Flexirente:"Zeitverschwendung"

CDU-Bundesparteitag

Carsten Linnemann sieht die Digitalisierung als zentrale Frage.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die Arbeitsgruppe Flexirente kann sich nicht einigen, zu weit liegen CDU und SPD auseinander. Die Union sagt Nein zu einer Teilrente ab 60.

Von Thomas Öchsner, Berlin

Übers Rentenalter hinaus zu arbeiten - dies kann sich inzwischen mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen, die 55 Jahre und älter sind, vorstellen. Das besagt eine Umfrage des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung. Dabei muss es nicht in erster Linie ums Geld gehen. Die Mehrheit gibt bei Befragungen an, dass sie "Spaß an der Arbeit" hat, sich eine Aufgabe wünscht oder "Kontakt zu Menschen" sucht. Bei etwa 40 Prozent der berufstätigen Rentner spielen auch "finanzielle Gründe" eine Rolle, ergab eine von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderte Analyse. Eine Arbeitsgruppe der Koalition sollte nun Vorschläge für einen flexibleren Übergang in die Rente vorlegen. Doch daraus wird wohl nichts. "So wie es im Moment aussieht, droht diese Arbeitsgruppe zu scheitern", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, der Süddeutschen Zeitung.

Eigentlich sollte die Arbeitsgruppe schon Ende 2014 ihr Konzept präsentieren. Nach mehreren Treffen von Fachpolitikern der Union und der SPD läuft es aber allenfalls auf eine Minimallösung hinaus, wenn wie geplant lediglich die Hinzuverdienst-Grenzen bei einem vorzeitigen Eintritt in die Rente erhöht werden. Bisher können Frührentner bis zu 450 Euro monatlich kassieren, ohne dass dies ihre Altersrente schmälert. Im Gespräch war diese Grenze für Frührentner, die mit Abschlägen von ihrem Altersgeld in den Ruhestand gehen, auf 850 Euro fast zu verdoppeln. Andere frühere Pläne besagen: Rentner dürfen künftig so viel verdienen, dass ihr Altersgeld und ihr Hinzuverdienst das letzte Bruttogehalt erreichen darf, ohne dass dies die Rente verringert. "Diese Minimallösung hätten wir auch ohne Arbeitsgruppe hinbekommen", kritisiert Linnemann. "Wenn dies das ganze Ergebnis ist, war die ganze Veranstaltung im Prinzip Zeitverschwendung."

Die Union sagt Nein zu einer Teilrente ab 60 Jahren

Die Gründung der Arbeitsgruppe war ein Zugeständnis an den Wirtschaftsflügel der Union, der von der Rente mit 63 wenig begeistert war. Linnemann hätte sich gewünscht, mit der Gruppe "einen Mentalitätswechsel einzuleiten und den Menschen, die länger arbeiten wollen, dafür einen attraktiven Rahmen zu bieten". Um so enttäuschter ist er jetzt, dass es offenbar nicht einmal eine große Koalition mit einer so großen Mehrheit schafft, "hier die großen Linien in Zeiten des demografischen Wandels und des zunehmenden Fachkräftemangels zu ziehen". Daran hat auch ein Gespräch der Fraktionschefs Volker Kauder (CDU) und Thomas Oppermann (SPD) bislang nichts geändert, die von den Fachpolitikern eingeschaltet wurden.

Zu groß sind die Meinungsunterschiede: Die SPD will die Altersgrenze für diejenigen senken, die vorzeitig in Rente gehen und sich etwas hinzuverdienen wollen. "Wir hätten gerne eine Teilrente ab 60 Jahren", sagt SPD-Vizefraktionschefin Carola Reimann. Dies lehnt die Union ab. CDU/CSU wollen wiederum Arbeitgebern den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte erlassen, die über das Rentenalter hinaus arbeiten. "Das ist doch Unsinn, solche Sonderbeiträge für Menschen zu erheben, die gar nicht mehr arbeitslos werden können", sagt Linnemann. Hier sagt die SPD nein, weil sie solche ältere Arbeitnehmer nicht durch ein Sonderarbeitsrecht für Arbeitgeber billiger machen will.

Die Grünen machen mittlerweile Druck wegen des Stillstands bei der Flexirente. Sie haben einen eigenen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem sie "individuelle Übergangslösungen in den Ruhestand" fordern. An diesem Freitag wird darüber debattiert. SPD und Union dürfen dann erklären, warum sie sich gerade gegenseitig blockieren.

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