Flixbus und Postbus:Was künftig auf Fernbus-Reisende zukommt

MeinFernbus und FlixBus fusionieren

Zwei Reisebusse des Unternehmens 'FlixBus MeinFernbus'

(Foto: dpa)

Flixbus kauft Postbus, der Fernbus-Marktführer verleibt sich die Nummer Zwei ein - trotzdem hält sich das Kartellamt zurück. Die Preise dürften damit künftig steigen.

Fragen und Antworten von Benedikt Müller

Als die Bundesregierung Anfang 2013 den Fernbus-Verkehr in Deutschland liberalisierte, begannen goldene Zeiten für Spontanreisende. Junge Unternehmen wie Meinfernbus, Flixbus, Postbus, City2City lieferten sich erbitterte Preiskämpfe, jeder für sich versuchte, die Reisenden mit Schnäppchenpreisen in ihre Busse zu locken. Plötzlich konnte man sich für weniger als zehn Euro durch die halbe Bundesrepublik tuckern lassen, selbst wenn man noch so kurzfristig buchte.

Mit der Vielfalt auf dem Fernbusmarkt ist es jedoch längst vorbei. Der Anbieter Flixbus beherrschte bereits Anfang des Jahres mit 71 Prozent Anteilen den Markt. Am Mittwochmorgen hat das einstige Start-up jetzt auch noch angekündigt, den Konkurrenten Postbus aufzukaufen. Zum Kaufpreis schweigen beide Unternehmen. Bereits in den Monaten zuvor hatte Flixbus die Mitbewerber Meinfernbus und Megabus übernommen. Vom harten Wettbewerb der bunten Busse scheint nicht mehr viel übrig zu bleiben.

Wie viel Wettbewerb gibt es überhaupt noch auf dem Fernbusmarkt?

Zusammen mit dem Fernbus-Geschäft der Deutschen Post steigt der Marktanteil von Flixbus in Deutschland auf mehr als 80 Prozent. Größter verbliebener Konkurrent ist ausgerechnet die Deutsche Bahn. Mit ihren beiden Fernbus-Marken Berlinlinienbus und IC Bus kommt sie auf 14 Prozent Marktanteil, wie das Berliner Forschungsinstitut Iges berechnet hat. Die restlichen sechs Prozent des deutschen Fernbus-Marktes teilen sich kleinere Unternehmen wie Deinbus.de oder Deutsche Touring auf.

Werden Fernbus-Fahrten jetzt also teurer?

Das ist gut möglich. Je weniger Anbieter übrig bleiben, desto schwächer ist für gewöhnlich der Preiskampf auf einem Markt. Marion Jungbluth von der Verbraucherzentrale Bundesverband befürchtet, dass es zu einer Art Rosinenpickerei kommen könnte, da sich die Bus-Konzerne künftig auf lukrativen Strecken konzentrieren können. Zumindest jene Anbieter, die einst mit Tiefstpreisen wie drei Euro pro Fahrt den Markt aufmischen wollten, sind mittlerweile weitgehend verdrängt.

Trotzdem sagen Experten keine Preis-Explosion bei Fernbus-Fahrten voraus. "Es sind nun nicht sofort steigende Preise zu erwarten", sagt Christoph Gipp, Geschäftsführer des Forschungsinstituts Iges. Der Fernbus werde immer günstiger bleiben müssen als die Bahn oder das Flugzeug, weil er deutlich langsamer unterwegs sei. In den nächsten Monaten werde sich zeigen, wo sich das Preisniveau einpendelt.

"Es gibt nun das Potenzial für höhere Preise im Durchschnitt, was vielleicht auch ein ganz gesundes Signal ist", sagt Gipp. Die meisten Fernbus-Fahrten sind momentan noch immer so günstig, dass die Anbieter damit kaum Gewinne machen. Laut dem Iges-Institut bezahlt ein Fernbus-Fahrgast im Schnitt nur knapp zehn Cent pro Kilometer Fahrt. Dieser Wert ist bislang nicht gestiegen, obwohl deutlich weniger Anbieter im Markt sind.

Wäre die Fernbus-Fusion nicht ein Fall für das Kartellamt?

Obwohl Flixbus seinen Marktanteil stetig weiter ausbaut, wird das Bundeskartellamt die Übernahme nicht prüfen. Der Zusammenschluss sei nicht anmeldepflichtig, sagt die Behörde. Dafür ist der Umsatz der Fernbus-Anbieter schlicht zu gering. Die Wettbewerbshüter prüfen Übernahmen erst, wenn beide betroffenen Unternehmen zusammen mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr umsetzen. Soweit sind Flixbus und Postbus offenbar noch nicht. Beide Unternehmen hatten das Kartellamt zuvor über ihre geplante Fusion informiert. Verbraucherschützerin Jungbluth kritisiert die Zurückhaltung der Behörde: "Dass das Kartellamt die Übernahme nicht prüft, ist aus Verbrauchersicht nicht nachvollziehbar."

Fernbus-Experte Gipp hingegen findet die Konkurrenz zwischen den einzelnen Fernbus-Anbietern nicht entscheidend für den Fernverkehr in Deutschland. "Im Vordergrund steht der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Verkehrsmitteln: PKW, Bahn, Fernbus und Flugzeug", sagt der Forscher. "Es ist nicht zu erwarten, dass nun die Wettbewerbsintensität im gesamten Fernverkehr sinkt."

Wann werden die Postbusse von den Straßen verschwinden?

Bis zum 31. Oktober soll sich bei den Postbus-Linien nichts ändern. Bis dahin können Reisende weiter wie gewohnt buchen, teilen die Unternehmen mit. Ab Anfang November will Flixbus die Postbus-Linien nach und nach in das eigene Netz integrieren, Fahrpläne aufeinander abstimmen und doppelte Kapazitäten streichen. Den Markennamen Postbus hat sich Flixbus nicht gesichert. Die gelben Busse werden also irgendwann aus dem Straßenbild verschwunden sein.

Was hat die Liberalisierung des Fernbus-Marktes bislang gebracht?

Im vergangenen Jahr waren 20 Millionen Fahrgäste mit Fernbussen in Deutschland unterwegs. Im Jahr 2012, also vor der Liberalisierung, waren es lediglich drei Millionen Reisende. Dieses starke Wachstum geht zwar zulasten des Umsatzes der Deutschen Bahn, da diese sich gezwungen sieht, deutlich mehr Sparpreise anzubieten als zuvor; es sind insgesamt aber mehr Reisende im Fernverkehr unterwegs als vor der Reform. Die Bahn hält ihre Fahrgastzahl seit Jahren konstant bei etwa 131 Millionen Fahrgästen pro Jahr. Vor allem Schüler, Studierende oder ältere Menschen bevorzugen jedoch häufig die günstigen, aber langsameren Fernbusse.

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