Fluglinien im Ölpreisschock:Bye, bye, billig

Die hohen Ölpreise treffen die gesamte Flugindustrie. Zuerst bringen sie jedoch die knapp kalkulierenden Billiglinien in Gefahr - sie könnten durch den Preisschock in ihrer Existenz bedroht werden.

Konrad Fischer

Durch die rasant steigenden Kerosinpreise habe sich "das Geschäftsmodell der Billigflieger weitgehend erledigt", prophezeite jüngst der Chef des Flugkonzerns Air France-KLM, Jean-Cyril Spinetta. Ist es wirklich schon soweit? Ja, glauben viele Analysten. "Die Industrie muss sich konsolidieren", sagte Ray Neidl, Luftfahrt-Analyst bei Calyon Securities, dem Handelsblatt.

Fluglinien im Ölpreisschock: Wie lange noch so günstig? Ryanair-Chef O'Leary glaubt nach wie vor, seine Airline könne ihr Preisniveau halten.

Wie lange noch so günstig? Ryanair-Chef O'Leary glaubt nach wie vor, seine Airline könne ihr Preisniveau halten.

(Foto: Foto: Reuters)

Der Grund dafür ist offensichtlich: Der steigende Ölpreis treibt auch die Kerosinpreise in bis dato ungekannte Höhen: Seit Jahresbeginn ist der Preis für Flugzeugbenzin um 88 Prozent gestiegen und spätestens in der kommenden Woche wird wohl auch diese Zahl schon wieder überholt sein. Der Ölpreis stieg zuletzt auf mehr als 135 Dollar pro Barrel. "Und die nächsten drei bis sechs Monate wird dieser Kostendruck erhalten bleiben", sagt der Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg. Laut einer Analyse der Schweizer Bank Credit Suisse kann jedoch bereits ab 120 Dollar keine Airline mehr profitabel fliegen - das gilt umso mehr für die knapp kalkulierenden Billigflieger.

Ryanair mit Gewinneinbruch

Wie unvorbereitet die Krise die Fluggesellschaften trifft, offenbaren aktuelle Äußerungen der Unternehmenschefs. Sowohl Michael O'Leary, Vorstandsvorsitzender von Ryanair, als auch Easyjet-Chef Andy Harisson rechnen mit einer Pleitewelle unter den Billigfliegern - behaupten dabei jedoch, dass sie selbst nicht zu den Verlierern gehören werden. Doch die Zahlen sagen etwas anderes. Ryanair musste nach dem ersten Quartal die Gewinnprognose nach unten korrigieren, der Marktwert des Konkurrenten Easyjet hat sich innerhalb des vergangenen Jahres nahezu halbiert.

Über kurz oder lang wird es unter den Billigfliegern wohl nur darum gehen, wer trotz Krise am längsten überleben kann, sagte Andy Sommer, Analyst von der HSH Nordbank, dem Tagesspiegel: "Der Druck auf die Margen steigt vor allem bei Billigfliegern, weil sie auf der Kostenseite sensibler sind."

Kein Gepäckaufschlag bei Air Berlin

Auch wenn sie noch dagegen ankämpfen - viele Billigflieger mussten bereits mit Preissteigerungen auf die explodierenden Einkaufskosten reagieren. So wurde bei Germanwings vor wenigen Tagen ein Gepäckzuschlag eingeführt. Für acht Kilo Gepäck zahlen die Kunden seitdem einen Aufschlag von fünf Euro. Die Nervosität ob der weiteren Entwicklung ist hier groß. Die Frage nach der weiteren Preisentwicklung quittiert eine Germanwings-Sprecherin mit der Aussage: "Wie soll ich über Ticketkosten sprechen, wenn keiner weiß, wie hoch der Ölpreis in der kommenden Woche sein wird?"

Bei Air Berlin hofft man, mit dem letzten Preisaufschlag vor einer Woche - zumindest vorerst - gut aufgestellt zu sein. Für Gepäck müssen die Kunden derzeit keinen Aufschlag bezahlen - und so soll es auch bleiben", sagte eine Sprecherin.

Die richtige Antwort auf den Kerosinpreis-Schock hat nur eine Fluglinie parat: Die US-amerikanische Southwest Airlines sicherte ihre Kerosinpreise so frühzeitig und langfristig ab, dass sie pro Barrel Treibstoff im Moment 51 Dollar zahlt - während die Konkurrenz bei Preisen von über 100 Dollar um ihre Existenz bangen muss.

Überlebenswichtige Versicherung

Dabei hat Southwest dasselbe Spiel gespielt wie alle anderen Airlines auch - nur eben ein wenig besser: Um gegen steigende Treibstoffkosten abgesichert zu sein, können die Fluggesellschaften frühzeitig zu den aktuellen Preisen große Kerosinmengen bestellen. Steigt der Ölpreis, bekommen sie ihr Kerosin zum dennoch zum vereinbarten Preisniveau.

Bei Air France liegt der garantierte Preis pro Barrel für dieses Jahr bei rund 100 Dollar, Lufthansa und Britsh Airways müssen ebenfalls dreistellige Dollarpreise pro Barrel berappen und damit gut doppelt so viel wie Southwest. Ein weiterer Vorteil der amerikanischen Airline: Nicht nur für das laufende Jahr, auch für 2009 sind gut 50 Prozent des eingekauften Treibstoffs zum Preis von 51 Dollar pro Barrel abgesichert.

Für Air Berlin könnten die kommenden Wochen hingegen hart werden: Für 2008 hat der Billigflieger nur 74 Prozent des Benzins gegen die aktuelle Preisrally abgesichert, beim Konkurrenten Lufthansa sind es über 90 Prozent. Aufgrund der hohen Kerosinpreise entschied sich Air Berlin jetzt, seine Flüge vom Flughafen Rostock-Laage komplett zu streichen. Analysten sehen den für kommende Woche angekündigten Quartalszahlen von Air Berlin mit großer Sorge entgegen. Ryanair-Chef O'Leary prophezeite vergangene Woche dann auch prompt: "In fünf Jahren wird Air Berlin nicht mehr dabei sein."

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