Seit Monaten rollen die leeren Waggons von der Nordseite des Frankfurter Flughafens in einer großen Schleife im Osten jenseits der beiden zentralen Start- und Landebahnen Richtung Süden und wieder zurück. Bislang sind es nur Testfahrten für die fahrerlosen Geräte, aber bald sollen sie bis zu 4000 Menschen pro Stunde in acht Minuten und mit bis zu 80 Kilometern pro Stunde an ihr Ziel befördern können.
Das Ziel ist das neue Terminal 3 am größten deutschen Flughafen, das nun am 22. April 2026 offiziell eröffnet werden soll. Das Projekt ist in mehrfacher Sicht bemerkenswert. Dass überhaupt hierzulande in Flughafen-Infrastruktur investiert wird, ist eine ausgesprochene Seltenheit, zumal der Luftverkehr immer noch hinter dem Aufkommen von 2019 hinterherfliegt. Wegen der Corona-Pandemie hatte Flughafenbetreiber Fraport die Inbetriebnahme zwar um einige Jahre verschoben. Ansonsten aber ist das Terminal 3, anders als praktisch alle anderen großen Infrastrukturprojekte in Deutschland, im Zeitplan und innerhalb des vorgegebenen Budgets geblieben. Man erinnert sich auch an den neuen Berliner Flughafen, der es geschafft hat, das Ansehen der deutschen Bauplaner nachhaltig zu zerstören – er war erst neun Jahre später als geplant fertig geworden.
Das neue Terminal schafft in seiner ersten Ausbaustufe Platz für rund 19 Millionen mehr Passagiere pro Jahr. 2024 waren es in Frankfurt insgesamt 61,6 Millionen, vor der Pandemie, im Jahr 2019 schon einmal 70 Millionen. Das neue Gelände ermöglicht dem Flughafen aber vor allem, in den nächsten Jahren auch die Nordseite mit dem alten und völlig verbauten Terminal 1 und dem mittlerweile auch in die Jahre gekommenen Terminal 2 zu sanieren. Daran haben vor allem der Hauptkunde Lufthansa und die mit ihm verbundenen Mitglieder der Star Alliance größtes Interesse.
Im Terminal 3 soll auch der Check-in automatisierter ablaufen
Terminal 3 besteht aus einem zentralen Gebäude für Abflüge und Ankünfte sowie den drei Piers G, H und J. Sollte es nötig sein, kann Fraport später auch noch einen Pier K bauen, der noch einmal Platz für bis zu sechs Millionen Gäste schaffen würde. Zwischen Mitte April und Anfang Juni 2026 werden die 57 Fluggesellschaften, die derzeit das Terminal 2 nutzen, ins neue Gebäude umziehen. Dabei handelt es sich mehr oder weniger um alle Airlines, die nicht mit Lufthansa kooperieren. Der zweitgrößte Fraport-Kunde Condor bleibt wie Lufthansa zunächst im Terminal 1, doch Condor hat zuletzt angedeutet, dass sie sich auch einen Umzug auf die Südseite vorstellen kann, zumal Lufthansa bekanntlich keine Zubringer zu bevorzugten Konditionen mehr für die Condor-Langstrecken anbieten will.
Im Abflugbereich stehen keine klassischen Tresen mehr, hinter denen Mitarbeiter die Gäste einchecken und die Koffer in Empfang nehmen. Die Hälfte der 112 Check-in-Stationen ist nun nur noch dazu geeignet, dass Passagiere ihre Koffer selbst einchecken, bei den anderen 56 kann immerhin noch ein Tisch mit einem Computer ausgeklappt werden, Check-in-Agenten können also noch helfend eingreifen. Der Pier G, der seit 2022 fertig ist, hat noch einmal 22 klassische Check-in-Stationen. Die Scanner in der Sicherheitskontrolle ermöglichen es den Gästen, ihre Flüssigkeiten und elektronischen Geräte in den Taschen zu lassen, was das Prozedere stark beschleunigt. Hinter der Sicherheitskontrolle laufen sie dann durch eine Art Einkaufszentrum mit Geschäften und Gastronomie, dahinter beginnen die drei Flugsteige, die eine Länge von 200 Metern (Pier G) bis 600 Metern (Pier J) haben. Der mittlere Flugsteig H ist für Schengen-Reisende vorgesehen.
Warum hat Fraport hinbekommen, woran andere gescheitert sind, nämlich im Zeitplan und Budget zu bleiben? Zehn Jahre Bauzeit und Corona-bedingt weniger Druck haben geholfen, aber das war es offenbar nicht allein. Fraport hat eigens für das Projekt eine Tochtergesellschaft gegründet, die Fraport Ausbau Süd GmbH (FAS), die auch Budgetverantwortung hat. Geleitet wird die FAS von Harald Rohr, einem Spezialisten im Flughafenbau. „Wir waren mit sehr viel Fernlicht unterwegs“, sagt Rohr. Sprich, viele auch kleinere Arbeiten wurden mit sehr langem Vorlauf geplant. Zum Beispiel: „Wir haben sehr früh sehr viel Material gekauft, etwa Stahl.“ Als es dann in den Jahren nach Corona an allen Ecken und Enden an Material fehlte, hatte Fraport sich schon eingedeckt.
Rohr hat auch eine rigorose Linie in der letzten Bauphase verfolgt: „Wir haben seit eineinhalb Jahren keine Änderungen mehr zugelassen, auch nicht für Details.“ Damit sollte sichergestellt sein, dass nichts mehr in letzter Sekunde durcheinandergerät und für Verzögerungen sorgt. Das hat bisher geklappt. Fraport hat nun auch alle behördlichen Abnahmen inklusive des Brandschutzes erhalten. Jetzt werden noch die Geräte für die Sicherheitskontrollen eingebaut, der Shopping- und Gastronomiebereich fertiggestellt, die Tests für die Bahn und die Gepäckförderanlage laufen weiter. Zwischen Ende Januar und Mitte April sollen 8000 Testpassagiere durchgeschleust werden.
Fraport hat auch Pläne für Terminal 1 und 2
Der Neubau im Süden ist aber nicht das Ende der Aus- und Umbaupläne von Fraport. Zunächst einmal will Fraport das 1994 eröffnete Terminal 2 schließen und anschließend von Grund auf sanieren. Terminal 2 soll nach dem Willen von Lufthansa mit dem Terminal 1 besser verbunden werden, sodass der größte Fraport-Kunde und seine Allianzpartner künftig viel mehr Fläche zur Verfügung haben. Damit Terminal 2 auch für Umsteiger – das primäre Geschäftsmodell der Airline – taugt, müsste es drastisch umgebaut werden, es bräuchte viel mehr Platz hinter den Sicherheitskontrollen. Heute ist Terminal 2 vor allem auf der Landseite, also vor den Kontrollen, sehr großzügig ausgelegt, dahinter aber wird es ziemlich eng.
Auch im Terminal 1 will Lufthansa so schnell wie möglich Investitionen sehen und auch mehr Platz. Die Sicherheitskontrollen sollen weiter in Richtung Straße verlegt werden, damit dahinter viel mehr Platz entsteht. Fraport will das Projekt allerdings erst einmal nicht verfolgen. Offizielle Begründung: Es würde den Betrieb zu sehr durcheinanderbringen. Es könnte aber auch an den Kosten für den Umbau liegen – schließlich müssen die vier Milliarden Euro für das Terminal 3 erst einmal wieder verdient werden.

