatlich garantierte Abnahmepreise für 20 Jahre gefördert. Die Differenz zwischen dem Marktpreis für Strom und jenen staatlich garantierten Abnahmepreisen wird durch eine Umlage auf alle Verbraucher bezahlt. Derzeit sind es rund 3,5 Cent pro Kilowattstunde und damit gut 100 Euro im Jahr für den Durchschnittshaushalt. In die Solarförderung fließt etwa die Hälfte, obwohl ihr Anteil an den erneuerbaren Energien deutlich geringer ist.

Dass die Solarfirmen im Frühjahr tatsächlich getrickst haben, ist unwahrscheinlich. Zum einen besteht die Branche aus vielen kleinen und mittleren Firmen, Absprachen sind somit kaum möglich. Zum anderen wird im Januar erneut überprüft, wie viel Leistung 2011 tatsächlich neu installiert wurde. Liegt der Wert über 3500 Megawatt, sinken die Subventionen sofort um die vorgesehenen 3 bis 15 Prozent. Hinzu kommt die generelle alljährliche Reduzierung um 9 Prozent. Die Firmen hätten sich also nur für eine kurze Zeit einen Vorteil verschafft.

Dass die Hersteller von Solaranlagen im vergangenen Jahr einen regelrechten Boom erlebten, lag nach Angaben aus der Branche auch daran, dass die Kunden Käufe vorgezogen hatten. Sie fürchteten, dass die Förderung aus Steuermitteln langfristig sinken und sich die Anschaffung von Photovoltaik-Paneelen bald nicht mehr lohnen könnte. Jetzt beklagt Verbandsgeschäftsführer Körnig eine "starke Abkühlung" der Branchenkonjunktur. Hinzu kommt die Sorge, dass sich Fuchs und Kollegen innerhalb der schwarz-gelben Regierungskoalition doch noch mit ihren viel weiter gehenden Kürzungsplänen durchsetzen könnten. "Es gibt keinen weiteren Spielraum mehr für eine noch schnellere Absenkung der Solarstromförderung", warnt Körnig deshalb vorsichtshalber schon einmal. Anderenfalls würde die von der Regierung angestrebte Energiewende ausgebremst. Die derzeit laut Gesetz mögliche Förderkürzung von maximal 24 Prozent sei noch zu verkraften. Eine noch weitere Rückführung aber könne "der Branche das Genick brechen".

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