Fleischersatz:So verdienen Fleischkonzerne mit Vegetariern Geld

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Die Fleischindustrie entwickelt Soja-Würste, die dem Original optisch sehr nah kommen.

(Foto: Westend61/Imago)

Bio -Veggie-Würstchen oder vegetarische Frikadellen: Die Fleischindustrie verkauft inzwischen auch Pflanzliches. Mit unterschiedlichem Erfolg.

Von Georg Berger

Manchmal lohnt es sich, der Erste zu sein: Mit dem vegetarischen Schinken-Spicker brachte Rügenwalder Mühle 2014 vor allen anderen großen deutschen Wurstherstellern ein vegetarisches Fleischersatzprodukt auf den Markt. Heute stellt das Unternehmen 21 vegetarische Produkte her. Sie machen derzeit etwa 20 Prozent des Umsatzes aus, bis 2020 sollen es 40 Prozent sein. Die Nachfrage nach diesen Produkten steigt enorm. Das gilt nicht nur für Ersatz-Wurst, sondern auch für Käseprodukte.

Auch die Konkurrenz hat dies erkannt: Meica, Gutfried und Herta bieten mittlerweile ebenfalls vegetarische Produkte an. Und auch die Discounter Aldi und Lidl verkaufen Bio -Veggie-Würstchen und vegetarische Mini-Frikadellen. Sie alle wollen am Trend mitverdienen: Dem Marktforschungsinstitut GfK zufolge betrugen die Umsätze mit Fleischersatzprodukten und pflanzlichen Brotaufstrichen 2015 etwa 310 Millionen Euro und damit fast ein Drittel mehr als im Vorjahr.

Doch obwohl der Markt insgesamt deutlich größer wird, ist der Anteil der Firmen am Wachstum ziemlich ungleich verteilt. "Am stärksten wachsen der Marktführer Rügenwalder Mühle im oberen Preissegment", sagt Wolfgang Adlwarth, Lebensmittelexperte der GfK. Bei den günstigeren Produkten seien es vor allem die Handelsmarken von Aldi, Lidl oder Rewe. "Dazwischen tummeln sich viele Unternehmen, die erst einmal beweisen müssen, dass sie besser oder günstiger als der Marktführer sind."

Im Preiskampf bekommen die Unternehmen aber Druck von den Handelsmarken, also den Eigenmarken von Unternehmen wie Aldi und Lidl. Die haben ihren Marktanteil bei Fleischersatzprodukten in den vergangen zwei Jahren auf zuletzt 27 Prozent gesteigert und besetzen der GfK zufolge zunehmend auch das mittlere Preissegment. Dort konkurrieren besonders viele Unternehmen miteinander und das Wachstum ist am geringsten, sagt Adlwarth. Hinzu kommt, dass der Markt trotz großer Wachstumsraten insgesamt relativ klein ist: Den 310 Millionen Euro Umsatz aus dem vergangen Jahr, stehen etwa 18 Milliarden Euro gegenüber, die die Fleischwarenindustrie umsetzt.

Die Firma Tönnies, Deutschlands größter Schweineschlachter, hat sich gegen vegetarische Fleischersatzprodukte entschieden. Zwar gab es zum Beispiel von Tillman's Toasty, ein tiefgekühltes Stück Fleisch in Form eines Toasts, auch mal eine vegetarische Variante, die einem Sprecher zufolge "in Ordnung" lief. Aber sie brachte nicht das Wachstum, das sich das Unternehmen erhofft hatte. Außerdem sei es eine extreme Veränderung, die Produktionsprozesse für vegetarische Ersatzprodukte umzustellen. Der Hauptgrund, warum man nicht umgestiegen ist, sei aber, dass man nach wie vor an das Kernprodukt Fleisch glaube.

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