Süddeutsche Zeitung

Fluggesellschaft Alitalia:Nichts geht mehr

An den weltfremden Forderungen der Gewerkschaften ist die Rettung der maroden Fluggesellschaft Alitalia durch Air France KLM gescheitert. Alitalia steuert damit geradewegs Richung Bankrott.

Ulrike Sauer

Das Spiel ist aus. Nach drei Tagen in Rom flog Jean-Cyril Spinetta am Mittwochabend nach Paris zurück. Hinter dem Chef der Fluggesellschaft Air France-KLM lagen surreale Verhandlungen mit den italienischen Gewerkschaften. Spinetta wollte ihre Zustimmung zu einem Sanierungsplan, mit dem er die konkursreife Alitalia nach der Übernahme überlebensfähig machen wollte. Die Gewerkschaften aber pochten auf eine Art Rückverstaatlichung der fliegenden Geldvernichtungsmaschine. Da blieb Spinetta nur der Spätflug AZ 332 nach Charles de Gaulle. Rien ne va plus.

Weltfremde Forderungen

Zurück bleibt neun Tage vor den italienischen Parlamentswahlen ein Unternehmen auf dem Weg in die Pleite. Die finsteren Zukunftsaussichten einer Alitalia ohne Käufer hielten die Gewerkschaften nicht davon ab, die Zeiger zurückstellen zu wollen. Zur Überraschung von Spinetta veranlasste der Ernst der Lage sie nicht, ihre weltfremden Forderungen aufzugeben und sich der Notwendigkeit von Einschnitten zu fügen.

Das liegt auch an der Konkurrenz von neun Einzelgewerkschaften, die sich bei der römischen Fluggesellschaft gegenseitig hochschaukeln. So ist der Absturz von Alitalia auch ein kleines Lehrstück über die Gefahren eines überzogenen Gewerkschaftspluralismus. Ihr Gegenangebot im Verhandlungspoker lief darauf hinaus, die Sanierung der Airline weiter auf die lange Bank zu schieben. Möglich sollte das durch neue Geldspritzen vom Staat werden - und das nach 15 Milliarden Euro, die in anderthalb Jahrzehnten bei Alitalia versickert sind. Zum Glück blieb dem Franzosen da nichts anderes übrig, als seine Übernahmegespräche für gescheitert zu erklären. Merci, Monsieur Spinetta.

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SZ vom 4.4.2008/jkf/mel
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