Süddeutsche Zeitung

Luftverkehr:Einsatz ausländischer Hilfskräfte an Flughäfen soll leichter werden

Weil in der Pandemie Arbeiter abgewandert sind, sollen nun unter anderem Menschen aus der Türkei einfacher nach Deutschland kommen und aushelfen können - etwa bei der Gepäckabfertigung. Die Regierung mahnt jedoch die Flugbranche.

Von Juri Auel

Als Abhilfe für die akuten Personalengpässe an deutschen Flughäfen will die Bundesregierung den kurzfristigen Einsatz ausländischer Beschäftigter möglich machen - etwa bei der Gepäckabfertigung oder beim Check-in. "Wir ermöglichen, dass die Unternehmen Hilfskräfte aus dem Ausland, vor allem aus der Türkei, einsetzen können", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwoch. Für sie soll die Vergabe von Visa und die Erteilung einer Arbeitserlaubnis erleichtert werden. Sprachprüfungen soll es nicht geben, da sich die Menschen nicht dauerhaft in Deutschland aufhalten sollen.

Beschäftigte fehlen laut Faeser derzeit vor allem bei Bodendienstleistern und privaten Sicherheitsfirmen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte, der Personalmangel sei ein Problem, das es europaweit gebe, weil Fachkräfte in der Pandemie abgewandert seien. Man habe zusammen mit der Branche Lösungen erarbeitet, die jetzt von den Firmen umgesetzt werden müssten.

Innenministerin Faeser sagte, die Regierung stehe den Flugunternehmen zur Seite - und erinnerte daran, dass der Staat ihnen bereits zu Beginn der Corona-Pandemie unter die Arme gegriffen habe. 85 Prozent der Beschäftigten bei Sicherheitsdienstleistern seien auch dank des Staats noch bei den Firmen beschäftigt. Zudem stehe die Bundespolizei bereit, gegebenenfalls mit eigenem Personal bei Sicherheitskontrollen zu unterstützen.

Von den Flughäfen forderte die Innenministerin zudem, die Flugzeiten zu entzerren und so die Lage zu entspannen. "Bei der Sicherheit gibt es aus meiner Sicht keine Abstriche", sagte Faeser. Das sei den Menschen auch nicht zuzumuten.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte, ihm sei wichtig, dass es keine Leiharbeit und kein Lohndumping gebe, wenn die Unternehmen Menschen aus Ländern wie der Türkei anstellen wollen. "Das ist keine Dauerlösung", mahnte er. Es sei die Aufgabe der Unternehmen, attraktive Arbeitsbedingungen zu schaffen. Er warb für einen Tarifvertrag in der Branche, den man für allgemeinverbindlich erklären könne. Auch wenn die Bundesregierung den Firmen jetzt helfe, entlasse man sie nicht aus ihrer Verantwortung.

Zu spät fürs Feriengeschäft

Die Maßnahmen sollen insgesamt dazu beitragen, die zum Teil chaotische Situation an den Flughäfen zu entschärfen. Denn der Personalmangel bei Airlines und vor allem Bodendienstleistern zieht Warteschlangen, Verspätungen und Flugstreichungen nach sich. Europaweit werden Tausende Flüge gestrichen, um das überforderte System zu entlasten. Allein die Lufthansa nimmt für den Sommer gut 3000 Verbindungen an ihren Drehkreuzen Frankfurt und München aus dem Flugplan. Airline-Chef Carsten Spohr entschuldigte sich bei den Passagieren und räumte ein, dass man nach der Pandemie-Krise beim Sparen "an der ein oder anderen Stelle übertrieben" habe.

Eine sofortige Entspannung dürften die Pläne der Bundesregierung nun aber nicht bringen. Es wird damit gerechnet, dass viele Hilfskräfte wohl frühestens im August zum Einsatz kommen - und damit für das Feriengeschäft an vielen Flughäfen schon zu spät, wie Thomas Richter sagt, der Chef des Arbeitgeberverbands der Bodenabfertigungsdienstleister im Luftverkehr (ABL). "Es löst nicht das Problem, aber es hilft mit Sicherheit."

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