Flughafen Berlin:Der BER hat noch Luft

Baustand am Hauptstadtflughafen BER

Der neue Berliner Flughafen "ist und bleibt eine schwierige Baustelle", sagt Technikchef Jörg Marks.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)
  • Der Technikchef des Hauptstadtflughafen BER ist optimistisch, dass er 2017 fertig wird, sagt er.
  • Doch das Gebäude wird von Anfang an zu klein für die Zahl der Passagiere sein.

Von Jens Schneider, Berlin

Es herrscht Unruhe vor dem Check-In des ewig uneröffneten Flughafens. Eine Unruhe, die beruhigend wirkt. Wer den Hauptstadtflughafen vor einem Jahr besuchte, erlebte eine stille Baustelle. Hübsch sah alles aus, die Kunst am Bau, die Schalter aus edlem Holz, feine Leuchtanzeigen. Auch fertig erschien der Flughafen auf den ersten Blick. Es war eine Illusion, und dass wenig Bauarbeiter zu sehen waren, machte wenig Hoffnung, dass der BER je fertig werden könnte.

Jetzt steht im Check-In ein hohes Gerüst. Jörg Marks, der Technikchef der Baustelle, erklärt den Journalisten, was dort oben unter der Decke nachgearbeitet wird. Überhaupt sieht der Bau gar nicht mehr fertig aus, es ist Bewegung da, und Marks kann an einzelnen Stellen Fortschritte präsentieren. Seine Tour führt zum "Löwengang". Die Bauleute nennen ihn so, weil sich hier hinter den künftigen Sicherheitskontrollen alles verengt. Hier ist der Platz knapp geworden, weil immer mehr Räume dazu geplant und gebaut und deshalb mehr technische Leitungen gebraucht wurden. Marks bleibt vor einer Wand stehen, die wie ein Provisorium aussieht. Sie ist zum Teil schwarz angestrichen, oben wirkt sie offen. Hier seien viele zusätzliche Leitungen gelegt worden, "da muss man brandschutztechnisch völlig anders vorgehen", erklärt er.

Es muss also nachgebessert werden, wie an vielen anderen Wänden: "Wir haben uns jede Wand angeguckt." Die Geschichte dieser Wände löste vor wenigen Wochen Schlagzeilen aus, vorher war ein - inzwischen wieder aufgehobener - Baustopp für das Hauptterminal verhängt worden. Es klang, als ginge weiter alles schief. Tatsächlich handelte es sich, so betont Flughafen-Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld, um Altlasten aus der Bauzeit bis Juni 2012, also aus der Zeit vor der wegen unzähliger Mängel abgesagten Eröffnung. Die müssten abgearbeitet werden. Gemeinsam mit seinem Technikchef zeigte er jetzt Reportern, dass sie vorankämen, langsamer als erhofft, aber doch.

Wenn der Flughafen im Herbst 2017 eröffnet werden sollte, wird er zu klein sein

"Die Hälfte der Meilensteine auf dem Weg zur Eröffnung haben wir erreicht", sagt Mühlenfeld. Im Dezember war als Eröffnungszeitraum das zweite Halbjahr 2017 genannt worden, mitsamt einer Reihe von Meilensteinen für diesen Weg. Der Stand sei "eine gute Nachricht", die weniger gute: "Wir haben einen Rückstand von drei bis vier Monaten." Technikchef Marks erklärt: "Es ist und bleibt eine schwierige Baustelle." Er macht den Job seit gut einem Jahr. Oft kam ihm die Baustelle vor wie ein Adventskalender: Hinter jeder Tür lauerte eine Überraschung, allerdings keine, die Freude bereitete.

Die Flughafen-Führung beginnt einige Kilometer weiter, in einem Relikt, das es längst nicht mehr geben sollte. Der Geschäftsführer empfängt die Journalisten am SXF, dem alten Schönefelder Flughafen aus DDR-Zeiten. Er sollte, wie der Flughafen in Tegel, stillgelegt werden, sobald der neue BER eröffnet wird. Nun werden beide erst einmal modernisiert, und während die Schließung von Tegel weiter geplant ist, wird der alte Schönefelder Flughafen mittelfristig ausgebaut - auch für die Zeit nach der BER-Eröffnung. Denn immer mehr Menschen besuchen Berlin, die Zahl der Fluggäste übersteigt Jahr für Jahr die Prognosen.

Wenn der neue Hauptstadtflughafen im Herbst 2017 eröffnen sollte, wird er von Beginn an viel zu klein sein. 22 Millionen Passagiere soll der BER zum Start bewältigen können, 28 Millionen sind es jetzt schon jährlich, bis zum Jahr 2025 wird ein Anstieg auf mehr als 40 Millionen erwartet. Also soll der alte DDR-Flughafen zumindest bis 2023 in Betrieb bleiben, "und die Gäste sollen ein einigermaßen ansprechendes Ambiente haben", sagt Mühlenfeld, "ist ja alles etwas eng geworden hier." So wird die Haupthalle am Terminal B erweitert, ein zusätzliches Terminal F für weitere Billigflieger entsteht.

"Wir sind sehr, sehr sicher, dass dieses Gebäude am Ende abzunehmen ist."

Auch der BER soll ein zusätzliches Terminal bekommen. Dieser Bau wird aber unabhängig vom neuen Fluggastterminal am BER. Dort soll es keine neuen Eingriffe durch Erweiterungen geben. Bloß nicht, sagen die Planer. Denn die ständigen Erweiterungen in den Jahren bis 2012 hätten das heutige Fiasko ausgelöst. Ohnehin bleibt der Bau heikel. Zwar beginnen im sogenannten Mainpier Nord schon die ersten "technischen Inbetriebnahmen". Aber das Kernstück der Sanierung steht noch aus. Die Entrauchungsanlage im Hauptterminal, das größte Problem des Baus, soll zerteilt und neu geordnet werden.

Dafür braucht die Flughafengesellschaft neue Genehmigungen. Ein 5. und der 6. Nachtrag wurden im Juli eingereicht, reihenweise Ordner. Die Arbeiten für diese Nachträge seien erheblich umfangreicher gewesen als angenommen, räumt Mühlenfeld ein, das ist ein Grund für die jüngste Verzögerung. Es werde nun Nachforderungen der Prüfer geben, und erst wenn alle Genehmigungen vorliegen, werde die Flughafengesellschaft ihr "Baurestsoll" kennen. Sie schätzt und hofft, dass es im Frühjahr 2016 so weit ist. Erst dann könne sie Termine genauer fixieren.

"Wir sind sehr, sehr sicher, dass dieses Gebäude am Ende abzunehmen ist", sagt Technikchef Marks. Vermutlich kommt es erst mal darauf an wie alles läuft. Der Zeitplan erscheint arg eng bemessen. "Wir gehen weiter davon aus, dass wir es bis Ende 2017 schaffen können", verkündet Mühlenfeld, aber genau wissen kann er das noch nicht. In seinem Zeitplan war ein Sicherheitspuffer von sechs Monaten vorgesehen. Davon seien, sagt er, jetzt noch einige Wochen übrig, "da ist noch etwas Luft". Für weitere Verzögerungen hat er schon vorgebaut. "Wir sind bei einer Sanierung im Bestand", betont der Geschäftsführer des neuen Flughafens. Da könne es immer sein, dass Altlasten aus der Vergangenheit hochkommen.

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