Süddeutsche Zeitung

Flug-Steuer:So gelingt die Verkehrswende nicht

Innerdeutsche Flüge durch Bahnfahrten zu ersetzen, ist ein wichtiges Ziel. Doch Aktionismus wie der Vorschlag von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zu Strafsteuern für Billigflieger hilft nicht.

Kommentar von Jens Flottau, Frankfurt

Sind innerdeutsche Flüge überhaupt noch vertretbar und welcher Preis wäre akzeptabel? Stefan Schulte, der Chef der Flughafenbetreiber-Gesellschaft Fraport, sagt, es gebe Routen, "die muss man nicht fliegen". Aber die Kooperation mit der Bahn müsse besser sein, um Umsteigen zwischen den Verkehrsträgern attraktiver zu machen. Und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, einst ein bei der deutschen Luftverkehrsindustrie unbeliebter Verkehrsminister, will nun gar eine Strafsteuer für diejenigen, die Tickets zu billig verkaufen.

Dobrindts Vorschläge sind besonders fragwürdig. Seit wann entscheiden Politiker, welcher Preis vertretbar ist und welcher nicht? Dobrindt will auf alles, was günstiger als 50 Euro ist, seine Abgabe aufschlagen. Ein kleiner Fakten-Check hätte geholfen. Nur einmal als Beispiel: Ryanair hat im Juni-Quartal im Durchschnitt 36 Euro pro Sitz verlangt und damit insgesamt einen Gewinn von 243 Millionen Euro erwirtschaftet. Easyjet lag nicht weit über den 50 Euro. Sollen die nun für ihre Effizienz bestraft werden?

Lufthansa hätte nichts dagegen, sie wäre lästige Konkurrenz los - kein Wunder, dass der deutsche Lobbyverband BDL allen Ernstes einen "adäquaten Weg" begrüßen würde, "unwirtschaftliche Billigpreise" zu verhindern. Unwirtschaftlich sind diese vor allem für Lufthansa. Dobrindts Vorstoß war am Ende offenbar selbst der CSU peinlich: "Dies ist kein abgestimmter Vorschlag der CSU", so Generalsekretär Markus Blume.

Bahn und Airlines müssen sich einigen, wie sie Reisen bequem machen können

Auch bei der Debatte um innerdeutsche Flüge wäre es gut, wenn die Beteiligten die Fakten berücksichtigten und sich nicht nur auf das, was gerade anzukommen scheint, stützten. Es gibt Strecken, die fliegt etwa Lufthansa nur wegen der Umsteiger auf die Langstrecken, wie Stuttgart-Frankfurt oder Nürnberg-München. So lange die Bahn-Anbindung des Münchner Flughafens so schlecht ist, wird sich dort daran nichts ändern, also für sehr lange Zeit. So lange sich Bahn und Fluggesellschaften nicht einigen, wie sie den Passagieren die Reise bequem machen können, wird sich auch wenig tun. Und es gibt auch innerdeutsche Strecken wie München-Hamburg, auf denen die Bahn zu langsam ist, als dass sie dem Flugzeug Konkurrenz machen wird. Da, wo sie trotz nicht durchgecheckter Koffer überlegen ist wie auf der Strecke Frankfurt-Köln, fliegt schon heute niemand mehr.

Der Trend geht trotz allem in die richtige Richtung. Denn insgesamt ist die Zahl der innerdeutschen Flüge in den vergangenen 15 Jahren um 22 Prozent zurückgegangen. Sie tragen noch 0,3 Prozent zu den hierzulande verursachten Kohlendioxid-Emissionen bei.

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