Fleischkonsum:Schinken, Schulter, Schnitzel

Die Deutschen essen weiter Fleisch, der Umsatz der Verarbeiter steigt. Doch die Ansprüche sind gestiegen.

Von Tobias Bug

Wenn ein Schwein geschlachtet wird, zerlegt der Fleischer es in 200 einzelne Stücke: Schinken, Schulter oder Schnitzel essen die Deutschen besonders gern und oft: 60 Kilogramm Fleisch verzehrt jeder im Jahr, der Konsum ist seit 3o Jahren stabil - trotz bewusster Ernährung und Vegetarismus. Füßchen, Öhrchen und Schnäuzchen vom Schwein sind hierzulande Abfall. In China sind das Delikatessen, was auch Clemens Tönnies nicht entgangen ist. Der Miteigentümer der Tönnies-Gruppe, dem mit Abstand größten deutschen Schlachthaus, exportiert nach China. Das lohnt sich, obwohl dort jeder Verbraucher im Durchschnitt nur knapp 20 Kilogramm Fleisch im Jahr verspeist. "In Deutschland wird kein Tier gezielt für den Export geschlachtet", heißt es derweil beim Verband der deutschen Fleischindustrie. Der wichtigste Markt für die Fleischproduzenten sei der heimische. Acht von zehn Schweinen exportieren sie in andere EU-Länder. Rindfleisch bleibt zu 90 Prozent in der EU.

Knapp ein Viertel des deutschen Fleisches kommt aus dem Schlachthaus Tönnies, dessen Umsatz 2017 doppelt so hoch war wie der des Zweitplatzierten Vion Food aus den Niederlanden mit 3,1 Milliarden Euro. Es folgen Westfleisch und die PHW-Gruppe, der größte deutsche Geflügelverarbeiter, der unter der Marke Wiesenhof vertreibt. Kleinere Betriebe haben kaum eine Chance, den Großen in Verarbeitung und Vertrieb Konkurrenz zu machen. Den Metzger von nebenan gibt es immer seltener. Allein Tönnies schlachtet jährlich knapp 20,6 Millionen Schweine und 432 000 Rinder. 12 000 Landwirte mästen die Tiere, ein Viehhändler bringt sie ins Schlachthaus, danach wird das Fleisch weiterverarbeitet oder landet in der Großküche. Ein Schwein wird zur Hälfte zu Fleisch verarbeitet, ein Rind zu einem Drittel, der Rest zu Zigarettenfiltern und Hautcreme.

Die Menschen ernähren sich heute bewusster als früher. Deshalb sei auch die "Fleischbranche im Wandel", wird Clemens Tönnies in einer Pressemitteilung zitiert. Produzenten müssen steigenden Ansprüchen gerecht werden: an die Qualität des Fleisches, die Sicherheit, den Umweltschutz und den Umgang mit Tieren.

Das Ernährungsministerium plant schon lange ein Tierwohllabel, viele Supermarktketten kennzeichnen bereits, wie die Tiere gehalten, transportiert und geschlachtet wurden. Die steigenden Ansprüche setzen auch die Bauern unter Druck. Sie müssen kreativ sein, während sie dem Preisdruck der Schlachthäuser ausgesetzt sind. Konkurrenz kommt aus Spanien, wo Fleischwirte gefördert werden.

Die Vereinten Nationen schätzen angesichts der wachsenden Weltbevölkerung, dass in 30 Jahren fast 50 Prozent mehr Fleisch produziert werden wird: 470 Millionen Tonnen.

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